Die Kompetenz, Modelle als Mittel der Veranschaulichung und als Mittel der Erkenntnisgewinnung wahrzunehmen und einzusetzen, ist ein zentraler Bestandteil eines elaborierten Wissenschaftsverständnisses und der naturwissenschaftlichen Grundbildung (scientific literacy). Empirische Studien über Modelle und über den Modellbildungsprozess zeigen, dass Schülerinnen und Schüler Modelle vorwiegend als Mittel der Veranschaulichung verstehen und somit eine mediale Sichtweise auf Modelle einnehmen. Das Potenzial von Modellen, als Mediatoren zu fungieren, die zwischen Theorie und Phänomen vermitteln, damit sich neue Erkenntnisse über Phänomene gewinnen lassen (methodische Sichtweise), wird bislang nicht umfassend wahrgenommen. Bei der Entwicklung einer medialen und methodischen Sichtweise auf Mo-delle helfen Kompetenzmodelle, die das entsprechende Konstrukt strukturieren und graduieren. Diese Kompetenzmodelle dienen Lehrkräften als Referenzrahmen für die Entwicklung von Fördermaßnahmen. Upmeier zu Belzen und Krüger (2010) entwickelten ein theoretisch begründetes Kompetenzmodell der Modellkompetenz, das die empirischen Befunde und die wissenschaftstheoretische Literatur zu Modellen integriert. Es ist in fünf Teilkompetenzen – Eigenschaften von Modellen, Alternative Modelle, Zweck von Modellen, Testen von Modellen und Ändern von Modellen – strukturiert und graduiert diese Teilkompetenzen in jeweils drei Niveaus. Eine empirische Überprüfung dieser Strukturierung und Graduierung steht jedoch aus. Auf der Basis einer solchen Überprüfung lässt sich beurteilen, inwiefern das Kompetenzmodell die Perspektiven von Lernenden angemessen reflektiert. Ergänzend dazu ermöglicht es Lehrkräften eine evidenzbasierte Entwicklung von Fördermaßnahmen. Dementsprechend stehen in der vorliegenden Arbeit die Operationalisierung des Kompetenzmodells der Modellkompetenz mit Aufgaben im offenen Antwortformat und, darauf aufbauend, die Analyse und Beschreibung der Modellkompetenz von Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I im Mittelpunkt. Auf dieser Grundlage wurden didaktische Anregungen für einen (modell-)kompetenzorientierten Unterricht aus den empirischen Analysen abgeleitet. Das Ziel, die Modellkompetenz der Lernenden zu analysieren und zu beschreiben, kann mit Aufgaben im offenen Antwortformat erreicht werden, deren Antworten valide als Indikatoren von Modellkompetenz interpretiert werden können. Deshalb erfolgte eine systematische und theoriegeleitete Operationalisierung, welche die Kriterien der Verständlichkeit und der Plausibilität des Aufgabenstamms, des Bezugs zur jeweiligen Teilkompetenz und der Repräsentation des Spektrums der jeweiligen Teilkompetenz berück-sichtigte. Für die fünf Teilkompetenzen wurden insgesamt 40 Aufgaben entwickelt. Diese wurden zunächst mit sieben Expertinnen und Experten der Didaktik der Biologie nach den genannten Kriterien diskutiert und in zwei Teilstudien mit zusammen N = 1 231 Schülerinnen und Schülern erprobt. Die Antworten und Kommentare der Lernenden wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Darüber hinaus dienten beide Teilstudien dazu, Kodierleitfäden für die einzelnen Teilkompetenzen zu entwickeln, die neben Hinweisen zur Kodierung auch ein Kategoriensystem pro Teilkompetenz umfassen. Diese Kategorien fassen ähnliche Perspektiven der Lernenden auf Modelle und auf den Modellbildungsprozess zusammen. Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigten, dass insgesamt fünfzehn Aufgaben im offenen Antwortformat (drei Aufgaben pro Teilkompetenz) die oben genannten Kriterien erfüllen und daher als Indikatoren von Modellkompetenz interpretierbar sind. Diese Aufgaben nehmen die kognitive Komponente von Modellkompetenz in den Blick und eignen sich dazu, verschiedene Perspektiven von Schülerinnen und Schülern auf Modelle und auf den Modellbildungsprozess zu erfassen. Somit können diese Aufgaben zur Überprüfung der inhaltlichen Struktur des Kompetenzmodells herangezogen werden. Für die Analyse und Beschreibung von Modellkompetenz wurde eine Quer- schnittsstudie mit N = 1 177 Schülerinnen und Schülern der siebten bis zehnten Jahrgangsstufe durchgeführt. Die so gewonnenen Daten wurden ebenfalls mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet, die Aufschluss über die Perspektiven der Lernenden auf Modelle und auf den Modellbildungsprozess gibt. Darauf aufbauend wurde geprüft, inwieweit das Kompetenzmodell der Modellkompetenz diese Perspektiven hinreichend beschreibt. Die Ergebnisse zeigten, dass für die Teilkompetenzen Alternative Modelle (nur ein Modell eines Originals), Testen von Modellen (Keine Testung des Modells) und Ändern von Modellen (Keine Änderung des Modells) empfohlen wird, ein zusätzliches basales Niveau zu berücksichtigen. Mit den Teilkompetenzen Eigenschaften von Modellen und Zweck von Modellen hingegen werden die Perspektiven der Lernenden umfassend beschrieben. Ergänzend dazu wurde anhand dieser Daten untersucht, ob sich bei den Lernenden dieser Stichprobe Besonderheiten in den Antwortstrukturen identifizieren ließen, um ein vertieftes Verständnis der Sichtweisen von Lernenden auf Modelle zu erhalten. Im Hinblick darauf konnten bei den Schülerinnen und Schülern dieser Stichprobe didaktisch orientierte Perspektiven (Verständlichkeit/Kommunizierbarkeit und Zugänglichkeit) identifiziert werden, die sich über alle fünf Teilkompetenzen und eine mediale und methodische Perspektive (bzw. Niveaus) erstrecken. Weiterhin zeigten die Befunde, dass bei Lernenden zwischen einem abstrakten und einem konkreten Modellverständnis unterschieden werden kann und dass das Parallelisieren von Modell und Original in den Teilkompetenzen Testen von Modellen und Ändern von Modellen zentral ist. In Bezug auf das Parallelisieren war auffällig, dass die Lernenden dies zum Teil ohne Berücksichtigung des Zwecks vornahmen. Gerade die Zweckgebundenheit spielt jedoch bei der Konstruktion von Modellen eine große Rolle und sollte beachtet werden. Über diese Analysen hinaus wurde geprüft, inwieweit der entwickelte Leis-tungstest auch in einem probabilistischen Ansatz einsetzbar ist. Dies ist insbesondere im Hinblick auf Projekte zur längsschnittlichen Entwicklung von Modellkompetenz bei Schülerinnen und Schülern sinnvoll, die mit dem hier entwickelten Leistungstest einen solchen Ansatz verfolgen. Für die Prüfung wurde im Rahmen der Item-Response-Theorie ein ordinales, mehrdimensionales Rasch-Modell, und zwar das Partial-Credit- Modell, verwendet. Es ist festzuhalten, dass ein Einsatz in einem probabilistischen Ansatz möglich ist, wenn weitere Aufgaben entwickelt werden oder der Test mit anderen Tests zur Modellkompetenz kombiniert wird. Auf diese Weise lässt sich das Fähigkeitsspektrum optimal abdecken. Die Befunde der Analysen weisen zudem darauf hin, dass die Graduierung insbesondere hinsichtlich der Teilkompetenzen Testen von Modellen und Ändern von Modellen zu diskutieren ist. Aus den Befunden zu den Perspektiven von Lernenden auf Modelle wurden didaktische Anregungen und Empfehlungen abgleitet. Diese schließen sowohl Möglichkeiten zur Erfassung von Modellkompetenz im Unterricht anhand eines Kompetenzrasters und Diagnosebogens ein als auch zwei konkrete Unterrichtskonzepte, die Anregungen dazu geben, wie die Modellkompetenz im Biologieunterricht bei Schülerinnen und Schüler der fünften und sechsten sowie der siebten und achten Jahrgangsstufe gefördert werden kann. Schließlich werden mit Blick auf anschließende Forschungsvorhaben unter anderem weiterführende Fragen bezüglich der Dimensionalität des Kompetenzmodells, der Bedeutung didaktisch orientierter Kategorien (Ver-ständlichkeit/ Kommunizierbarkeit und Zugänglichkeit) und der Bedeutung des Parallelisierens von Modell und Original diskutiert.
The competence of perceiving and implementing models as a means of illus- tration and gaining insights is a crucial element of an elaborated understanding of science and of scientific literacy. Empirical studies of models and the process of modelling have demonstrated that students predominantly perceive models as a means of illustration thus taking a medial perspective on models. So far, the potential of models regarding their function as mediators between theories and phenomena for the purpose of generating new insights into phenomena (methodical perspective) has not been properly explored. The development of a medial and a methodical perspective on models is sup-ported by competence models that structure and grade a respective construct. Teachers can use such competence models as a frame of reference for the development of interventions. Upmeier zu Belzen and Krüger (2010) developed a theoretically founded competence model of model competence that integrates science-theoretical approaches and empirical findings on models. Their competence model is structured by five aspects: nature of models, multiple models, purpose of model, testing models, and changing models; each of these five aspects is subdivided into three levels. This structuring and grading still lacks empirical evaluation, which would serve to assess whether the competence model adequately reflects the learners’ perspectives. Furthermore, it would provide teachers with evidence that can be useful in developing intervention measures. Accordingly, the present study focuses on an operationalisation of the competence model by means of open-end items and subsequent analysis and description of model competencies of lower secondary school students. Based on the empirical analyses didactic implications for a model competence orientated instruction can be made. The objective of analysing and describing the learners’ model competencies can be achieved by presenting open-end items if it is possible to interpret responses as valid indicators of model competence. Therefore, the operationalisation was systematic and theory-based, taking into account the criteria of comprehensibility and plausibility of items, reference to a respective aspect, and representation of the scope covered by an aspect (level I-III). In total, 40 items were developed to assess the five aspects of model competence. Initially, the items were discussed by seven experts on model competence, according to the criteria listed above. They were subsequently tested with two partial studies involving a total number of N = 1 231 students. Responses and comments from the learners were assessed using qualitative content analysis. Based on both partial studies, coding guides were developed for the five as- pects. Apart from providing coding information, the guides also contain a category system for each aspect. The categories comprise similar learner perspectives regarding models and the process of modelling. Findings from the study showed that altogether 15 open-end items (three items per aspect) meet the criteria given above. Therefore, they can be interpreted as indicators of model competence. These items take the cognitive component of model competence into perspective and they are suitable for the assessment of different student perspectives on models and the process of modelling. It is therefore possible to apply these items to a test of the content structure of the competence model. To analyse and describe model competence, a cross-sectional study was conducted involving N = 1 177 students from grades seven to ten. Data from this assessment were also subjected to a qualitative content analysis making it possible to get insights into students’ perspectives on models and the process of modelling. Based on this analysis, the research question on whether the competence model of model competence sufficiently and adequately describes these perspectives could be investigated. The results revealed that consideration of an additional basal level is recommended for the aspects of alternative models (only one model to one original), testing models (no testing of the model), and changing models (no change of the model). Regarding nature of models and purpose of models, the learners’ perspectives are comprehensively described. In addition, the data were analysed to find out whether learners from this sample showed particularities in response structure, to gain a deeper insight into learner perspectives on models. In this regard, didactically oriented per-spectives could be identified in students from the sample, i.e. intelligibil-ity/communication and accessibility, spanning all five aspects and medial and methodical perspectives (levels). The findings furthermore indicated that it is possible to distinguish between an abstract and a concrete understanding of models and that in the case of testing models and changing models, it is crucial to compare the model with the original. It is evident that in some cases students draw comparison without considering the model’s purpose. However, the construction of a model is always linked to a specific purpose. Moreover, it was tested in how far the developed achievement test would also be implementable in a probabilistic approach. This is particularly useful regarding projects that focus on the longitudinal development of student model competencies and pursue such an approach based on the developed test. Based on Item-Response-Theory an ordinal multi-dimennsional Rasch model was applied, i.e. the Partial-Credit Model. Accordingly, implementation in a probabilistic approach is possible if further items are developed or the test is combined with other tests assessing model competence. An optimal coverage of the scope of skills is thus possible. Furthermore, findings from the analyses indicate that grading is debatable particularly regarding the aspects of testing models and changing models. Didactic recommendations and suggestions were deduced from the findings on learner perspectives on models. On the one hand, possibilities of assessing model competence in instruction by means of a competence grid and diagnostic sheet were addressed. On the other hand, two concrete lesson concepts were suggested offering incentives for fostering model competence in biology lessons in the fifth and sixth form respectively seventh and eighth form. With regard to further research projects, the following aspects are also dis-cussed: further questions about the dimensionality of the competence model, the relevance of didactically oriented categories (intelligibility/communication and accessibility), and the meaning of comparing a model with an original.