Einleitung: Patienten auf pädiatrischen Intensivstationen (PICU) sind einem erhöhten Risiko für folgenreiche Medikationsfehler ausgesetzt. Die häufigsten Fehler treten während der Medikamentenanordnung auf und resultieren unter anderem in Fehldosierungen. Eine häufig betroffene Medikamentenklasse sind Antibiotika. Potentielle Folgen sind Organtoxizität und eine ineffektive Therapie. Bisherige Literatur zur Thematik stammt aus dem internationalen Raum, Daten zu PICUs in Deutschland fehlen. Methodik: Für die untersuchte PICU wurde die Einhaltung von Standard-Dosis-Protokollen (SDP) bei der Antibiotika- Therapie in einer retrospektiven Kohortenstudie für das Jahr 2010 evaluiert. Eine Korrelation von SDP-Einhaltung mit der Inzidenz zwei kombinierter Endpunkte – Organdysfunktion (OD) und Severe Events (SE) – erfolgte. OD beschreibt dabei das neue Auftreten eines Leberzellschadens oder einer Nierenfunktionseinschränkung. Als SE wurden eine Verlängerung der Liege- oder Beatmungsdauer über den Median oder das Versterben gewertet. Ergebnisse: Insgesamt konnten 305 Patienten eingeschlossen werden. Sie erhielten zusammen 4021 Antibiotika-Dosierungen, von denen 59,9 % korrekt, 36,1 % unter- und 4,0 % überdosiert waren. Die Zahl der nicht korrekten Dosierungen je Patient zeigte eine hohe Variabilität. So erhielten 57 % der Patienten ausschließlich SDP konforme Antibiotikadosierungen. Diese Patienten wurden in der high adherence group (HAG) zusammengefasst. Dem gegenüber bestand bei 43 % der Patienten wenigstens eine Abweichung von den SDP, die als low adherence group (LAG) gegenübergestellt wurden. Es zeigte sich für die Patienten der LAG ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer OD (11,5 % versus 1,7 %; OR 6,8; 95-%-KI: 1,9 - 24,5; p = 0,003) und für den Eintritt von SE (64,4 % versus 31,4 %; OR 3,7; 95-%-KI: 2,1 - 6,7; p < 0,001). In der multiplen Regressionsanalyse blieb dieser Effekt bei Berücksichtigung der Störfaktoren Alter, Gewicht, Geschlecht, Beatmung und Aufnahmemodus signifikant. Subanalysen assoziierten mit Zugehörigkeit zur LAG eine signifikante Verlängerung von Liegedauer, Beatmungsdauer und eine erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeit von Leberzellschaden und Nierenfunktionsstörung. Schlussfolgerung: Insgesamt scheint ein Potential zur Optimierung der Antibiotikadosierung im Umfeld der Intensivstation zu bestehen. Kausalzuweisungen zwischen beobachteten Ereignissen und Fehldosierung sind im Rahmen dieser retrospektiven Studie nicht möglich. Jedoch gibt die Studie Hinweise für ein vermehrtes Auftreten von komplizierten Verläufen und einen vermehrten Eintritt von Organschäden in Zusammenhang mit Dosierungsfehlern. In der Literatur beschriebene Maßnahmen wie Personalschulungen, Medikationsprüfung durch klinische Pharmakologen oder softwaregestützte Verschreibungssysteme scheinen geeignet, die Fehlerrate zu senken und den klinischen Verlauf positiv zu beeinflussen.
Introduction: Patients at paediatric intensive care units (PICUs) are at risk for harmful medication errors. Most errors occur at the stage of prescription and result frequently in dosage-errors. A class of medication associated most frequently are antibiotics. Potential consequences include organ toxicity and ineffective therapy. This is known from international publications, studies on German PICUs are missing. Methods: Investigating the antibiotic therapy on a PICU during the year 2010, the adherence to standard-dosage-protocols (SDP) was evaluated in a retrospective cohort-study. Two primary, combined outcome measures – Organ Dysfunction (OD) and Severe Events (SE) – were correlated with adherence to SDP. OD was defined as liver cell damage or renal impairment. SE was defined as duration of length of stay over median, duration of ventilation over median or fatal outcome. Results: 305 patients were included into the study. They received 4021 dosages of antibiotics, of which 59,9 % were correctly dosed, 36,1 % were underdosed and 4,0 % were overdosed. A huge variability in the number of dosage errors concerning a single patient was seen: 57 % of the patients only received dosages in accordance to the SDP, those patients were summarized in the high adherence group (HAG). In contrast 43 % of the patients received at least one dosage differing from the SPD, those patients were summarized as the low adherence group (LAG). Patients in the LAG suffered statistically significantly more often from OD (11,5 % versus 1,7 %; OR 6,8; 95-%-CI: 1,9 - 24,5; p = 0,003) and from SE (64,4 % versus 31,4 %; OR 3,7; 95-%-CI: 2,1 - 6,7; p < 0,001). Multiple regression analysis also including the confounders: age, weight, sex, ventilation and mode of admission, confirmed the significance. Analysis of secondary outcome measures associated being in the LAG with significantly higher occurrence of prolonged ventilation, prolonged length of stay, liver cell damage and renal impairment. Conclusion: Overall, there is potential to optimize antibiotic-dosing in the setting of the PICU. As retrospective studies do not allow causal determination, the results may be interpreted as signals for higher occurrence of complicated patient course and organ damage in the presence of dosage- errors. Existing literature describes positive effects on error-rate and outcome measures by implementing formal physician training, chart-review by clinical pharmacologists or computerized prescription-support systems.