Die in den letzten Jahrzehnten wachsende Popularität an westlich-säkularen Achtsamkeitsprogrammen wird von Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen häufig kritisiert. In dieser Argumentationslinie gilt Achtsamkeit als Inbegriff einer neoliberalen und kapitalistischen Selbsttechnik. Diese – durchaus be-rechtigte – funktionalistische Kritik lässt jedoch außer Acht, dass Achtsamkeit zunehmend genutzt wird, um einem solchen, auf Wachstumslogik basierenden Optimierungsdruck zu entkommen. Anhand unse-rer umfangreichen empirischen Feldforschung zeigen wir daher, wie Achtsamkeit als eine Antwort auf gegenwärtige Krisen und gesellschaftlichen Wandel verhandelt wird und inwiefern dieses Phänomen als symptomatische, kulturelle Gegenwartserscheinung verstanden werden kann. Aus unseren ethnogra-fischen Daten aus teilnehmender Beobachtung in Achtsamkeitskursen und Interviews mit Achtsamkeits-lehrerInnen sowie der Analyse von einschlägiger Literatur können wir empirisch fundiert vier Parado-xien der Achtsamkeit rekonstruieren. Anhand dessen zeigen wir, inwiefern sich die breite Anschlussfä-higkeit und Popularität des Programms darin begründet, dass sie in ihrer Anwendung genauso paradox ist wie die gesellschaftlichen Problemlagen, auf die sie eine Antwort zu sein verspricht.
Social and cultural scholars have frequently criticized the rising popularity of Western secular mindful-ness programs. According to this perspective, mindfulness is seen as the ultimate example of a self-technique aligned with neoliberalism and capitalism. However, this functionalist critique, while valid, overlooks an important aspect: the growing use of mindfulness to alleviate the burden of constant opti-mization driven by a growth-oriented mindset. Through extensive empirical field research, we demon-strate how mindfulness is negotiated as a response to current crises and social change, and to what extent this phenomenon can be understood as a symptomatic cultural manifestation of the present. Drawing on our ethnographic data from participant observation in mindfulness courses, interviews with mindfulness trainers, and analysis of relevant literature, we empirically reconstruct four paradoxes of mindfulness. Based on this, we illustrate how the broad applicability and popularity of the program are grounded in the fact that its implementation is as paradoxical as the societal issues it promises to address.