Alkohol hemmt exzitatorische glutamaterge Ionenkanäle und bedingt bei fortgesetztem Konsum im Rahmen der Abhängigkeitsentwicklung eine gegenregulatorische Erhöhung der NMDA-Rezeptordichte im Zentralen Nervensystem. Infolgedessen scheint es im Alkoholentzug zu einer überschießenden glutamatergen Neurotransmission (Hyperexzitation) zu kommen, welche wesentlich an der Entstehung von Entzugssymptomatik beteiligt zu sein scheint. Tier- und Humanstudien deuten in diesem Zusammenhang auf erhöhte Glutamatkonzentrationen in der frühen Abstinenz hin. Alkoholabhängige Patienten scheinen darüber hinaus eine erhöhte Impulsivität aufzuweisen, wobei bildgebende Studien hier eine Dysfunktion verhaltensregulierender, präfrontaler Hirnregionen, wie dem anterioren cingulären Cortex (ACC), nahelegen. Obwohl Geschlechtsunterschiede sowohl bezüglich der Alkoholabhängigkeit als auch der Impulsivität beobachtet wurden, liegt der Fokus der Suchtforschung nach wie vor auf rein männlichen Populationen. Ziele der vorliegenden Arbeit waren, die Hypothesen einer erhöhten Impulsivität und einer erhöhten Glutamatkonzentration, hier im ACC, bei entgifteten Alkoholabhängigen zu prüfen und dabei auch den Einfluss des Geschlechts, unter Einschluss eines verhältnismäßig großen Frauenanteils, zu untersuchen. Außerdem wurde erstmals ein möglicher Zusammenhang von Impulsivität und Glutamatkonzentration im ACC bei alkoholabhängigen Patienten überprüft. Mit Hilfe der ¹H-Magnetresonanzspektroskopie wurden die absoluten Glutamatkonzentrationen im ACC bei 56 alkoholabhängigen Patienten in der frühen Abstinenz und 56 nach Geschlecht und Alter parallelisierten Kontrollpersonen gemessen und verglichen. Als Maß für die Impulsivität wurde die Barratt Impulsiveness Scale, eine Selbstbeurteilungsskala, herangezogen. Die Alkoholpatienten wiesen am durchschnittlich 13. Abstinenztag eine signifikant höhere Glutamatkonzentration und Impulsivität im Vergleich zu den Kontrollen auf. Ein Einfluss des Geschlechts auf die Glutamatkonzentration und die Impulsivität kann aufgrund der vorliegenden Ergebnisse nicht angenommen werden. Bei den Alkoholpatienten war die Korrelation zwischen der erhöhten Glutamatkonzentration und Impulsivität nicht signifikant, eine schwache Korrelation wurde jedoch für die Gesamtgruppe beobachtet. Zusammenfassend bekräftigt die vorliegende Studie sowohl die Annahme einer erhöhten Glutamatkonzentration, als auch einer gesteigerten Impulsivität bei Alkoholabhängigen. Aufbauend auf die vorliegende Arbeit sollte das Ziel zukünftiger Studien die längsschnittliche Untersuchung der Dynamik glutamaterger Konzentrationsveränderungen in der frühen Abstinenz sowie die Untersuchung weiterer Hirnregionen sein. Die Ergebnisse bezüglich der Geschlechtsunterschiede und der Korrelation von Impulsivität und Glutamat bei Alkoholabhängigen sind aufgrund mangelnder Vergleichsstudien als vorläufig zu betrachten und sollten mit größeren Stichproben und in Kombination mit Verhaltensmaßen für die Impulsivität repliziert werden. Dabei sollte bei der Betrachtung von Geschlechtsunterschieden eine homogene Geschlechterverteilung in Studiengruppen angestrebt werden. Darüber hinaus könnte eine weiterführende Erforschung der Zusammenhänge von Impulsivität und dem Rückfallgeschehen die Charakterisierung von Patientensubgruppen in Hinblick auf eine gezielte, individualisierte Rückfallprophylaxe ermöglichen.
Alcohol inhibits glutamatergic excitatory ion channels and triggers a counterregulatory increase of NMDA receptors in the central nervous system during chronic consumption in the course of addiction development. Consequently, in alcohol withdrawal excessive glutamatergic neurotransmission (hyperexcitation) arises which seems to be significantly involved in the emergence of withdrawal symptoms. In this context, animal and human studies indicate increased glutamate levels during early abstinence. Furthermore, alcohol-dependent patients seem to exhibit enhanced impulsivity: here, imaging studies suggest an associated contributing dysfunction of (behaviour) regulatory prefrontal brain regions like the anterior cingulate cortex (ACC). Although sex differences regarding both alcohol dependence and impulsivity were observed, focus of addiction research still lies on all-male populations. Aims of the present study were to test the hypotheses of increased impulsivity and increased glutamate levels in the ACC of detoxified alcohol-dependent individuals and thereby to investigate the influence of gender by inclusion of a relatively high proportion of females. Moreover, a possible association of impulsivity and glutamate level in the ACC was examined in alcohol-dependent patients for the first time. Using proton magnetic resonance spectroscopy, absolute glutamate concentrations in the ACC were quantified and compared in 56 alcohol-dependent patients during early abstinence and 56 sex- and age- matched controls. The Barratt Impulsiveness Scale, a self-assessment scale, was applied as a measure of impulsivity. The alcohol-dependent patients showed significantly higher glutamate concentration and impulsivity after a mean duration of abstinence of 13 days compared to controls. An influence of gender on glutamate concentration and impulsivity cannot be assumed according to the present results. Correlation between enhanced glutamate and impulsivity was not significant for alcohol-dependent patients; however, a weak correlation was observed for the overall group. In summary, the present study strengthens both assumptions of increased glutamate levels and impulsivity for alcohol- dependent subjects. Based on the present study, future studies should aim at the longitudinal analysis of the dynamics of glutamate levels during early abstinence as well as at the examination of further brain areas. Regarding sex differences and the correlation between impulsivity and glutamate in alcohol- dependent patients, the results should be considered preliminary due to lacking comparative studies and require replication with greater sample size and in combination with behavioral measures of impulsivity. Regarding sex differences, an equal gender distribution in study groups would be desirable. Further research on the relationship of impulsivity and relapse could enable characterisation of patient subgroups for a targeted, individualised relapse prevention.