Genetische Erkrankungen stellen eines der größten Probleme unserer Zeit dar. Zu ihnen zählen sowohl monogene als auch genetisch komplex Erkrankungen wie z.B. Tumore, Diabetes Mellitus oder die Alzheimer’sche Erkrankung. Bisherige Technologien haben Einblick in kleine Teilbereiche des Genoms ermöglicht, die aber trotz jahrelanger Puzzlearbeiten Zusammenhänge nur teilweise erkennen lassen. Die Entwicklung von modernen Technologien und Analyseverfahren hat nun eine wahre Revolution mit sich gebracht: Erstmalig ist es möglich geworden, ganze Genome innerhalb von wenigen Tagen zu sequenzieren und diese auch systematisch zu analysieren und zu interpretieren. Nicht nur zur Entschlüsselung der genomischen Sequenz können diese Techniken eingesetzt werden, sondern auch für die Analyse von Gen – und miRNA – Expressionen, Chromosomopathien und Veränderungen des Epigenoms. Angesichts dieser Möglichkeiten ist es gerechtfertigt, bereits heute von einer großen Revolution in der Humangenetik zu sprechen. Dennoch, ein Defizit gibt es noch, das es gilt, langsam aus dem Weg zu räumen: Der Transfer der Erkenntnisse zum Nutzen von Patienten, ein Punkt,der zentral in dieser Arbeit behandelt wird. Kurz nach der Einführung der neuen Technologien in Forschungslaboratorien gelang es mir, in Zusammenarbeit mit der Abteilung für medizinische Genetik der Charite, als eine der ersten Gruppen weltweit, diese Technologien für die Identifikation der, einer monogen autosomal-rezessiv vererbten Erkrankungzugrunde liegenden Mutation, zu nutzen. Dies ist ein klassisches Anwendungsgebiet der Humangenetik: Die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen – der krankheitsauslösenden Mutation unter ca 30 Millionen Nukleotiden. Durch die Anwendung der Hochdurchsatz-Sequenziertechnologie (HST) ist es uns gelungen, diesen Prozess, der mit anderen Technologien mehrere Jahre gedauert hätte, innerhalb weniger Woche abzuschliessen. Die Identifikation der Mutation im PIGV-Gen bei HPMR-Patienten führte dazu, dass wir Einblick in den Pathomechanismus der mentalen Retardierung und der drastischen Erhöhung der alkalischen Phosphatase bei diesen Patienten gewonnen haben, und nunmehr in der Lage sind, Wiederholungsrisiken für weitere Generationen zu bestimmen, und darüber hinaus mögliche therapeutische Richtlinien zu entwickeln. Eine etwas komplexere Analyse ist mir bei kolorektalen Tumoren gelungen, bei denen wir zeigen konnten, dass Mikrosatelliten instabile (MSI) Tumore deutlich mehr kodierende, funktional relevante Mutationen aufweisen als die Gruppe der Mikrosatelliten stabilen (MSS). Diese Arbeit war die erste systematische Sequenzierung des Exoms eines soliden Tumors. Zuvor waren ausschließlich Leukämien untersucht worden, die aufgrund ihrer homogeneren Zellpopulation eine einfachere Datenanalyse ermöglichen. Durch die Vermischung von Tumorzellen mit Bindegewebszellen bei den Darmtumoren mußte zunächst das Problem der Heterogenität gelöst werden, das ein ‚einfaches’ Bestimmen der Mutationen durch gängige Algorithmen unmöglich gemacht hatte. Diese Arbeit an klinischem Material führte bereits zum nächsten Problem: Die Gewinnung von idealenGewebeproben für die HST. Wir konnten zeigen, dass Gewebe, das, gängigen pathologischen Asservierungstechnologien entsprechend, als FFPE (Formalin Fixierung, Paraffin Einbettung)- Material über viele Jahre hinweg gelagert worden ist, gut für die HST verwendet werden kann. Außerdem konnten wir die für die Sequenzierung notwendige DNA – Menge deutlich reduzieren, was bei wertvollem Patientenmaterial sehr wichtig ist. Schließlich konnten wir zeigen, dass die Lokalisation der Gewebeentnahme bei Tumoren für die Bestimmung der Kopienzahl (‚copy number alterations, CNAs’) – und vermutlich auch die Detektion von Mutationen – einen Einfluß auf die Ergebnisse hat. Dies ist auf dem Hintergrund der Heterogenität von Tumoren auch erklärbar. Neben genetischen Ursachen für die Tumor-Entstehung und -Progression ist bekannt, dass differentielle Methylierungen eine der ersten Veränderungen bei der Entwicklung von Tumoren darstellen. Prostata-Tumore sind eine der häufigsten Tumorentitäten und können in zwei große Gruppen eingeteilt werden: Solche, in denen eine TMPRSS2:ERG Genfusion vorliegt und jene ohne Fusionsgen. Da die pathomechanistischen Gründe für die Entstehung von Fusionsgen-negativen Prostata-Tumoren nicht bekannt sind, haben wirdie Epigenome dieser Tumore analysiert. Dazu haben wir eine Technologie, die MeDIP-Seq (Sequenzierung von mit einem Antikörper gegen 5-MethylCytosin immunopräzipitierter DNA), verwendet, um so genomweite Muster der DNA-Methylierungen von Prostata-Tumoren und Normalgewebe zu erhalten. Bei der Analyse der Ergebnisse zeigte sich, dass sich Fusionsgen-negative Tumore sowohl lokalisations-spezifisch als auch global in ihrem Methylierungsmuster deutlich von Fusionsgen-positiven Tumoren unterscheiden. Weitere mechanistische Untersuchungen haben ergeben, dass dies durch eine erhöhte EZH2-Expression ihrerseits, bedingt durch eine verminderte miRNA26-Menge, verursacht wird. Die Verminderung der miRNA26 konnten wir auf eine Hypermethylierung ihrer genomischen Region zurückführen. Diese Erkenntnisse haben nicht nur eine Bedeutung für den Pathomechanismus von ca. 50% aller Prostata-Tumore an sich, sondern haben auch weitreichende Konsequenzen für die Therapiewahl. Weitere Experimente und Analysen werden zeigen, worauf die verstärkte Methylierung der miRNA26a Region beruht. Durch eine Integration unterschiedlicher Datensätze erhoffe ich mir des Weiteren Einblicke in die Tumorgenese zu erhalten, die dann eine Patienten-orientierte Diagnostik und Therpaie ermöglichen.
Genetic diseases, including monogenetic and complex diseases, represent one of our major health problems. Complex diseases comprise, among others, tumors, diabetes mellitus and Alzheimer’s disease. Until now technologies only enabled a very limited few of genomes; Sanger sequencing methods for examples resulted in sequences of up to 1000bp. With the development of high throughput sequencing (HTS) technologies the sequencing of complete genomes and epigenomes became feasible within days. Even though these technologies provide a real revolution in modern genetics, there is still a long way until the new knowledge is transferred to the clinics. Within my earliest work I have used, together with colleagues from the department of Medical Genetics at the Charité, HTS technologies to identify the causative mutation of a monogenetic autosomal recessive disease, the hyperphosphatasia mental retardation syndrome. Parallel to this work I adapted, together with my colleagues from the Max Planck Institute for Molecular Genetics, HTS technologies for clinical material: Within a worldwide first publication on this issue we showed that HTS can be performed on formalin fixed and paraffin embedded (FFPE) tissue material. This is the case for whole genome sequencing approaches, but also for targeted enrichment applications. In addition, we were able to minimize the required tissue material to biopsies extracted during endoscopies and we showed that the copy number alterations vary between different biopsies from the same tumor. After having addressed these technological questions I focused on the genomic analysis of colorectal tumors. Here, we were able to show that microsatellite instable tumors contain approximately eight times more mutations than their microsatellite stable counterparts. During my work I became more and more interested in epigenetic alterations in tumors. We used a methylated DNA immunprecipitation approach followed by HTS (MeDIP-Seq) to generate genome-wide profiles of more than 100 prostate normal and cancer tissues. We identified a large subgroup of cancers, the TMPRSS2-ERG fusion- negative tumors, which contain a significantly altered methylome. We were able to show that this is due to a decrease of miRNA-26a expression and a strong increase in EZH2 (enhancer of zeste homolog 2) expression. This finding has implications for the pathomechanism of the tumors, but also for potential therapeutic treatments. Besides the DNA methylation patterns we have large- scale mRNA and miRNA expression data for the same tissues at hand. An integration of these different data sets will hopefully lead to further insights into the tumorigenesis which will then hopefully result in a patient- centered diagnostic and therapy.