Die Fähigkeit zur enzymatischen Spaltung von Azofarbstoffen in primäre aromatische Amine ist unter typischen Stämmen der menschlichen Hautflora weit verbreitet. In den hier verwendeten in-vitro Modellen wurden sowohl für Mono- als auch Diazoverbindungen, wasserlösliche als wasserunlösliche Verbindungen die Freisetzung des primären aromatischen Amins nachgewiesen. Die Ergebnisse der Untersuchung der durch die Kosmetik-Verordnung zugelassenen Azofarbstoffe geben Anlass, die Verwendung von mindestens drei der vier Farbstoffe dringend zu überdenken, da aus ihnen Spaltprodukte entstehen können, die im Verdacht stehen, krebsauslösend zu wirken5,6. Weiterhin unterstreichen die Messergebnisse, dass das für eine Reihe von Azofarbstoffen bereits in Kraft getretene Verbot der Verwendung in Bekleidungsgegenständen aus Textilien und Leder, das Verkehrverbot für damit behandelte Bedarfsgegenstände und die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen der Überwachung zum Schutz des Verbrauchers sinnvoll und notwendig sind. Azofarbstoffe können prinzipiell bereits unter aeroben Bedingungen durch die Mikroorganismen gespalten werden. Unter anaeroben Bedingungen läuft die Azospaltung deutlich schneller ab, für einige der hier getesteten Farbstoffe waren die Spaltprodukte erst bei Inkubation unter anaeroben Bedingungen nachweisbar. Das von Platzek und Lang entwickelte und im Rahmen dieser Arbeit optimierte Standard-Experiment eignet sich, um Messergebnisse von sehr guter intra-day-Reproduzierbarkeit aufzunehmen. Eine Reproduzierbarkeit der Ergebnisse von Arbeitsgang zu Arbeitsgang ist aufgrund der Komplexität eines biologischen Systems und der Vielzahl der auf das Endergebnis einwirkenden Parameter mit der derzeitigen Versuchsanordnung nicht zu erzielen. Innerhalb eines Arbeitsgangs ist es jedoch möglich, durch gezieltes Variieren bestimmter Parameter deren Einfluss auf den Verlauf der Azospaltung zu beleuchten. Zwischen der Konzentration des Farbstoffs im Assay und der Menge des freigesetzten Amins besteht im unteren Konzentrationsbereich eine eindeutige lineare Korrelation. Nach Erreichen einer bestimmten Sättigungskonzentration bewirkt die weitere Erhöhung der Farbstoff-Konzentration keine zusätzliche Beschleunigung der Freisetzungs- Reaktion. Bei anaerober Inkubation unter Substratsättigung besteht eine lineare Korrelation zwischen der Zahl der Bakterien im Assay und der Menge des freigesetzten Amins. Wird durch die Stoffwechseltätigkeit der Bakterien die Farbstoff-Konzentration im Assay unter die Sättigungsschwelle gesenkt, so nimmt die Geschwindigkeit der Freisetzung ab. Ein gleichzeitig ablaufender Abbau des Amins bewirkt in vielen Fällen, dass sich die Freisetzung und Abbau des Amins gegenseitig kompensieren und sich dessen Konzentration im Assay nicht mehr ändert. Der zeitliche Verlauf der Freisetzung der Amine hängt vom Angebot an Farbstoff, dem Zutritt von Sauerstoff sowie der Reaktionsfreudigkeit der Amine ab. Unter aeroben Bedingungen lässt sich z.T. eine Freisetzung gemäß Kinetik 0. Ordnung beobachten. Unter anaeroben Bedingungen und bei Substratsättigung nimmt die Reaktionsgeschwindigkeit im Verlauf der Reaktion in der Regel zu. Eine Verarmung des Assays an Substrat kann zu abnehmenden Reaktionsgeschwindigkeiten führen. Eine rückläufige Amin- Konzentration im Assay wurde jedoch nur für die reaktionsfreudigen Vertreter 4-Aminoazobenzen (weitere reduktive Spaltung) und 2,4-Diaminotoluol (oxidationsempfindlich) beobachtet. Das in vitro Modell ist zur Anwendung auf weitere Farbstoffe geeignet, z.B. um im Sinne eines worst-case-Versuches Azofarbstoffe, die aus Proben von Bekleidungs-Gegenständen isoliert wurden, darauf zu untersuchen, ob sie grundsätzlich einer mikrobiellen Spaltung zugänglich sind, die in der Freisetzung evtl. krebserzeugender primärer aromatischer Amine resultieren könnte. Für eine Fortsetzung der Arbeiten gibt es zwei wichtige Ansätze. Zum einen könnten die bislang in vitro kultivierten Testkeime auf künstliche bzw. von Versuchtieren gewonnene Haut aufgebracht und in ein Resorptions-Modell integriert werden, um das tatsächliche Verhalten von Azofarbstoffen auf der menschlichen Haut besser abschätzen zu können. Zum anderen sollten das oder die beteiligten Enzyme aus den Zellen isoliert werden, um in den Arbeiten mit dem isolierten Enzym besser reproduzierbare Daten zur Kinetik der Umsetzung zu gewinnen, Einblick in die Struktur und Struktur-Wirkungs-Beziehungen sowie die physiologische Rolle der Enzyme zu gewinnen.
The enzymatic cleavage of azo dyes is a metabolic ability, common among bacteria strains isolated from the human skin microflora. Using the described in-vitro model, release of primary aromatic amines was detected, both from mono and diazo compounds, water-soluble and water-insoluble azo dyes. According to the results of this investigation, the use of at least 3 of the 4 azo dyes currently approved for use in cosmetics under German legislation should be reconsidered, as they have been demonstrated to release, by enzymatic cleavage, aromatic amines, which are suspected to be carcinogenic. A large number of azo dyes is already prohibited to be used in textiles or leather intended for prolonged contact with human skin. Clothing and similar products containing these dyes may no longer be marketed under European and German legislation. Our results confirm that this prohibition of use as well as the continued investigations to monitor and thereby enforce compliance with this legislation are necessary. In general, reductive cleavage of azo dyes may already occur under aerobic conditions. Under anaerobic conditions, this reaction is significantly accelerated. For some of the dyes tested, cleavage products were only detectible under anaerobic conditions. The in vitro model, developed by Platzek and Lang and optimised during this work, is able to produce quantitative results with high intra-day reproducibility. Using the current experimental set-up, inter-day reproducibility of the quantitative results could not be achieved due to the complexity of biological systems and the variety of parameters that influence the amount of amine released by reductive cleavage. However, working with assays from an identical population of bacteria, it is possible to systematically vary certain parameters and thereby, study their influence on the reductive azo cleavage. Within the lower range of concentration, there is a linear correlation between the concentration of the dye and the amount of amine released. Above a certain concentration, however, saturation of the enzyme is achieved and further increase of the dye concentration does not result in an accelerated release of amine. Under anaerobic conditions and as long as the enzyme was saturated with substrate (azo dye), there was a linear correlation between the number of bacteria in the assay and the amount of released amine. When the concentration of dye was decreased below the level of saturation, the release of amine was decelerated. In some cases, ongoing release and further metabolic reactions of the amine compensated each other, resulting in a steady-state. The kinetics of amine release are dependent upon the concentration of dye (substrate), the presence or absence of oxygen and possibility of further metabolisation of the amine. Under aerobic conditions, cases of amine release, following zero order kinetics were demonstrated. Under anaerobic condition and when a sufficient amount of azo dye was present, the release of amine was often accelerated over the course of continued incubation. In contrast, a significant decrease of dye concentration did result in a decelerated amine release. However, a decrease of amine concentration in the assay was only observed when the particular amine was sensitive to further metabolic reactions such as oxidation of 2,4-diaminotoluene or reductive cleavage of 4-aminoazobenzene. The in-vitro model may be used as a worst case experiment with further azo dyes, including dyes isolated from consumer products, to investigate whether or not these particular dyes may release aromatic amines, i.e. suspected carcinogens, by reductive cleavage. There are two promising approaches to continue the research on reductive cleavage by skin bacteria. The strains which have been used in this in vitro model could be grown on artificial skin or samples of animal skin and thereby, integrated into a resorption model in order to learn more about the cleavage of azo dyes and subsequent resorption of aromatic amines under in vivo conditions. Furthermore, the enzyme or enzymes responsible for reductive azo cleavage of should be isolated. Experiments with the isolated enzyme are likely to yield more reproducible data on the kinetics of azo cleavage. Moreover, the enzyme?s structure, structure-activity- relationships and the physiological role of the enzyme could then be studied.