Genitaldeszensus und Inkontinenz gehören zu den häufigen Beschwerdebildern in der Gynäkologie. Sie können unabhängig voneinander, aber auch vergesellschaftet auftreten und können mit einem erheblichen Leidensdruck der Patientinnen einhergehen. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, in wieweit die derzeit existenten Strukturen im Gesundheitswesen der Bewältigung neuer Aufgaben im Management der großen Erkrankungszahlen gerecht werden können. Ein Fragebogen wurde für diese Arbeit erstellt und an gynäkologische Praxen in Berlin versand. Mit einer Untersuchung der Ist-Situation sollten objektive und subjektive Grenzen bei Diagnostik und Therapie unter Berücksichtigung der gerätetechnischen Ausstattung und Subspezialisierung betrachtet werden. Es erfolgte eine Analyse der Realität in den Praxen gemessen am derzeitigen Stand der verfügbaren und in Leitlinien und Empfehlungen internationaler Organisationen beschriebenen validen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten im Management der Beckenbodenerkrankungen. 248 Praxen wurden auf postalischem Weg angeschrieben und schriftlich um die Teilnahme an der Umfrage gebeten. Jeweilige Unterschiede in der Beantwortung der Fragen wurden mittels Chi-Quadrat Test auf Signifikanz überprüft. Eine Signifikanz wurde ab einem P-Wert unter 0,05 angenommen. Ergebnisse: Eine Rücklaufquote von 31% wurde erreicht. 70 ausgefüllte Fragebögen konnten für die statistische Auswertung verwendet werden. Im Durchschnitt wird von den Ärzten eine Patientinnenzahl mit Beckenbodenerkrankungen pro Quartal von 59 angegeben. Der Median liegt bei 30 Patientinnen. Die absoluten Zahlen variieren dabei sehr deutlich zwischen 5 und 350. 97% der befragten Ärzte geben an, ihre Patientinnen immer auf das Vorhandensein einer Harninkontinenz anzusprechen. In 40% der Praxen nutzen die Ärzte in der klinischen Routineuntersuchung den Stresstest zur Beurteilung der Harninkontinenz. Im Rahmen ihrer Basisdiagnostik legen 33% aller Praxen Wert auf den Ausschluss eines pathologischen Restharns. 53% der befragten Praxen führen diese Diagnostik nur sporadisch und nicht zwingend durch und 14% halten diese Maßnahme bei Ihrer Diagnostik für nicht erforderlich. Die Perineal- bzw. Introitussonographie wird inzwischen in 37% der befragten Praxen in ein festes Abklärungskonzept einbezogen. Alle Ärzte, die unter einem Jahr in ihrer gynäkologischen Praxis tätig sind, nutzen häufig oder fast immer die Introitus- bzw. Perinealsonographie in der Diagnostik von Beckenbodenerkrankungen und/ oder Harninkontinenz. Signifikant ist, dass alle Ärzte, die nie eine Introitus- bzw. Perinealsonographie durchführen, länger als 10 Jahre niedergelassen sind. In 60 Praxen setzen die Ärzte nach anamnestisch und klinisch gesicherter Beckenbodenerkrankung die Diagnostik in der eigenen Praxis weiter fort. Beim Einsatz von Prodry-Kontinenz-Tampons ist ein signifikanter Unterschied zwischen Einzel- und Gemeinschaftspraxen ersichtlich. Bei Einweisung zur OP wird nach durchgeführter Basisdiagnostik von 64 Praxen eine Verdachtsdiagnose formuliert und die spezialisierte Diagnostik sowie die Entscheidung über das OP-Verfahren ausschließlich der Klinik überlassen. Die Mehrheit der Praxen (84%) ist gegenüber einer ambulanten Vorsprechstunde in der operierenden Einrichtung positiv eingestellt. Fazit: Die zumeist ausführlichen Antworten der Kollegen weisen auf ein generelles Interesse und auf die Akzeptanz hin, dieser Patientengruppe einen ihrer Prävalenz und der Notwendigkeit eines aktiven Angehens entsprechenden Stellenwert einzuräumen. Ein Paradigmenwechsel bei den niedergelassenen Kollegen beim Umgang mit solchen großen Indikationsgruppen ist zu spüren, da die Mehrheit der Kollegen versucht, sowohl Diagnostik und Therapie umfassend abzudecken – dabei aber auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit, ebenso wie die mit dem stationären Bereich (wieder-) zu beleben. Dieser Trend ist vorrangig bei den Kollegen im jüngeren Niederlassungsalter offenkundig. Wie aus den Antworten hervorging, kommt die Erfüllung des Anspruchs, jede Patientin an der entsprechenden Stelle mit den individuellen Bedürfnissen und Notwendigkeiten abzuholen, Stufendiagnostik zu betreiben, Verschlimmerung und Komplikationen des Leidens zu verhindern, Doppeluntersuchungen und unsinnige Indikationen zu vermeiden, auch im Einzelfall gezielte Überführungen in eine erweiterte, spezialisierte Diagnostik und Therapie zu veranlassen und eine dem Gesamtkonzept entsprechende, gut etablierte Zusammenarbeit mit den Kliniken bzw. verschiedenen Fachgebieten zu führen, in der Praxis dennoch viel zu kurz. Die Teilnahme an entsprechenden Weiterbildungen und folglich die praktische Umsetzung der validen Methoden in Diagnostik und Therapie im Sinne eines Qualitätsstandards ist in allen Aktionsbereichen, so auch im niedergelassenen Bereich gefordert.
Due to demographical changes the frequency of chronic diseases in the human populations of industrialised countries increased drastically over the past years. Recently also pelvic floor disorders, such as incontinence, became of higher interest of health care politics and economics and were recognized as so called widespread diseases. Being afflicted with a great taboo the most focused target is to initially take away the stigma of theses diseases. This study aims to shed light on the current concepts of diagnostics concerning pelvic floor disorders in German gynaecological surgeries. To this end the sight of general practicing gynaecologists on their role in determination, initiation of therapies and aftertreatment was to be investigated employing a questionnaire of 41 queries. The return rate of 31 % indicates a general interest in the therapeutic management of pelvic floor disorders. However in the majority of considered surgeries the number of patients with incontinence is still enormously underestimated regarding it being a world-wide political recognised widespread disease. In addition the individual data significantly vary, indicating the requirement of changes in the tenor of general practicing gynaecologists in order to establish a still missing clinical picture of pelvic floor disorders as central diseases with interdisciplinary aspects. Nevertheless the majority of gynaecologists state to broadly cover the required diagnostics and therapies, including the interdisciplinary collaboration and support of hospital treatment. Thus, an initial paradigm shift in the handling of such huge groups of patients is recognisable. This tendency becomes obviously especially with younger colleagues. Moreover, this study shows that economical and social aspects, such as age of the practicing gynaecologist, future concepts and mainly the current changes in health care politics in Germany strongly affect the individual stance on the general issue. Hence, in gynaecological surgeries the demand for a general standard ensuring an adequate and individual treatment for each patient with pelvic floor disease, including stepwise diagnostics, the avoidance of aggravation, difficulties as well as counterproductive examinations, the individual handover to hospital treatment, specialised diagnostics and therapies and a well-established interdisciplinary collaboration, is still not satisfying. However the majority of considered colleagues tends to favour and support such a basic concept.