Entsprechend den Annahmen des Semantisch-Prozeduralen Interface Modells des Selbst (SPI-Modell, Hannover & Kühnen, 2002; Kühnen, Hannover & Schubert, 2001) unterscheiden sich Personen mit independentem und interdependentem Selbstkonzept nicht nur in den Inhalten ihres Selbst (autonom oder sozial), sondern zusätzlich in der Art ihrer Informationsverarbeitung (kontextunabhängig oder kontextabhängig). In der vorliegenden Arbeit werden aufgrund der Annahmen des SPI-Modells interindividuelle Unterschiede im Entscheidungsverhalten von Personen erklärt. Erstens wurde erwartet, dass Personen mit independentem Selbstkonzept Entscheidungssituationen bevorzugen, in denen sie ihr autonomes Selbst verwirklichen können, während interdependente Personen Situationen präferieren, in denen sie sich ihrem sozialen Selbst annähern können. Zweitens wurde angenommen, dass interdependente Personen ihre Entscheidungen stärker von der aktuellen Entscheidungssituation abhängig machen als independente. Um diese beiden Annahmen zu überprüfen, wurden Studien durchgeführt, in denen independente und interdependente Personen mehrmals Entscheidungen treffen mussten. Erstens zeigte sich, dass Personen mit independentem Selbstkonzept motivierter als interdependente Personen waren, wenn beispielsweise in einer Entscheidungssituation die Besonderheit der eigenen Person dargestellt werden konnte (autonome Situation). Die Motivation wurde über die Zufriedenheit, die Attraktivitätsbeurteilung der gewählten Alternative, sowie die Erinnerungsleistung erfasst. Im Gegensatz dazu waren in sozialen Entscheidungssituationen, in denen z.B. die Verbundenheit mit anderen Personen ausgedrückt werden konnte, interdependente Personen motivierter als independente Personen. Weiterhin wurde das Entscheidungsverhalten über verschiedene Situationen hinweg betrachtet. Dabei entschieden sich independente Personen konsistenter als Personen mit interdependentem Selbstkonzept, wenn Entscheidungen bezüglich der eigenen Person getroffen wurden. Diese Befunde zur Motivation und zu konsistentem Verhalten von independenten und interdependenten Personen werden in Bezug zur Selbstforschung und hinsichtlich ihrer Implikationen für Entscheidungsprozesse in Gruppen diskutiert.
The Semantic-Procedural Interface Model of the Self (SPI-model, Hannover & Kühnen, 2002; Kühnen, Hannover & Schubert, 2001) suggests that independent and interdependent self-construals do not only differ with respect to the prevailing content domains of self-knowledge (autonomous versus social), but also with respect to the degree of context-dependency of encoded knowledge (context-independent versus context-dependent). In my work, I use the SPI- model in order to explain interindividual variations in choice behavior. While people with independent self-construal (independents) are predicted to use contexts offering choice as an invitation to present their autonomous and unique self, people with interdependent selves (interdependents) shall favour situations that allow for the expression of the social self. In addition, according to the SPI-model interdependents shall make their choices more dependent on the present context than independents. To prove these assumptions, research participants were asked to make choices at different points in times. As expected, while independents favoured choice situations allowing for the expression of the autonomous self over social choice situations, the opposite was true for interdependents. Also, independents´ self-relevant choices were more stable and less affected by alterations of the context than interdependents´ choices.