Die terrestrische Wärmestromdichte (q) ist eine Basisgröße für die geothermische Charakterisierung eines Gebietes. Der Wert von q beinhaltet dabei Informationen über die thermische Struktur der Lithosphäre und die stoffliche Zusammensetzung der Kruste. Der bisherige Kenntnisstand zu q im Nordostdeutschen Becken (NEDB) ist in Karten festgehalten, für die jedoch weder die dargestellten Werte noch ihre regionale und lokale Verteilung wissenschaftlich dokumentiert sind. Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher eine Neubestimmung und eine Neubewertung von q im NEDB. Q kann unter konduktiven und stationären Bedingungen durch den Temperaturgradienten eines Tiefenintervalls und seine repräsentative Wärmeleitfähigkeit (WLF) bestimmt werden. Während der Temperaturgradient aus Messungen der Gebirgstemperatur in Bohrungen berechnet werden kann, wird die WLF in der Regel aus Labormessungen an Gesteinen bestimmt. Zusammen mit der radiogenen Wärmeproduktion der überlagernden Abfolgen kann q an der Oberfläche (qs) berechnet werden. In dieser Studie wurde q an tiefen Bohrungen der Erdöl- und Erdgasexploration aus den Jahren 1962-1990 bestimmt. Aufgrund der Datenlage ergab sich eine Konzentration auf permische Einheiten, an denen petrophysikalische Messungen durchgeführt wurden und q berechnet wurde. Labormessungen der WLF sind an 363 Kernproben unter trockenen und saturierten Bedingungen durchgeführt worden. Die Variabilität der WLF innerhalb der untersuchten Lithotypen wird auf die jeweilige Fazies und Zementation sowie den jeweiligen Grad der Diagenese zurückgeführt. Auf der Grundlage der WLF der Lithotypen wurden Formationswärmeleitfähigkeiten in Abhängigkeit von den jeweiligen (Fazies-, Zementations- und Diagenese-) Bedingungen an der Bohrungslokation ermittelt. Die bestimmte WLF sowohl der Lithotypen als auch der Formationen ist dabei deutlich höher als bisher für die entsprechenden Gesteine bzw. Formationen des NEDB angenommen. Die radiogene Wärmeproduktion der Gesteine (A) wurde zum einen anhand direkter Messungen des U-, Th- und K-Gehaltes an 52 Gesteinsproben bestimmt. Zum anderen wurde A indirekt durch die Auswertung von Bohrlochmessungen ermittelt. Dafür mussten die vorliegenden Messungen der natürlichen Gammastrahlung (GR- Logs), die routinemäßig in alten Gammaeinheiten (GE) aufgezeichnet worden sind, in moderne API-Einheiten konvertiert werden. Die Konvertierung erfolgt mittels der empirischen Beziehung: GR[APIc]= 4,95433 × GR[GEc] - 27,24. Die aus den GR-Logs (in API-Einheiten) abgeleiteten A Werte der gesamten sedimentären Abfolge des NEDB betragen zwischen 1 bis 6 µW/m3 (4 µW/m3 im Mittel). Die Bestimmung von q wurde an 13 Bohrungslokationen durchgeführt und detailliert beschrieben. Mögliche Störungen des Temperaturfeldes werden berücksichtigt und Korrekturverfahren angewandt. Die Korrekturen beziehen sich auf das Anpassen der unter Raumbedingungen gemessenen WLF an die in-situ Temperaturbedingungen und auf die Berücksichtung thermischer Störungen, die auf den Bohrvorgang, auf Wärmebrechungseffekten an Salzstrukturen oder auf paläoklimatische Effekte zurückzuführen sind. Der allgemeine Fehler der Bestimmung von q wird mit 15 % angenommen. Der Wert von qs an den verschiedenen Lokationen beträgt zwischen 70-90mW/m2 (Mittelwert: 77 mW/m2). Es wird gezeigt, dass sowohl unterschiedliche magmatische Abfolgen an der Beckenbasis als auch die (in Abhängigkeit von ihrer Lage im Becken und ihrer Nähe zu Salzstrukturen) unterschiedlich ausgebildeten mesozoischen und känozoischen Sedimente zu einer Differenzierung von qs beitragen. Die qs Werte dieser Arbeit stimmen nicht mit dem Verteilungsmuster früherer qs Kartenwerke überein. Um die thermischen Auswirkungen unterschiedlicher Vorstellungen zur Zusammensetzung der Kruste und der Mächtigkeit der Lithosphäre abschätzen zu können, wurden stationäre 2D Modellierungen der thermischen Lithosphäre durchgeführt. Dabei können verschiedene Annahmen zur Zusammensetzung und Mächtigkeit die an den Bohrungen bestimmten qs Werte erklären. Die Schwereanomalie von Pritzwalk, welche durch dichte mafische Gesteine verursacht wird, bildet sich aufgrund der geringen Wärmeproduktion der Gesteine vermutlich auch als thermische Anomalie ab. Die fehlende Kenntnis der tieferen Struktur der Kruste im NEDB erschwert die petrologische und thermische Interpretation, so dass sich ein Bedarf an detaillierter krustaler Forschung ergibt. Die Ergebnise der Modellierungen werfen auch die Frage auf, ob die bestimmten (und modellierten) qs Werte thermisch transiente Bedingungen widerspiegeln.
The investigation of heat flow is one of the prerequisites for modeling the thermal structure of sedimentary basins and allows the determination of its geodynamic state as well as the composition and structure of the basement. Although maps of the surface heat flow in the Northeast German Basin (NEGB) are published, our knowledge of this parameter is rather flaw. With this work a well-founded determination and evaluation of heat flow in the NEGB are presented for the first time. Under conductive and stationary conditions heat-flow density (q)is calculated as the product of temperature gradient of a depth interval and its representative thermal conductivity. Therefore, the thermal conductivity of the rocks must be known, and temperature measurements must be available. The surface heat flow (qs) then can be calculated adding to this q the amount of heat generated by the radiogenic elements of the overburden. Deep boreholes, drilled in the course of oil and natural gas exploration, particularly in the years 1962-1990, were used in this study for the determination of q. Due to the targets of drilling and coring the depth intervals examined were predominantly in Permian rocks (Permocarboniferous magmatites and Permian sediments). Laboratory-derived thermal conductivity (TC) was determined in 363 core samples in dry and saturated conditions. The variability of TC within the lithotypes is related to facies, cementation, and degree of diagenesis. Based on the TC of lithotypes, the TC value of formations was estimated taking into account the respective facies conditions in the particular borehole. The TC of lithotypes and formations have higher values than previously supposed and used in modelings of the NEGB. Heat production (A) of rocks was determined on the one hand by direct measurement of the content of U, Th, and K in 52 rock samples and on the other hand indirectly by evaluating borehole measurements. In order to do so, total gamma-ray intensity logs (GR logs) recorded in older gamma units (GE) were converted to modern API units using an empirical equation: GR[APIc]= 4.95433 × GR[GEc] - 27.24. The A value for the entire sedimentary succession of the NEGB calculated from GR logs (using API units) amounts to 1-6 µW/m3 (4 µW/m3 on average). The determination of q is accomplished and described in detail for 13 borehole locations. Possible disturbances were considered, and different correction procedures were applied. The corrections comprise the in-situ temperature correction of TC measured under room conditions, the corrections of temperature disturbances caused by the drilling process, corrections of lateral heat refraction at salt structures, and corrections of palaeoclimatic effects. The determined q values show an uncertainty, which is assumed to be approximately 15% for all locations. The qs values range between 70-90 mW/m2 (average value: 77 mW/m2). It is shown that both, different magmatic successions at the basin basis and the different Mesozoic and Cenozoic deposits (depending on the situation in the basin and the positioning relative to the adjacent salt structures) affect a differentiation of qs. The qs values of this study do not coincide with the distribution pattern of former qs maps. In order to investigate the thermal consequences of different assumptions of structure and composition of the crust and the lithosphere, 2D sections were modelled under steady-state conditions. Variable compositions of the crust and different thicknesses of the lithosphere could explain the determined qs values. It is assumed that the Pritzwalk gravity anomaly of dense rock with less heat production causes a negative thermal anomaly at the surface. Without a better knowledge of the deeper underground of the NEGB it cannot be estimated as to which parts the determined mean q depends on a high heat production of the crust or a high mantle heat flow. It also cannot be ascertained whether the assumption of a thermal stationary regime, which represents a substantial part of the computations, is justified for the NEGB.