Die Glykokalyx ist eine dichte Schicht an der Zelloberfläche, die sich aus komplexen Kohlenhydratstrukturen zusammensetzt. Qualitative und quantitative Veränderungen des Glykosylierungsmusters der Zelloberfläche können genutzt werden, um bestimmte Stammzellpopulationen zu identifizieren, um die Differenzierungs einer Stammzelle (SZ) zu verfolgen sowie den Verlust des SZ- Status festzustellen, was von großer Bedeutung auf dem Gebiet der regenerativen Medizin sowie des Tissue Engineerings ist. In der vorliegenden Arbeit wurde eine einfache, schnelle, reproduzierbare und sensitive Methode zur Charakterisierung des N-Glykosylierungsprofils der Zelloberfläche etabliert und optimiert. Die häufig genutze Methode zur Analyse der N-Glykosylierung von Zellen besteht aus der Isolierung von Membranglykoproteinen, der einer enzymatischen N-Glykanfreisetzung folgt. Jedoch ist bei Anwendung dieser Methode der Anteil der N-Glykane vom High- Mannose-Typ relativ hoch, wobei diese vorwiegend aus intrazellulären Proteinen des endoplasmatischen Retikulums (ER) stammen können. Für die neu etablierte Methode, die direkt Glykopeptide der Zelloberfläche freisetzt, konnte mittels MALDI-TOF-MS eine Erniedrigung des Anteils an N-Glykanen vom High-Mannose-Typ von 90 % auf 10 % bestätigt werden. Zudem konnte die Sensitivität der Detektion sowie Quantifizierung der N-Glykane vom Komplex-Typ stark verbessert werden. Die Selektivität der neuen Methode wurde am Beispiel der Zelllinien HEK 293, CHO-K1, AGE1.HN und Hep G2 getestet. Die Ergebnisse zeigten, dass die N-Glykosylierung der Zelloberfläche der untersuchten Zelllinien strukturell die Hauptmerkmale der Glykoproteine aufwiesen, welche rekombinant in ihnen produziert werden. Unter Verwendung der neu etablierten Methode, wurde das N-Glykosylierungsmuster der Zelloberfläche von aus Knochenmark isolierten humanen mesenchymalen Stammzellen (MSZn) und den aus ihnen adipogen, chondrogen sowie osteogen differenzierten Zellen mittels MALDI-TOF-MS und CE- LIF untersucht. Darüberhinaus wurden zur Bestätigung der gefundenen Strukturen Exoglykosidaseverdaus des Gesamt-N-Glykanpools sowie Fragmentierungen der N-Glykansignale über MALDI-TOF/TOF-MS Analysen durchgeführt. Analog wurde verfahren, um das N-Glykosylierungsmuster der Zelloberfläche von humanen embryonalen Stammzellen (ESZn) vor und nach ihrer Differenzierung in Hepatozyten-ähnliche Zellen zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigten, dass das N-Glykom von adipogen differenzierten MSZn im Vergleich zu undifferenzierten MSZn eine deutlich geringere Fucosylierung sowie Antennarität aufweist. Aufgrund eines signifikant erhöhten Anteils werden die N-Glykane H6N5F1 und H7N6F1 als potentielle Glykan-basierte Stammzellmarker für undifferenzierte MSZn sowie H3N4F1 und H5N4F3 für adipogen differenzierte MSZn vorgeschlagen. Das N-Glykosylierungsprofil der Zelloberfläche von chondrogen differenzierten MSZn vor und nach Isolierung aus ihrer extrazellularen Matrix (EZM) wurde untersucht und mit dem Profil undifferenzierter MSZn verglichen. Die Ergebnisse zeigten einen erhöhten Anteil von High-Mannose-Typ Strukturen sowie einen geringeren Anteil von Komplex-Typ N-Glykanen in chondrogen differenzierten MSZn mit EZM. Im Falle des Nichtvorhandenseins der EZM wird die Differenzierung von einem erhöhten Anteil biantennärer N-Glykane begleitet. Im Vergleich zu den undifferenzierten MSZn wies das N-Glykanprofil chondrogen differenzierter MSZn eine geringere Antennarität auf. Es wurden N-Glykane mit Fucosen (Fuc) detektiert, die am N-Acetylglucosamin des reduzierenden Endes der Kernstruktur (core-Fucosylierung) oder an den Antennen gebunden vorlagen (LewisX Epitope). Die triantennären N-Glykane H6N5F1 und S1H6N5F1 sowie tetraantennären Strukturen H7N6F1, S1H7N6F1 und S2H7N6F1 werden als potentielle Glykan-basierte Biomarker für undifferenzierte MSZn vorgeschlagen. Zudem werden die biantennären N-Glykane S1H5N4F2 und S2H5N4F1 als potentielle Glykan-basierte Biomarker für chondrogen differenzierte MSZn vorgeschlagen, die aus ihrer EZM isoliert waren. Die biantennären Strukturen H3N4F1, H4N4F1 und H4N4F2 werden als Glykan-basierte Biomarker für chondrogen differenzierte MSZn mit EZM vorgeschlagen. Die osteogene Differenzierung von MSZn wurde begleitet von einem erhöhten Anteil biantennärer N-Glykane. Zudem war die Antennarität der N-Glykosylierung der Zelloberfläche osteogen differenzierter MSZn geringer. Der Anteil fucosylierter Strukturen war nach der Differenzierung erhöht und bestand hauptsächlich aus core-fucosylierten N-Glykanen. Als potentielle Glykan-basierte Biomarker für osteogen differenzierte MSZn werden die biantennären Strukturen H4N4F2, H5N4, H5N4F1, S1H5N4 und S1H5N4F1 vorgeschlagen. Das N-Glykosylierungsprofil undifferenzierter ESZn und den aus ihnen differenzierten Hepatozyten-ähnlichen Zellen war signifikant unterschiedlich. ESZn enthielten einen höheren Anteil an N-Glykanen vom High-Mannose-Typ wohingegen N-Glykane vom Komplex-Typ, wie zum Beispiel bi- und triantennäre Strukturen, dominant vertreten waren in Hepatozyten-ähnlichen Zellen. Zudem waren in den Hepatozyten-ähnlichen Zellen vollgalactosylierte Strukturen viel häufiger vertreten als in undifferenzierten ESZn. Das GalNAc Epitop konnte als strukturell charakteristisch in Hepatozyten-ähnliche Zellen nachgewiesen werden. Basierend auf den Ergebnissen wurden die High-Mannose-Typ N-Glykane H6-9N2 und die Komplex-Typ N-Glykane H4N4F1 und H3N5F1 als potentielle Glykan-basierte Biomarker für humane ESZn vorgeschlagen. Die biantennären N-Glykane H5N4, H5N4F1, H5N4F2, S1H5N4, S1H5N4F1 und S2H5N4F2 sowie die triantennären Strukturen H6N5F1 und S1H6N5F1 wurden als potentielle Biomarker für Hepatozyten-ähnliche Zellen vorgeschlagen.
The glycocalyx is a dense cell surface layer composed of complex carbohydrate structures. Qualitative and quantitative changes of the cell surface N-glycosylation pattern can be used to identify stem cell (SC) populations, to monitor SC differentiation as well as the loss of the SC status, which is of high relevance in the field of regenerative medicine and tissue engineering. In this study, a simple, rapid, reproducible and sensitive method to profile cell surface N-glycosylation was established and optimised. The common procedure involves the isolation of membrane (glyco)proteins, which is then followed by an enzymatic N-glycan release. However, this method yields a major proportion of high-mannose N-glycans that may stem from intracellular proteins derived from the endoplasmic reticulum (ER). With the new method, that directly releases cell surface (glyco)peptides, a decrease of the amount of high-mannose N-glycans from 90 % to 10 % was verified using MALDI-TOF-MS. At the same time, the detection sensitivity and quantification of complex-type N-glycans was drastically improved. The selectivity of the new method was tested by applying it to the cell lines HEK 293, CHO-K1, AGE1.HN and Hep G2. The data revealed that the cell surface N-glycosylation of these cells displays the main glycan features that are found on recombinant glycoproteins produced from these cell lines. Using the new method, the cell surface N-glycosylation pattern of human bone marrow mesenchymal stem cells (MSCs) and their adipogenically, chondrogenically as well as osteogenically differentiated progeny was investigated and verified using MALDI-TOF-MS and CE-LIF in combination with exoglycosidase digestions and MALDI-TOF/TOF fragmentation analysis. The same was done to profile the cell surface N-glycosylation pattern of human embryonic stem cells (ESCs) before and after their differentiation into hepatocyte-like cells. The results showed that the N-glycome of adipogenically differentiated MSCs was clearly less fucosylated and branched than the one of undifferentiated MSCs. Due to their significantly increased amount, N-glycans like H6N5F1 and H7N6F1 are proposed as candidate MSC markers for undifferentiated MSCs and N-glycans like H3N4F1 and H5N4F3 as potential markers for adipogenically differentiated MSCs. The N-glycosylation profile of chondrogenically differentiated MSCs was investigated before and after isolation from their extracellular matrix (ECM) and compared to the profile of undifferentiated MSCs. The data revealed that they contained more high-mannose and less complex N-glycans when their ECM was present. Differentiation was accompanied by an increased amount of biantennary N-glycans when the ECM was absent. Cell surface N-glycosylation of chondrogenically differentiated MSCs was generally less branched than the one of undifferentiated MSCs. N-glycans were found to contain core-linked fucose (Fuc) as well as LewisX epitopes. The triantennary N-glycans H6N5F1 and S1H6N5F1 as well as tetraantennary structures H7N6F1, S1H7N6F1 and S2H7N6F1 were proposed as glycan-based biomarkers for undifferentiated MSCs. The biantennary structures S1H5N4F2 and S2H5N4F1 are proposed as glycan-based biomarkers for chondrogenically differentiated cells without ECM and the biantennary N-glycans H3N4F1, H4N4F1 and H4N4F2 for chondrogenically differentiated cells with ECM. Osteogenic differentiation of MSCs was accompanied by an increased amount of biantennary structures. In addition, cell surface N-glycosylation was less branched in osteogenically differentiated MSCs. Furthermore, the amount of fucosylated structures increased with differentiation and contained mainly core-linked Fuc residues. The biantennary structures H4N4F2, H5N4, H5N4F1, S1H5N4 and S1H5N4F1 were proposed as glycan-based biomarkers for osteogenically differentiated cells. The N-glycosylation profiles of undifferentiated ESCs and hepatocyte-like cells were qualitatively and quantitatively significantly different. ESCs contained a high amount of high-mannose N-glycans. In contrast, complex-type N-glycans such as biantennary and triantennary N-glycans were dominant in hepatocyte-like cells and fully-galactosylated structures were much more abundant than in undifferentiated ESCs. In addition, the GalNAc epitope was detected in hepatocyte-like cells. High-mannose-type N-glycans of the form H6-9N2 and the complex-type N-glycans H4N4F1 as well as H3N5F1 were proposed as glycan-based biomarkers for human undifferentiated ESCs. The biantennary N-glycans H5N4, H5N4F1, H5N4F2, S1H5N4, S1H5N4F1 and S2H5N4F2 as well as the triantennary structures H6N5F1 and S1H6N5F1 were proposed as glycan-based biomarkers for hepatocyte-like cells.