Die vom Proopiomelanocortin-Gen (POMC-Gen) codierten Melanocortine spielen eine zentrale Rolle bei der neuroendokrinen Regelung der Energiehomöostase im Hypothalamus. Aufgrund der unterschiedlichen Funktion der POMC-Peptide führt ein kompletter Funktionsverlust des POMC-Gens zu einem sogenannten POMC- Defizienz- Syndrom, das jedoch nur sehr selten auftritt. Durch die fehlenden Liganden der Melanocortin-Rezeptoren im Hypothalamus, der Hypophyse und in der Haut sind neben dem Sättigungssignal, auch die Cortisolbildung und die Melanotoninbildung stark unterdrückt. Neben einer schweren Adipositas im Kindesalter, haben die Betroffenen rote Haare und Nebenniereninsuffizienz. Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit sollte ein Mutations-Screening klären, ob bei Adipösen Mutationen in regulierenden Bereichen zu finden sind, die ausschließlich für die hypothalamische Expression des POMC-Gens verantwortlich sind – etwa der hypothalamischen Enhancerregion. Mutationen innerhalb dieses Bereiches könnten die genetische Prädisposition einiger Menschen erklären, eine Adipositas zu entwickeln ohne einhergehende Rothaarigkeit und Nebenniereninsuffizienz hervorzurufen. Das Mutations-Screening in einer Berliner Gruppe adipöser Kinder identifizierte einen Polymorphismus im ersten Fragment des Enhancerbereiches (nPOMC1/Position 310). Im Gegensatz zur Kontrollgruppe zeigten ausschließlich Adipöse homozygote Formen des Polymorphismus. Ein zweites Screening in einem Marburger Patientenkollektiv, konnte die statistisch signifikante Häufung des homozygoten Nukleotidaustausches bei Adipösen nicht bestätigen. Eine folgende familienbasierte Assoziationsstudie zeigte ebenfalls keine statistisch signifikante Häufung der homozygoten Nukleotidwechsels bei Adipösen. Obwohl die vorliegenden Daten keine eindeutige Assoziation zwischen Mutationen im hypothalamischen Enhancerbereich des POMC-Gens und Adipositas nachweisen konnte, zeigte sich eine starke phylogenetische Konservierung der untersuchten Bereiche. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit den von Low durchgeführten Deletionsversuchen, die eine Enhancerfunktion der beiden Bereiche postulierten. Eine Bedeutung für die hypothalamische POMC-Regulation ist somit weiterhin anzunehmen. Im Hypothalamus werden die vom POMC-Gen codierten Melanocortine α-, β-, und γ- MSH exprimiert. Um geeignete Strategien für die medikamentöse Adipositastherapie zu entwickeln, ist es notwendig aufzuklären, welches der Melanocortine die zentrale Funktion bei der neuroendokrinen Gewichtsregulation zukommt. Bisher wurde ausschließlich α-MSH eine Funktion zugesprochen. Die Funktion von β-MSH wurde bislang kontrovers diskutiert. Einige Arbeitsgruppen konnten für β-MSH einen α-MSH entsprechenden Konzentration-Wirkungseffekt nachweisen, andere nicht. Jedoch konnten Mutations-Studien Mutationen bei Adipösen in der β-MSH codierenden Region von POMC, nicht aber in der α-MSH codierenden Region, aufweisen. Dies wirft die Frage auf, ob auch β-MSH bei der Vermittlung des Sättigungsgefühls von Bedeutung ist. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit sollte die Funktion von α-MSH und β-MSH erneut in vitro und in vivo verglichen werden. Erstmals wurde eine bei einer adipösen Patientin entdeckte β-MSH-Mutation in vitro und in vivo funktionell charakterisiert. Die Ergebnisse zeigten eine ebenso potente Wirkung von β-MSH in Bindungs- und cAMP- Assays. Die Ergebnisse konnten in in vivo Versuchen bestätigt werden, bei denen verschiedene Konzentrationen von α-MSH und β-MSH Ratten icv appliziert wurden. Beide Wildtyp-Peptide hemmten die Futteraufnahme der Ratten im gleichen Maße. Die β-MSH-Mutante zeigte einen Funktionsverlust in vitro- und in vivo. Somit wurde in der vorliegenden Arbeit erstmals ein Funktionsverlust einer heterozygoten Mutation im β-MSH codierenden Bereich des POMC-Gens gezeigt, die mit einem adipösen Phänotyp einhergeht. Die Ergebnisse der Arbeit deuten neben anderen beschriebenen Forschungsergebnissen darauf hin, dass β-MSH beim Menschen ein Hauptligand des MC4-R sein könnte. Substanzen mit β-MSH ähnlicher Struktur könnten somit ein vielversprechender, neuer Ansatz in der pharmakologischen Adipositastherapie darstellen.
Proopiomelanocortin (POMC)-peptide is the precursor of melanocortins, some of which act in the brain to reduce food intake and are potential mediators of leptin action. Due to the different functions of melanocortins a complete loss-of-function mutation of the POMC-Gen leads to a POMC-deficiency-syndrome. The lack of ligands in the hypothalamus, the pituitary and the skin cause an early onset obesity, red hair and adrenal insufficiency. In the first part of the present work a mutation-screening should give proof, if mutations in regulating areas, which are only responsible for hypothalamic expression of the POMC-Gen – like f.e. the hypothalamic enhancerregion – could attribute to develop an obese phenotype. A first mutation-screening in a Berlin group of obese children identified one polymorphism in the hypothalamic POMC- enhancerregion. In contrast to a control group the obese children showed only the homozygous form of the polymorphism. A second screening in an independent group of obese children in Marburg failed to confirm a significant association between the homozygous form of the polymorphism and the obese phenotype, neither could a subsequent familybased association-study. Although the results failed to show any explicit association between mutations of the hypothalamic enhancer-area and an obese phenotype, a strong phylogentic conservation could be detected. In the hypothalamus the POMC-peptides -, ß-, und y-MSH are expressed in equimolar amounts. To develop new strategies for medical treatment of obesity it is necessary to elucidate, which of the melanocortins play the major role in the neuroendocrine energy homeostasis. -MSH has generally been assumed to be the endogenous ligand acting at the MC4-R activation, which in the hypothalamus leads to a reduced food intake. Lately some studies show similar effects for ß-MSH. Therefore an in vitro- and in vivo-characterization should clarify the function of ß-MSH. For the first time a ß-MSH-mutation described in obese patients was characterized as well. The results showed an equally potent function for -MSH and ß-MSH in MC4-R binding- and activation-assays. The in vivo-studies demonstrated the same effect. Both wildtype peptides suppressed food intake significantly when injected intercerebroventricularly, whereas the mutant failed to show any function in vitro and in vivo. In conclusion the results of the present work suggest, that ß-MSH might reveal the main ligand of the MC4-R in humans. Possibly herefrom one can deduce a new approach in pharmacological treatment of obesity , f.e. a β-MSH agonist therapy.