Hintergrund: Rauchen stellt das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko unserer Zeit dar. Seit längerem weiß man, dass aktives und passives Zigarettenrauchen kanzerogen wirken kann und neben kardiovaskulären und pulmonalen Erkrankungen zahlreiche weitere Organsysteme beeinflussen oder schädigen kann. Im Vergleich dazu ist die Evidenzlage der mit Rauchen bzw. Nikotinabusus assoziierten zerebralen Effekte oder Defizite eher gering, es wird jedoch mehrfach beschrieben, dass Raucher gegenüber Nikotin-naiven Nichtrauchern kognitive und elektrophysiologische Defizite zeigen, die zum Teil auch für Exraucher nach jahrelanger Abstinenz nachgewiesen werden konnten. Zudem beschreiben zerebrale Bildgebungsstudien in vivo funktionelle, strukturelle und metabolische Alterationen bei Rauchern, teilweise auch bei Exrauchern. Insbesondere strukturelle Defizite, beispielsweise als Volumen- oder Dichtedefizite verschiedener Areale kortikaler und subkortikaler grauer Substanz, wie sie wiederholt mittels Voxel-basierter Morphometrie bei Rauchern nachgewiesen werden konnten, sowie tierexperimentelle Untersuchungen fötaler und adoleszenter Ratten, welche ausgeprägte neurotoxische Nikotineffekte beschreiben, suggerieren eine mit dem Zigarettenrauchen assoziierte schädliche Wirkung gegenüber bestimmten Hirnarealen. Methoden: Die Magnetresonanz- Spektroskopie (MRS) ermöglicht aufgrund ihrer Noninvasivität zerebrale Gewebsuntersuchungen in vivo und mittels Quantifizierung detektierbarer Metabolite Interpretationen bezüglich der Zusammensetzung eines Untersuchungsvolumens (VOI). N-Acetylaspartat (NAA) beispielsweise wird häufig als neuronaler Marker interpretiert. Als robustere Metabolite der bei 3,0 Tesla mittels Einzelvolumen-1H-MRS im PRESSModus gemessenen Spektren wurden Creatin (Cre), N-Acetylaspartat (NAA), Gesamtcholin (tCho) und myo-Inositol (mIns) quantifiziert. Definiert wurden drei Untersuchungsvolumina - der anteriore cinguläre Kortex (ACC), der posteriore cinguläre Kortex (PCC) sowie die rechtsfrontale weiße Substanz (RFWM). Untersucht wurden gesunde Raucher (n = 11) und „Nieraucher“ (Nichtraucher, welche in ihrem Leben maximal 5 Zigaretten geraucht haben) (n= 22). Hypothesen: I. Haupthypothese: Aufgrund der physiologisch relativ stabilen Konzentration des Creatins wird postuliert, dass sich Raucher und Nieraucher bezüglich ihrer Creatin- Spiegel in keinem der drei VOI signifikant unterscheiden. Trifft diese Hypothese zu, werden Metabolitenquotienten der absoluten Konzentrationen von NAA, tCho und mIns mit Cre gebildet, um potentiell bestehende, interindividuelle Unterschiede des Liquorgehalts innerhalb der jeweiligen VOI zu berücksichtigen. II. Haupthypothese: Kognitive, elektrophysiologische, funktionelle sowie strukturelle Defizite von Rauchern deuten insbesondere auf Alterationen des ACC hin, entsprechende Hinweise auf eine Beteiligung des PCC liegen derzeit nicht vor, weshalb der PCC als Kontrollvolumen des ACC gewählt wurde, um ACC- spezifische von globaleren kortikalen Defiziten differenzieren zu können. Da neunzig Prozent der Raucher während ihrer Adoleszenz mit dem Rauchen beginnen und Tierversuche während der fötalen und adoleszenten Entwicklung neurotoxische Nikotineffekte beschreiben, wird hypothetisiert, dass sich innerhalb des ACC signifikante Defizite für NAA/Cre finden, die sich innerhalb des PCC als nicht signifikant oder weniger deutlich ausgeprägt erweisen. III. Haupthypothese: Alkoholabhängige Raucher zeigten frontal gegenüber alkoholabhängigen Nichtrauchern nach jeweils einwöchiger Alkoholabstinenz im Querschnitt sowie im Längsschnitt signifikante NAA-Defizite der weißen Substanz, gesunde Raucher und Nichtraucher unterschieden sich dort diesbezüglich nicht signifikant. Daher wird hypothetisiert, dass sich gesunde Raucher und Nieraucher unserer Studie in RFWM nicht signifikant hinsichtlich ihrer NAA/Cre-Quotienten unterscheiden. Weitere Fragestellung: Sekundär sollen tCho/Cre- und mIns/Cre-Quotienten zwischen beiden Gruppen explorativ analysiert werden, wobei hyothetisiert wird, dass diese, sollten sich kortikal entsprechende Defizite nachweisen lassen, im ACC deutlicher ausfallen als innerhalb des PCC. Zudem sollen NAA/Cre-Quotienten innerhalb des ACC mit Rauchervariablen (u.a. Packungsjahre) korreliert werden, weitere Korrelationen werden für Metabolite analysiert, welche signifikante Rauchereffekte zeigen. Ergebnisse: Anhand der durchgeführten Kovarianzanalyse (einfaktoriell, als Faktor Raucherstatus, als unabhängige Variable der jeweilige Metabolitenquotient, als Kovariablen Alter, Geschlecht und Alkoholkonsum) lassen sich die folgenden Aussagen treffen: Analog zur I. Haupthypothese unterscheiden sich Raucher und Nieraucher nicht signifikant bezüglich ihrer Creatin-Spiegel (p ≥ 0,485). Entgegen der II. Haupthypothese unterscheiden sich Raucher und Nieraucher im ACC nicht signifikant bezüglich ihrer NAA-/Cre- Quotienten (p = 0,229). Für den PCC findet sich ebenfalls kein signifikanter Unterschied (p = 0,994). Signifikante Korrelationen zwischen NAA/Cre und Rauchervariablen ergeben sich nicht. Entsprechend der III. Haupthypothese unterscheiden sich Raucher und Nieraucher nicht signifikant bezüglich ihrer NAA/Cre-Quotienten in RFWM. Innerhalb des ACC zeigen Raucher gegenüber Nierauchern signifikant niedrigere Metabolitenquotienten für tCho/Cre (p = 0,025), in der weißen Substanz rechtsfrontal (RFWM) signifikant höhere Metabolitenquotienten für mIns/Cre (p = 0,010). Analog zur II. Haupthypothese zeigt sich innerhalb des PCC kein signifikanter Rauchereffekt für tCho/Cre (p = 0,881). Die Korrektur nach Bonferroni führt für tCho/Cre im ACC zum Signifikanzverlust (p = 0,225), für mIns/Cre in RFWM bleibt ein statistischer Trend bestehen (p = 0,090). Korrelationen mit Rauchervariablen lassen sich weder für tCho/Cre im ACC, noch für mIns/Cre in RFWM nachweisen. Diskussion: I. Haupthypothese: Wie hypothetisiert unterscheiden sich Raucher und Nieraucher nicht signifikant bezüglich ihrer Creatin-Spiegel, so dass Quotienten für NAA, tCho und mIns mit Cre gebildet werden können. II. Haupthypothese: Dass sich entgegen der II. Haupthypothese keine NAA-Defizite nachweisen lassen, könnte einerseits durch schwächere Effektstärken bei einer eher geringen Fallzahl bedingt sein, sich andererseits aber dadurch erklären, dass sich die lokalen, neuronalen Schädigungsmuster bestimmter Transmittersysteme im Tiermodell zwischen fötaler und adoleszenter Nikotinexposition unterscheiden: Fötale Ratten zeigen in verschiedenen Experimenten unter Nikotininfusion beispielsweise eine verminderte kortikale Paroxetinbindung bei vermehrter Paroxetinbindung im Hirnstamm, was als Schädigung kortikaler serotonerger Nervenendigungen bei reaktiver Aussprossung ihrer Zellkörper innerhalb des Hirnstamms interpretiert wurde. Ein ähnliches Schädigungsmuster findet sich bei adoleszenten Ratten unter Nikotininfusion, diese zeigen innerhalb des Hirnstamms vergleichbare Veränderungen, kortikal zeigt sich die Paroxetinbindung jedoch nicht vermindert, dafür aber in Hippocampus und Striatum. Diese Beobachtung ist vereinbar mit einer aktuellen MRS-Untersuchung, welche bei Rauchern innerhalb des Hippocampus NAA-Defizite nachweisen konnte, nicht aber innerhalb des ACC, zumal der Großteil aller Raucher während der Adoleszenz mit dem Rauchen beginnt. Interessanterweise zeigen Raucher in unserer Studie signifikant niedrigere Werte für Gesamtcholin innerhalb des ACC (p = 0,025), interpretierbar als verminderte zelluläre Dichte bei unverändertem Neuronengehalt und möglicherweise verringertem Gliagehalt dieses VOI. Allerdings führt die durchgeführte Korrektur nach Bonferroni zum Signifikanzverlust dieses Effekts (p = 0,225), so dass diese Interpretation spekulativ bleibt. Entsprechend der III. Haupthypothese unterscheiden sich Raucher und Nieraucher nicht bezüglich ihrer NAA/Cre- Quotienten in RFWM, Raucher zeigen dort jedoch signifikant erhöhte Werte für mIns/Cre (p = 0,010), was ebenso auf gliale Veränderungen durch Zigarettenrauchen hinweisen könnte, zumal mIns häufig als Astrozytenmarker interpetiert wird. Jedoch bleibt auch diese Interpretation spekulativ, zumal die Korrektur nach Bonferroni hier ebenfalls zum Signifikanzverlust führt, wenn auch diesbezüglich ein statistischer Trend bestehen bleibt (p = 0,090). Letztendlich handelt es sich bei den beschriebenen Beobachtungen um vorläufige Ergebnisse. Sollte der beobachtete statistische Trend eines Rauchereffekts für myo-Inositol in RFWM statistisch signifikant repliziert werden können, könnte die Frage nach der Kausalität zwischen Nikotin-/Tabakrauchexposition und dem beobachteten Rauchereffekt jedoch nur im Falle einer Längsschnittstudie adressiert werden, da beobachtete Unterschiede bereits a priori vorhanden sein können.
BACKGROUND: Converging lines of evidence suggest cognitive, electrophysiologic, functional, and structural alterations of specific brain regions in smokers compared to neversmokers, notably the anterior cingulate cortex (ACC). Some of these deficits were also detected in former smokers even after several years of abstinence. Animal studies in fetal and adolescent rodents imply neurotoxic effects of nicotine during brain development and indicate a potential for developmental disruption or damage of distinct brain regions, since ninety percent of smokers start their smoking habit during adolescence. When performing this study, there was only one magnetic resonance spectroscopic imaging (MRSI) study published comparing smokers to nonsmokers. That study suggested that cigarette smoking exacerbates chronic alcohol- induced brain damage, since N-acetylaspartate (NAA) deficits could only be detected in smoking 1-week abstinent revocering alcoholics but neither in nonsmoking 1-week abstinent recovering alcoholics nor in healthy smokers or nonsmokers. METHODS: Absolute concentrations of total creatine (Cre), N-acetylaspartate (NAA), total choline (tCho) and myo-inositol (mIns) were measured in anterior cingulate cortex (ACC), posterior cingulate cortex (PCC) and right frontal white matter (RFWM) in 11 healthy smokers and 22 healthy never-smokers without any history of mental or physical disease or abnormality. To control for potential differences of cerebrospinal fluid content in voxels, ratios of absolute concentrations of NAA, tCho and mIns were built with Cre. It was postulated that smokers would show NAA/Cre deficits in ACC but not or to a smaller degree in PCC. For RFWM it was hypothetisized that NAA/Cre levels would not differ significantly between smokers and never-smokers. RESULTS: Analysis of covariance (ANCOVA) showed that absolute concentrations of Cre did not differ significantly between smokers and never-smokers in any of the three volumes of interest (VOI) (p ≥ 0.485). As hypothesized, NAA/Cre levels of smokers and never-smokers did not differ significantly in PCC (p = 0.994) or RFWM (p = 0.563). However, NAA/Cre levels in ACC showed no significant difference between smokers and never- smokers, either (p = 0.229). Post-hoc analysis of secondary parameters showed significant smoking effects for tCho/Cre in gray matter of ACC (p = 0.025) and mIns/Cre in white matter (RFWM) (p=0.010). After all, neither significance level survived Bonferroni correction (p = 0.225 for tCho/Cre in ACC; p = 0.090 for mIns/Cre in RFWM), despite a persisting statistical trend towards a smoking effect for mIns/Cre in RFWM (p ≤ 0.100). CONCLUSIONS: A possible reason for not being able to detect significant NAA/Cre differences in smokers and never-smokers in the ACC may either lie in the rather small study population or in pattern differences of neurotoxicity of fetal and adolescent nicotine exposure in animal models: fetal nicotine exposure in rodents points to neuronal damage in midbrain and neocortex while adolescent nicotine exposure in rodents points to neuronal damage in midbrain, hippocampus, and striatum but not in neocortex. This is in line with a recently published MRS study describing NAA deficits in hippocampus but not in ACC. However, the observed statistical trend towards a smoking effect of mIns/Cre in RFWM may suggest glial alteration (p = 0.090 after Bonferroni correction), since NAA/Cre as a potential neuronal marker is not significantly affected and recent imaging studies describe regional alteration of fractional anisotropy (FA) or white matter volume in smokers, while animal experiments of neonatal rat optic nerves describe an irreversible nicotinic receptor dependent conduction block, histologically characterized by profound glial alterations with intact axonal structure. Interpreting the observed statistical trend for mIns/Cre in RFWM as potential glial alteration of frontal white matter remains speculative until this effect is replicated by other studies. Should other groups be able to observe a similar smoking effect, an a priori nature of this finding might still not be ruled out, although animal models point to a causal relationship between nicotine exposure and neuronal and glial alteration.