Die stetige Zunahme der Anzahl übergewichtiger und adipöser Personen stellt bedingt durch assoziierte Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes und koronare Herz¬defi¬zienz weltweit eines der größten Gesundheitsprobleme dar. Zurzeit stellen heterozygote inaktivierende Mutationen im MC4R die häufigste molekulare Ursache der Adipositas. Die häufigste europäische MC4R Mutation ist eine Stopp-Mutation im N-Terminus des Rezeptors, Y35X, welche zur Translation eines vorzeitig terminierten Proteins und somit zu einem kompletten Funktionsverlust des Rezeptors führt. Seit einigen Jahren ist bekannt, daß Aminoglykoside zu einem Überlesen von mutationsbedingten Stopp-Codons führen können. In der hier vorliegenden Arbeit wird erstmalig ein Überlesen von Stopp-Mutationen des MC4R (W16X, Y35X, E61X, W258X) durch Aminoglykoside in vitro gezeigt. Es wurden die Signaltransduktionseigenschaften, die Oberflächenexpression und die Gesamt¬expression der Rezeptorvarianten von den angegebenen Mutationen im Vergleich zum Wildtyp¬rezeptor sowohl mit als auch ohne Aminoglykosid-Behandlung untersucht. Durch Untersuchung der Gesamtexpression wurde gezeigt, daß in Abhängigkeit von der Konzentration der eingesetzten Aminoglykoside ein Überlesen aller Stopp-Mutationen möglich ist. Die Effizienz des Überlesens hängt von der Art der Stopp-Mutation und der Nukleotide um die Stopp-Mutation herum ab, wobei sich TGA Mutationen (W16X, W258X) besser überlesen lassen als die Varianten TAG (E61X) und TAA (Y35X). Außerdem spielt die Art des ver¬wendeten Aminoglykosids eine erhebliche Rolle, wobei sich Geneticin (G418) als effizienter gegenüber Gentamycin, Puromycin, Hygromycin und Streptomycin erwies. Dieses wurde zusätzlich durch Untersuchung der ligandeninduzierten Signal¬trans¬duktions¬eigenschaften der Rezeptorvarianten durch Stimulation mit den endogenen Liganden alpha-MSH und beta-MSH sowie dem hochpotenten Agonisten NDP-alpha-MSH bestätigt. Hier zeigte sich ein weiterer wichtiger Aspekt des aminoglykosid¬vermittelten Überlesens in Form der Lage des Stoppcodons innerhalb der MC4R-Sequenz. Stoppvarianten im N-Terminus des Rezeptors (W16X und Y35X), welcher keine entscheidende Rolle für die Funktion des Rezeptors spielt, ließen sich in höherem Maße funktionell wiederherstellen als Mutationen im Rezeptorbereich der Transmembrandomänen (E61X, W258X).
The melanocortin 4 receptor (MC4R) plays a crucial role in hypothalamic weight regulation as a key component of the leptin-melanocortin signalling pathway. This makes the MC4R an attractive target of pharmceutical intervention to treat obesity. In 1985 it was shown for the first time that aminoglycosides are able to read through stop codons in mammalian cells. Approximately 5 to 10 percent of all genetic diseases are caused by nonsense mutations. Aminoglycoside-mediated read through was recently demonstrated for a variety of diseases including cystic fibrosis and muscular dystrophy Duchenne in vitro and in vivo. This study investigated four nonsense mutations of the MC4R gene two located in the N-terminus of the receptor (W16X and Y35X), one mutation in the first transmembrane domain (E61X) and one in the sixth transmembrane membrane domain for aminoglycoside-mediated functional (re-induction of signal transduction properties) rescue. This work shows that in dependence of the location of the stop mutation in the receptor and the kind of the stop mutation functional rescue is possible for stop mutations in the N-terminus but not or only very slightly for the stop mutation in the first transmembrane domain which seems to be functionally more important for signal transduction properties. These data clearly demonstrate that after aminoglycoside treatment the determination of full-length protein together with functional studies will help to calculate which kind of stop mutation in the MC4R gene is suitable for an aminoglycoside-mediated rescue approach.