Das hier vorgestellte Forschungsprojekt hat die Konzepte und Maßnahmen der westdeutschen Integrationsbemühungen ostdeutscher Flüchtlinge im Zeitraum vom Ende des zweiten Weltkriegs bis zur deutschen Wiedervereinigung zum Gegenstand. Die Integration ostdeutscher Flüchtlinge in die westdeutsche Gesellschaft war eines der wichtigsten Themen in der deutschen Innenpolitik und wurde durch die Anteilnahme der ganzen Gesellschaft möglich. Vor diesem Hintergrund verfolgt die vorliegende Untersuchung zwei Ziele: Zum einen sollen gesellschaftliche Integrationsbemühungen für ostdeutsche Flüchtlinge dynamisch aufgefasst werden. Dazu wird die Governance als theoretischer Ansatz herangezogen. Das heißt: Der Kooperationsmechanismus zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zum Zweck der Integration ostdeutscher Flüchtlinge wird als „Integrations-Governance“ aufgefasst, wobei die Einflüsse der Umwelt wie politischer, wirtschaftlicher und sozialer Lage mit bedacht werden. Zum anderen werden der Standpunkt der vorliegenden Arbeit und die daraus gewonnenen Untersuchungsergebnisse auf die Frage hin geprüft, inwieweit die deutschen Erfahrungen auf die Integrationsbemühungen Südkoreas für nordkoreanische Flüchtlinge übertragen werden könnten. Die Lage, in der sich Korea in Bezug auf die Integration befindet, ist in mancher Hinsicht (u.a. Doppelstatus der Flüchtlinge, Teilung der Landes) mit der Lage Deutschlands vergleichbar, so dass man aus der deutschen Integrationspolitik, deren Strategien und Integrationsmaßnahmen eine wertvolle Lehre für Korea ziehen könnte. Nach den Forschungsergebnissen sind fünf Punkte als Charakterzüge der deutschen Integrations-Governance bedeutsam. Sie sind, 1) wachsende Unterschiede der Eigenschaft der Zielgruppe: Nicht nur die Struktur wie Form, Zahl und Alter, sondern auch persönliches Motiv sowie Mentalität der ostdeutschen Flüchtlinge veränderten sich, 2) Stabilität im instabilen Umfeld: In Bezug auf die Struktur und Kommunikation behielt die deutsche Integration- Governance die Grundkonzepte sowie -maßnahmen bei, 3) Zivilgesellschaft als ein wichtiger Politik-Träger: Die Zivilgesellschaft u. a. die Spitzen- Wohlfahrtsverbände nahmen durch ihre einheitlichen Organisationen an dem Durchführungs- und Entscheidungsprozess der Regierung als Gesprächspartner teil, 4) die Institutionalisierung der vielfältigen Netzwerke: Verschiedene öffentliche und zivile Organisationen auf der Bundes-, Landes, Bezirks- und Kreisebene bildeten vertikale sowie horizontale Netzwerke, und 5) die Integration durch Qualifizierung: Das Konzept der deutschen Integrations- Governance war u. a. Berufsintegration, in der die Erwerbstätigkeit als die Grundlage der weiteren sozialen Integration vorausgesetzt wurde. Hierfür wurde die Qualifizierung als wichtiges Instrument befördert, aber sie allein garantierte den Migranten nicht automatische Arbeitsplätze, musste also durch weitere Maßnahmen ergänzt werden. Abschließend wird die Übertragbarkeit der deutschen Erfahrungen mit der Integrations-Governance auf Korea versuchsweise angetastet.
This research explores the West-German concepts and instruments relating to the integration of East German refugees from the end of World War II to the German reunification. The integration of East German refugees into the West German society was one of the most important topics in the German domestic politics and became possible through the engagement of the whole society. Against this background, this study pursues two goals. On one hand, social integration efforts for East German refugees are to be dynamically understood. In that sense, governance is introduced as the analytical tool for this research and the cooperative mechanism among state, market and civil society aimed at the integration of East German refugees is approached as integration governance, whereby the influences of the environment such as political, economic and social situation are also considered. On the other hand, the position and findings of this research are tested on the question, to what extent the German experiences could be applied to the integration efforts of South Korea for North Korean refugees. The situation in Korea regarding the integration is in certain respects (including dual status of refugees and division of country) comparable with that of Germany, so that one could learn a valuable lesson for Korea from German strategies and measures for integration. According to the research results, five points are meaningful as characteristics of the German integration-Governance. They are, 1) growing differences within the qualities of the target group: Not only the structure such as shape, number and age but also personal motivation and mentality of the East German refugees changed, 2) stability in spite of unstable environments: In terms of structure and communication the German Integration- Governance kept its basic concepts and measures, 3) civil society as an important policy-makers: the civil society, especially the top welfare institutions with their organizations participated as a meaningful partner in the implementation and decision-making process of the government, 4) the institutionalization of various networks: Various public and civil organizations at the federal, provincial, district and county level formed vertical as well as horizontal networks, and 5) integration through qualification: The concept of German Integration-Governance was among other things an occupational integration, in which the gainful employment was presupposed to be the basis of further social Integration. The qualification promoted as the crucial instrument. But it alone did not automatically guarantee the work places and had to be supported through further measures. Finally, the transferability of the German experience in integration governance to South Korea is discussed.