Das begrenzte Wissen von Behandlern über die praktischen Aspekte des Lebens mit einer chronischen Krankheit ist eine der Barrieren zur Erreichung der neuen Modelle der Arzt-Patienten-Beziehung wie Empowerment, Shared-Decision Making oder Concordance (Bissel, 2004). Das Ziel meiner Arbeit ist es, dieses Verständnis zu verbessern, indem die praktische Durchführung des Lebens von Jugendlichen mit Cystischer Fibrose (CF), einer unheilbaren, progressiven chronischen Erkrankung, untersucht wird. Ich frage, mit welchen Strategien diese Jugendlichen therapeutische und Alltagspraxen zwischen zwei vollkommen unterschiedlichen Praxisbezügen, Umständen und Logiken übersetzten: dem Krankenhaus und der Alltagswelt. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei den Elementen der Strategien gegeben, die zu einer Stabilisierung der therapeutischen Praxen außerhalb des Krankenhauses führen. Die Forschung zu dieser Arbeit fand zwischen April 2007 und März 2008 statt. Ich nutzte ethnographische Methoden, insbesondere Teilnehmende Beobachtung, narrative Interviews und Fokusgruppendiskussionen. Fünfzehn Jugendliche des Christiane- Herzog-Zentrums der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Pneumologie/Immunologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie ihre Eltern, Freunde und Behandler nahmen an der Studie teil. Für die Analyse nutzte ich die Akteurs-Netzwerk-Theorie und ihre neueren Reinterpretationen um die wichtige Rolle der Technologie bei der Herstellung von spezifischen Therapiepraxen zu beleuchten. Im ersten Teil der Ergebnisse adaptiere ich ein Netzwerkmodell für genetische Krankheiten von Loscalzo et al. (2007) für CF und erweitere es um die Elemente „Therapie“ und „Alltags- und Sozialleben“. Im darauf folgenden Teil zeige ich mit Hilfe der Soziologie der Translation (Callon, 1999), wie Verbindungen zwischen den Elementen und Ebenen des Modells entstehen. Dazu frage ich, wie es dazu kommt, dass Jugendliche mit CF eine von den Ärzten vorgeschlagene Therapie machen. Anhand der Geschichte eines jungen Patienten beschreibe ich, wie ein CF-Netzwerk durch eine akute Lungeninfektion instabil wird und durch Einbeziehen „therapeutischer“ Aktanten und Verschiebung der Positionen innerhalb des Gefüges als „therapeutisches Akteursnetzwerk“ wieder stabilisiert wird. Der Prozess der Konstruktion und Stabilisierung dieses therapeutischen Akteursnetzwerkes wird daraufhin analysiert, wie Verbindungen zwischen den Aktanten entstehen und wie Positionen im Netzwerk verhandelt werden. Im dritten Teil der Ergebnisse wird die Übersetzung eines solchen Akteursnetzwerks zwischen Krankenhaus und Alltagswelt mit Hilfe von räumlichen Metaphern analysiert (Law & Mol, 2001). Wenn man CF als etwas betrachtet, das in spezifischen, lokalen Praxen hergestellt wird, zeigt sich, wie die Dichotomien von „Pathophysiologie von CF“ – „Sozialleben mit CF“ oder „Krankenhaus“ – „Alltag“ durch lokale Verschränkung von Praxen, Geräten und Biologie überbrückt werden. Für diesen Prozess präge ich den Begriff „mukoviszidieren“. Darauf aufbauend entwickle ich drei Idealtypen (Weber, 1988) des Mukovisziedieren und analysiere spezifische Herausforderungen und Ressourcen für die Stabilisierung der Idealtypen. Abschließend wird die Nutzbarmachung der Krankenrolle als eine quer zu den Idealtypen liegende Strategie der moralischen Ökonomie (Daston, 1995) vorgestellt. Zuletzt diskutiere ich die stärken und spezifischen Probleme der drei Idealtypen. Sie stellen jeweils eine Adaptierung an das Leben mit chronischer Krankheit dar. Anstatt sie als Noncompliant zu bezeichnen, sollten Behandler sie nutzen, um individuelle Strategien der Unterstützung für ihre Patienten anzubieten. Die Grenzen des Konzepts der Idealtypen für die Fragestellung der Arbeit werden im Hinblick auf Generalisierbarkeit und Übertragbarkeit auf andere chronische Erkrankungen kritisch diskutiert. Daraufhin zeige ich, dass für von CF Betroffene eine Neukonzeptionalisierung von chronischer Erkrankung als „medizinische Lebensform“ (Rose, 2007) fruchtbar ist. Von CF Betroffene artikulieren sich mit Hilfe medizinischer Technologie und Praxen und nehmen dadurch am Leben teil. Ein solch neues Verständnis von Medikalisierung jenseits von Hegemonie und Überwachung hinaus wird ebenso angedeutet wie die Notwendigkeit, in der medizinischen Forschung Netzwerkeffekte von Therapien außerhalb des Krankenhauses mit zu betrachten. Eine mögliche Reorientierung der Compliancedebatte mithilfe eines praxistheoretischen Ansatzes wird angedeutet und abschließend ein neues Set von Begriffen entwickelt, um ohne Schuldzuweisung über Therapiepraxis sprechen zu können.
Health professionals’ limited understanding of the practicalities of living with a chronic disease, including the material and structural limitations, has been recognized as one of the key barriers to achieving the goal surrounding new models of doctor-patient interactions, such as empowerment, shared- decision making or concordance on treatment (Bissel, 2004). The aim of this study is to improve this understanding by examining the strategies young people with cystic fibrosis (CF), a fatal chronic disease, use as they translate therapeutic practices between two very distinct sets of practices, circumstances and logics - the hospital and the outside world. Special consideration is given to certain elements of the strategies that lead to a stabilization of the practices outside the hospital. This study took place between April 2007 and March 2008. I used participant observation, narrative interviews and focus-group discussions. 15 adolescents from a tertiary treatment center for cystic fibrosis in Berlin, Germany, as well as their parents, friends and caregivers took part in the study. My analysis draws on the actor-network-theory and its recent re-interpretation to highlight the important role of technology in facilitating particular practices of care. I believe that by understanding CF as something that is enacted within specific local practices, one can distinguish three distinct ways of “doing CF” that mediate between the hospital and the outside world. I found that each strategy is faced with a distinct set of challenges that can result in instability in their practice. I also detail some resources that may help young people in “doing CF”. Finally, I suggest that these strategies can be applied to assist in the challenge of living with a chronic disease, instead of labelling these patients as non-compliant. But rather recognizing these different patterns may help the caregiver to identify individual support strategies for their patients.