Die vorliegende Arbeit untersucht die Bedeutung von subjektiven Krankheitstheorien für die Lebensqualität und Depressivität von Tumorpatienten im peri- und postoperativen Zeitraum von einem halben Jahr. Theoretische Grundlage bildete das Common Sense Model of Illness Representation von Leventhal und Kollegen, in dem ein linearer kausaler Zusammenhang zwischen subjektiven Krankheitstheorien, Bewältigungsverhalten und krankheits- bzw. emotionsbezogenen Kriteriumsvariablen vorgeschlagen wird. Die Arbeit wurde im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojektes "Krankheitsverarbeitung, perioperativer Stress und die Lebensqualität von Tumorpatienten und ihren Angehörigen" angefertigt. An der Studie nahmen chirurgische Stationen von drei Kliniken des Tumor Zentrums Berlin teil. Die Stichprobe umfasste 156 Patienten, die mit dem Verdacht auf einen Tumor im Gastrointestinaltrakt oder der Lunge operiert wurden und zu drei Messzeitpunkten (T1 - 3 Tage vor der Tumoroperation, T3 - einen Monat danach, T4 - ein halbes Jahr nach der Operation) einen Fragebogen ausgefüllt hatten. Die vom Patienten erwartete Krankheitsdauer und die wahrgenommene Kontrolle änderten sich über die Zeit. Zugrunde gelegte Erwartungen des Patienten zur Krankenhausverweildauer unterschieden sich nicht von der tatsächlichen Verweildauer. Zwischen den Differentialdiagnosen traten bedeutsame Unterschiede auf. Die Rangreihe der bevorzugten Kausalattributionen änderte sich über die drei Messzeitpunkte nicht: Schicksal, Stress und Umweltverschmutzung wurden am häufigsten genannt. Auf Vererbung, Verhalten, Gottes Wille und Charakter attribuierten die Betroffenen seltener. Eine signifikante Zunahme über die Zeit zeigte sich für diejenigen Attributionen, die medizinisch relevant sind: Stress, Umweltverschmutzung, Vererbung und eigenes Verhalten. Die Ergebnisse der Arbeit bestätigten weitgehend Leventhal's Common Sense Model of Illness Representation und zeigten, dass subjektive Krankheitstheorien einen grundlegenden Einfluss auf die Auswahl des Bewältigungsverhaltens und auf die Lebensqualität und Depressivität haben. Während wahrgenommene Kontrolle zu T1 sich vermittelt durch positive Umdeutung (T3) auf Lebensqualität und Depressivität zu T4 auswirkte, zeigten sich für die erwartete kurze Erkrankungsdauer zu T1 stärkere direkte Pfade zur Lebensqualität und zur Depressivität zu T4. Die mediierte Beziehung von erwarteter kurzer Erkrankungsdauer über die positive Umdeutung (T3) wurde danach schwächer und für den Einfluss auf die Depressivität und Lebensqualität nur noch marginal signifikant. Dieser Zusammenhang konnte auch dann noch nachgewiesen werden, wenn für das Ausgangsniveau von Lebensqualität und Depressivität (T1) kontrolliert wurde. Die Befunde können wegweisend in der medizinischen Praxis im Umgang mit Patienten mit einer Tumorerkrankung sein. Eine geeignete patientenzentrierte und krankheitsbezogene Aufklärung durch den Arzt kann subjektive Krankheitstheorien der Patienten maßgeblich beeinflussen und sich durch adaptives Bewältigungsverhalten günstig auf das emotionale Wohlbefinden und die Lebensqualität auswirken.
This study examines the importance of illness representation for the quality of life (QoL) and emotional well-being of cancer patients after surgery. The studies' theoretical background is Leventhal and colleagues' Common Sense Model of Illness Representation, which proposes a linear causality between subjective illness representations, coping, and physical or emotional outcomes. The study is part of a interdisciplinary project entitled "Berlin Longitudinal Study on Quality of Life after Tumor Surgery". Surgical wards from three clinics of the Berlin Tumor Centre participated in the project. The sample consisted of 156 patients who had undergone surgery for either gastro- intestinal or lung cancer, or the suspicion of having such a cancer, and who participated in the study at three measurement points (T1: one - three days prior to surgery, T3: one monthand T4: six months after surgery). Patients expected illness duration and their perceptions of control changed over time. Although actual and expected times in hospital were the same, differences were found between various cancer diagnoses. The ranking of various causal attributions did not change over the three measurement points. Patients believed that fate, stress, and environmental pollution had the most causal effects on the development of their cancer. In contrast, patients scarcely believed that heredity, their own behavior, good will or their personality had a causal effect. The strength of beliefs that were highly relevant from a medical point of view, i.e. stress, environmental pollution, heredity and own behavior, increased significantly over time. The results of the study strongly support the assumptions of Leventhals? Common Sense Model of Illness Representation, and show that lay theories of illness have a substantial influence on coping response, perceived QoL and depression. While perceived control (T1) predicted QoL and depression (T4) mediated by positive reframing (T3), the expectancy of a short illness duration at T1 revealed a direct path to QoL and depression at T4. This result remained stable when controlling for initial values for QoL and depression at T1. The findings of the study can be of benefit for interactions between medical staff and cancer patients. Physicians and other medical professionals may become aware that their communication with the patient influences her or his concept of their illness, and consequently their coping response, emotional well being and QoL.