Einleitung: Patienten mit langfristiger parenteraler Ernährung erhalten ein Vitaminpräparat mit einer festen Kombination aller Vitamine mit Ausnahme von Vitamin K entsprechend den ESPEN-Leitlinien. Der derzeitige Referenzbereich für den Vitamin-D-Spiegel im Serum ist kontrovers. Zudem sind die extraskeletalen Wirkungen des Vitamin D noch nicht vollständig geklärt. Unter den täglichen Infusionen mit 220 IE Cholecalciferol zeigen die Patienten mehrheitlich einen Vitamin-D-Spiegel, der unter dem Referenzbereich liegt. Ob die Patienten unter einem Vitamin-D-Mangel leiden und welche Einflussfaktoren für den Vitamin-D-Spiegel bestehen, soll mit Hilfe der Auswertung ihrer Laborparameter geklärt werden. Methodik: Seit 1994 werden in der Klinik für Allgemein-, Visceral-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der Charité- Universitätsmedizin Berlin 821 Patienten langfristig heimparenteral ernährt. Um die Infusionen an die Bedürfnisse der Patienten anzupassen, erfolgen im Abstand von acht Wochen Blutentnahmen. Für die statistische Auswertung werden die Laborparameter der Patienten zu Beginn der parenteralen Ernährung und die Laborparameter nach 63,3 ± 105,6 Wochen herangezogen. Ergebnisse: Zu Beginn der parenteralen Ernährung liegen 78,2% der gemessenen Cholecalciferol- Serumkonzentrationen unter dem aktuell geltenden Referenzbereich von 50 nmol/l. Unter der Zufuhr von Cholecalciferol in den Infusionslösungen kommt es bei den Patienten zu einem signifikanten Anstieg der medianen Serumkonzentration von zunächst 29,3 nmol/l auf 35,5 nmol/l. Verminderte Calcium- und Magnesium-Spiegel sowie ein sekundärer Hyperparathyreoidismus sind bei einigen Patienten zu Beginn der parenteralen Ernährung zu beobachten und können Symptome eines Vitamin-D-Mangels darstellen. Allerdings überwiegt die Zahl der Patienten mit einer Cholecalciferol-Serumkonzentration <50 nmol/l und gleichzeitig normwertigem Calcium, Magnesium und Parathormon. Es treten keine signifikanten Unterschiede im Vitamin-D-Spiegel zwischen den Geschlechtern auf. Die Dauer der parenteralen Ernährung, das Alter als auch der Body-Mass-Index der Patienten sind als Einflussfaktoren für die Vitamin-D-Serumkonzentration eher unwahrscheinlich. Die Jahreszeit als Einflussfaktor für die Vitamin-D-Serumkonzentration lässt sich bei dem Patientenkollektiv nachweisen. Die vermehrten Sonnenstunden in den Sommermonaten bewirken einen kontinuierlichen Anstieg des Vitamin-D-Spiegels. Schlussfolgerung: Die Auswertung liefert keine eindeutigen Beweise für Symptome eines Vitamin-D-Mangels bei den Patienten. Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der Mehrheit der Patienten lediglich um einen theoretischen Vitamin-D-Mangel handelt, da der Referenzbereich unter der Berücksichtigung des jetzigen Forschungsstandes zum Vitamin D zu hoch angesetzt erscheint. Unterstützt wird diese Annahme auch dadurch, dass weltweit bei Gesunden die mediane Vitamin-D-Serumkonzentration unterhalb des gewünschten Referenzbereiches liegt. Weiterhin wird die Calciumhomöostase bei 25(OH)Vitamin-D3-Serumkonzentrationen <50 nmol/l erreicht. Solange die extraskeletalen Wirkungen des Vitamin D nicht evidenzbasiert sind, sollte nicht krampfhaft versucht werden, den Vitamin-D-Spiegel auf Werte >50 nmol/l zu steigern.
Rationale: Patients on long-term home parenteral nutrition (HPN) receive a vitamin preparation with a fixed combination of all vitamins without vitamin K according to ESPEN guidelines. The current reference range of vitamin D level is controversial and its extraskeletal functions are partly unclear. Every day patients achieve 220 IE cholecalciferol intravenously. The majority of the patients show cholecalciferol serum concentrations below the current reference range. The analysis of the laboratory findings is expected to clarify the influencing factors on vitamin D level and to reveal if patients suffer from vitamin D deficiency. Methods: Since 1994 the Surgical Department of Charité University Hospital Berlin treats 821 patients on long-term HPN. In order to adapt HPN to the requirements of the patients, laboratory examinations were done every two months. The analysis provides the first laboratory data at the beginning of the HPN and the last data after 63.3 ± 105.6 weeks. Results: At the beginning 78.2% of the cholecalciferol serum concentrations are below 50 nmol/l. Due to the daily infusions the cholecalciferol level increases significantly from 29.3 nmol/l to 35.5 nmol/l. Decreased calcium and magnesium level as well as a secondary hyperparathyroidism can be observed in quite a few patients. These can be symptoms of vitamin D deficiency. But there are more patients with cholecalciferol <50 nmol/l and coexistent ordinary calcium, magnesium and parathormone level. There are no differences between men and women regarding the cholecalciferol. The length of HPN, the age and the BMI of the patients have probably no bearing on the vitamin D level. But the analysis depicts seasonal variations in cholecalciferol level. The increased sunlight exposure in summer months leads to higher serumconcentration. Conclusion: There are no clear proofs of a vitamin D deficiency. It must be assumed that the majority of the patients has a vitamin D deficiency in theory because the reference range seems to be set too high regarding the current stand of research. In addition healthy people worldwide have a median cholecalciferol concentration below the reference range. Furthermore patients acquire calcium homeostasis although their cholecalciferol level is <50 nmol/l. As long as the extraskeletal functions of vitamin D are not evidence-based, vitamin D level should not frantically be increased >50 nmol/l.