Die Gentherapie stellt einen neuartigen und viel versprechenden Ansatz für die zukünftige Behandlung angeborener oder erworbener Krankheiten dar, bei denen herkömmliche Therapieformen bislang nur geringe Effizienz zeigen. Hierbei ist die Lunge im Hinblick auf viele akute und chronische Erkrankungen wie beispielsweise Zystischer Fibrose, Asthma oder Tumoren ein wichtiges Zielorgan. Eine therapeutische Anwendung der Gentherapie setzt den erfolgreichen Transfer der applizierten Nukleinsäure in die Zielzelle voraus. Transkription eines Gens kann nur dann erfolgen, wenn die DNA den Zellkern erreicht. Die momentan größte Herausforderung besteht somit in der technologischen Entwicklung geeigneter Gentransfervektoren. Derzeitige Gentransfersysteme lassen sich in virale und nichtvirale Methoden einteilen. Obwohl Viren bislang deutlich höhere Transfektionseffizienzen zeigen konnten, bergen sie aufgrund immunogener und mutagener Eigenschaften unkalkulierbare Risiken. Dies führte zur Entwicklung nichtviraler Systeme, welche eine weit sicherere Alternative darstellen. Innerhalb der kationischen Polymere stellt Polyethylenimin (PEI) ein effizientes nichtvirales Gentransferagens dar, welches bereits Gegenstand vieler Untersuchungen war. Nichtsdestotrotz konnte im Vergleich zu viralen Systemen noch keine ausreichend hohe Transfektionseffizienz, insbesondere bei in vivo Applikationen, erreicht werden. Zusätzlich besitzt PEI eine hohe Zytotoxizität. Die Modifikation kationischer Polymere mit zielgerichteten Liganden scheint vor diesem Hintergrund eine viel versprechende Methode zur Schaffung intelligenterer Systeme darzustellen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf eine höhere Genexpression und Selektivität erstrebenswert. Verschiedenste Liganden wie zum Beispiel Transferrin, Folsäure oder EGF wurden bereits erfolgreich für den Rezeptor-vermittelten nichtviralen Gentransfer beschrieben. Ziel dieser Arbeit war die Herstellung und Charakterisierung neuartiger zielgerichteter Gentransfersysteme auf der Basis von verzweigtem PEI. Verwendete Liganden waren dabei das Glykoprotein Lactoferrin, der Arzneistoff Clenbuterol und das Peptidhormon Insulin. Im Hinblick auf die spätere pulmonale in vivo Anwendung erfolgten die in vitro Untersuchungen bevorzugt mit Lungenzellen. Dabei wurden insbesondere Alveolarepithel- und Bronchialepithelzellen verwendet. Um das Potential eines Liganden abschätzen zu können, wurden zu Beginn jeder Studie in vitro Rezeptoruntersuchungen durchgeführt. Diese erfolgten durch Inkubation hergestellter Fluoreszenzfarbstoff-Ligand-Konjugate oder mittels Antikörper- basierter Methoden. Hierbei konnte beobachtet werden, dass Lactoferrin- Rezeptoren bevorzugt auf Bronchialepithelzellen exprimiert werden. Im Gegensatz dazu wurde eine hohe Anzahl von Rezeptoren für Clenbuterol und Insulin insbesondere auf Alveolarepithelzellen gefunden. Die Einbringung der Liganden in die Gentransferkomplexe erfolgte auf unterschiedlichen Wegen. Lactoferrin und Clenbuterol wurden jeweils durch biochemische Reaktionen kovalent an das PEI-Grundgerüst gekoppelt. Somit waren diese schon während der Komplexbildung mit Plasmid DNA anwesend. Im Gegensatz dazu wurde Insulin durch nichtkonvalente Adsorption aufgrund elektrostatischer Wechselwirkungen an die Oberfläche bereits komplexierter PEI/pDNA-Partikel gebunden. Für alle Komplexe wurden verschiedene molare Verhältnisse zwischen Polymer und Ligand hergestellt und untersucht. Bei der biophysikalischen Charakterisierung der Partikel konnte beobachtet werden, dass die Anwesenheit hoher Anteile der Liganden zu Komplexen mit einem größeren hydrodynamischen Durchmesser führte. Dies zeigte sich unabhängig von der Tatsache, auf welche Weise die Einführung des Liganden stattfand. Die Größenzunahme dürfte jedoch in unterschiedlichen Ursachen begründet sein. Während hohe Anteile kovalent an PEI gebundener Liganden (Lactoferrin bzw. Clenbuterol) wahrscheinlich die Komplexierung mit Plasmid-DNA stören, basiert ein Anstieg der Komplexgröße bei elektrostatischer Adsorption auf der Partikeloberfläche vermutlich auf einer Zunahme der Schichtdicke gebundenen Insulins. Diese Vermutungen wurden durch Messungen der Oberflächenladung der Polyplexe bestätigt. Die Adsorption von Insulin an der Oberfläche von PEI/pDNA-Komplexen führte zu einem drastischen Abfall des Zeta- Potentials bis hin zu negativen Werten, bei denen Aggregation der Partikel beobachtet werden konnte. Auch die Clenbuterol-Konjugation führte zu einer Reduzierung des Zeta-Potentials, welche jedoch deutlich schwächer ausgeprägt war. Im Gegensatz dazu resultierte die Kopplung von Lactoferrin diesbezüglich zu keiner relevanten Änderung. Gleichzeitig konnte mittels gelelektrophoretischer Untersuchungen jedoch gezeigt werden, dass in allen Fällen die Plasmid-DNA vollständig durch die Polymere komplexiert werden konnte. Bei in vitro Transfektionsstudien konnte für Lactoferrin-modifizierte Konjugate auf Bronchialepithelzellen ein Maximum der Genexpression bei einem Konjugationsverhältnis von 1 zu 20 zwischen Lactoferrin und PEI ermittelt werden. Dieses zeigte bei einem N/P-Verhältnis von 4 im Vergleich zu unmodifizierten PEI/pDNA-Partikeln eine signifikante 5-fache Steigerung der Transfektionseffizienz. Die Spezifität der Zunahme konnte durch Inhibierungsuntersuchungen mit einem Überschuss an Lactoferrin gezeigt werden. Auf Alveolarepithelzellen hingegen führte die Modifikation mit Lactoferrin zu keiner signifikanten Steigerung. In vivo Versuche zur Lunge wurden mittels Instillation und Vernebelung als Applikationsarten durchgeführt. Es konnte jedoch kein Vorteil der Genexpression durch die Lactoferrin-Modifizierung von PEI/pDNA-Komplexen beobachtet werden. Hier bleibt zu klären, inwiefern Lactoferrin in vivo strukturell erhalten bleibt und ob die verwendete Lactoferrin-Spezies eine Rolle spielt. Verschiedene Anteile an Clenbuterol wurden in die Transfektionskomplexe durch Herstellung von Mischungen aus PEI-g-Clen mit unmodifiziertem PEI eingeführt. Die höchste in vitro Gentransfereffizienz zeigte eine molare Zusammensetzung von 1,3 Clenbuterol- Liganden pro Molekül Polyethylenimin, welche bei einem N/P-Verhältnis von 8 im Vergleich zu PEI/pDNA-Polyplexen in einem signifikanten 14-fachen Anstieg der Luziferaseexpression resultierte. Dieser Vorteil war über einen weiten N/P-Bereich von 6-20 erkennbar. Der Abfall der Genexpression durch Zugabe eines Überschusses an freiem Clenbuterol ließ auf einen Rezeptor-vermittelten Mechanismus schließen. Die Clenbuterol-Modifikation der Gentransferpartikel führte auf zwei weiteren Zelllinien (murines Alveolarepithel, humanes Zervixkarzinom) ebenfalls zu einer signifikanten Steigerung der Transfektionseffizienz, wohingegen auf Bronchialepithelzellen kein Effekt festgestellt werden konnte. Diese Ergebnisse korrelierten mit der beta2-Rezeptorendichte auf den jeweiligen Zelllinien. In vivo Untersuchungen mit Clenbuterol als Ligand wurden auf drei verschiedenen Applikationswegen durchgeführt. Während bei der Instillation kein Unterschied zwischen den Gruppen erkennbar war, führte die Modifikation von PEI/pDNA-Partikeln mit Clenbuterol nach Vernebelung zu einem 1,6-fachen und nach intravenöser Applikation zu einem signifikanten 2,7-fachen Anstieg der Genexpression innerhalb der Lunge. Quantitative Bestimmungen im Lungengewebe mittels Real Time PCR zeigten, dass in diesen Fällen Clenbuterol-modifizierte Konjugate in der Lage waren, mehr Plasmid-DNA in das Zielgewebe zu transportieren. Bei der Auswertung des Verhältnisses von Genexpression und Plasmid-Menge innerhalb des Lungenhomogenisates konnte festgestellt werden, dass die Vernebelung die mit Abstand höchste Effektivität besitzt. Diese zeigte, bezogen auf die deponierte Menge an Plasmid-DNA, gegenüber der intravenösen Applikation eine etwa 110-fache und gegenüber der Instillation eine etwa 350-fache Steigerung der Luziferaseexpression. Unabhängig davon konnte mittels eines in vitro Versuches gezeigt werden, dass die Vernebelungsprozedur zu keiner Zerstörung komplexierter Plasmid-DNA führte, wohingegen unkomplexierte Plasmid-DNA den Scherkräften der Vernebelungskammer ausgesetzt war und dabei Schaden nahm. Die Oberflächenmodikation mit Insulin führte bei PEI/pDNA-Komplexen zu einer Steigerung der in vitro Transfektionseffizienz auf Alveolarepithel-, jedoch nicht auf Bronchialepithelzellen. Ein Verhältnis von 5 µg Insulin pro µg Plasmid-DNA resultierte in einem Maximum mit einer im Vergleich zu unmodifizierten PEI/pDNA-Partikeln 16-fach höheren Luziferaseexpression. Untersuchungen mittels Koinkubation freien Insulins zeigten, dass die Zunahme nicht auf proliferative Effekte des Liganden zurückzuführen war. Des Weiteren konnte die Notwendigkeit der Anwesenheit von verzweigtem Polyethylenimin gezeigt werden, nachdem die Addition von Insulin bei Verwendung von linearem PEI zu keiner Erhöhung der Genexpression führte. Insgesamt spielt auch die Toxizität der Gentransferkomplexe eine wichtige Rolle im Hinblick auf die spätere klinische Applikation. PEI ist als toxisches Gentransferagens bekannt. Hohe Toxizität des Polymers wurde bereits mehrfach in vitro, wie auch in vivo berichtet. Es konnte für alle drei Liganden demonstriert werden, dass durch deren Einführung in PEI/pDNA-Komplexe die in vitro Toxizität, evaluiert durch die metabolische Zellaktivität, signifikant gesenkt werden konnte. Zusammenfassend konnte mit dieser Arbeit gezeigt werden, dass Lactoferrin, Clenbuterol und Insulin als zielgerichtete Liganden geeignet sind, in Verbindung mit verzweigtem Polyethylenimin intelligentere Systeme für den Gentransfer in die Lunge zu bilden. Diese zeichnen sich insbesondere durch ihre höhere Genexpression, durch selektive Unterscheidung zwischen Alveolar- und Bronchialepithel und durch geringere Toxizität aus.
Gene therapy represents a novel and attractive approach for the future treatment of inherited or acquired diseases, where conventional clinical procedures have poor efficacy. The lungs are an important target organ for gene therapeutic intervention with respect to many acute and chronic diseases like cystic fibrosis, asthma and cancer. Therapeutic implementation of gene therapy requires the successful transfer of the applied nucleic acid into the target cell. Transgene expression results only when the DNA is transported into the cell nucleus. Presently, the greatest obstacle revolves around the engineering of appropriate gene delivery systems. Current gene delivery systems can be divided into viral and nonviral methods. Although viruses show much higher transfection efficiencies so far, their usage is limited due to safety concerns, such as immunogenicity and integration into the host genome. This has stimulated efforts into the development of nonviral systems, which represent a more safe alternative. Among cationic polymers, polyethylenimine (PEI) is an effective nonviral gene transfer agent and has already been subject of many investigations. Nevertheless, it shows relatively low transfection efficiency compared to viral systems, in particular for in vivo applications. In addition, PEI exhibits a high cytotoxicity. The modification of cationic polymers with targeting ligands seems to be a promising method to create more efficient systems, in particular with respect to both higher gene expression and selectivity. Numerous ligands have already been evaluated for nonviral receptor-mediated gene delivery, like transferrin, folic acid or EGF (see CHAPTER 1.5). The current work was aimed at the development and characterization of novel targeted gene transfer systems. Therefore, the glycoprotein lactoferrin, the chemical drug clenbuterol and the peptide hormone insulin were used to modify branched polyethylenimine. With regard to the pulmonary in vivo application, all in vitro investigations were preferentially performed on lung cells, in particular alveolar epithelial and bronchial epithelial cells. To evaluate the potential of a targeting ligand, initial in vitro receptor investigations were performed. For this purpose, cells were incubated with fluorescently labelled specific ligands or antibodies. It could be seen that lactoferrin receptors were predominantly expressed on bronchial epithelial cells, while in contrast, a high number of receptors for clenbuterol and insulin were found particularly on alveolar epithelial cells. Introduction of the ligands to the gene transfer complexes was performed in different ways. Lactoferrin as well as clenbuterol were conjugated through biochemical reactions to the PEI backbone. As a result of this, they were already present during complexation process with plasmid DNA. In contrast to that, insulin was bound to the surface of already complexed PEI/pDNA particles due to electrostatic adsorption. For all complexes, numerous molar ratios between polymer and ligand were evaluated. Biophysical characterization of the particles showed that the presence of high ratios of ligand to polymer resulted in complexes with larger hydrodynamic diameters, independently of the method used for introducing the targeting ligand. This increase of size could be due to different reasons. Whereas high ratios of ligands covalently attached to PEI (lactoferrin or clenbuterol) may interfere with the complexation to plasmid DNA, the increase of complex size for electrostatic adsorption on the particle surface may probably be due to greater coating thickness of the bound insulin. These assumptions were further confirmed by surface charge measurements of the polyplexes. Adsorption of insulin to the surface of PEI/pDNA complexes led to a strong decrease of zeta potential to negative values, concomitant with particle aggregation. Conjugation of clenbuterol also resulted in reduction of zeta potential, but only with lower impact. In contrast, coupling of lactoferrin did not result in any relevant changes. At the same time, gel retardation assays showed that plasmid DNA was successfully complexed by all polymers, irrespective of the formulation. In vitro transfection studies with lactoferrin-modified conjugates on bronchial epithelial cells showed a maximum of gene expression for a lactoferrin to PEI ratio of 1:20. Using a N/P ratio of 4, a significant increase in transfection efficiency compared to unmodified PEI/pDNA particles was observed. Specificity could be demonstrated in inhibition experiments with an excess of free lactoferrin. In contrast, modification with lactoferrin had no effect on alveolar epithelial cells. In vivo experiments were performed in mice via nasal instillation and aerosol application. However, with respect to gene expression, no benefit could be demonstrated by the modification of PEI/pDNA complexes with lactoferrin. Further studies will be necessary to address the questions, if the structure of lactoferrin stays intact in vivo and if the used lactoferrin species also plays an important role. Different amounts of clenbuterol were introduced into transfection complexes by mixing PEI g Clen with unmodified PEI. Highest in vitro gene expression efficiency was obtained with a molar composition of 1.3 clenbuterol ligands per molecule of PEI, which showed a significant 14-fold increase in luciferase expression compared to PEI/pDNA polyplexes at a N/P-ratio of 8. This could be demonstrated over a wide range of N/P-ratios from 6 to 20. After addition of an excess of free clenbuterol gene expression decreased, which indicated a receptor-mediated mechanism. Significant benefit of clenbuterol-modification could also be shown on two additional cell lines (murine alveolar epithelial, human cervix carcinoma), whereas no effect was seen on bronchial epithelial cells. These results correlated well with the density of beta2-receptors on respective cell lines. In vivo experiments in mice with clenbuterol as a targeting ligand were performed via three different application routes. Whereas no difference in gene expression within the lungs of mice was seen after nasal instillation, modification of PEI/pDNA particles with clenbuterol resulted in a 1.6-fold increase after aerosol delivery and a significant 2.7-fold increase following intravenous injection of complexes. Quantitative Real Time PCR measurements of lung tissue showed that clenbuterol-modified conjugates were able to transport a higher amount of plasmid-DNA into the target tissue. Calculating the ratio of gene expression versus the amount of quantified plasmid-DNA, aerosol delivery was identified to have the highest efficiency. Related to the deposited amount of plasmid-DNA, aerosol delivery showed a 110-fold increase of luciferase expression compared to intravenous application and a 350-fold increase compared to instillation. In addition, it could be demonstrated that aerosolisation procedure did not cause any damage to the complexed plasmid-DNA, whereas uncomplexed plasmid DNA was exposed to the shearing forces of the aerosolisation chamber and thus destroyed. Surface modification of PEI/pDNA complexes with insulin resulted in an increase of in vitro transfection efficiency on alveolar, but not on bronchial epithelial cells. A ratio of 5 µg insulin per µg of plasmid-DNA resulted in a maximum, showing a 16-fold higher luciferase expression compared to unmodified PEI/pDNA particles. Coincubation experiments with free insulin revealed that the increased expression was not caused by proliferative influences of the ligand. Furthermore, it could be demonstrated that this effect was polymer-specific. Addition of insulin in combination with linear PEI did not result in increased gene expression. Toxicity of gene transfer complexes also plays a major role with regard to their later clinical applications. PEI is known as a toxic gene transfer agent. High toxicity has been reported in several studies both in vitro and in vivo. It could be demonstrated for all three ligands, that after their introduction to PEI/pDNA complexes, in vitro toxicity, evaluated by measurements of the metabolic cell activity, was significantly reduced. In summary, this work demonstrates that lactoferrin, clenbuterol and insulin represent suitable targeting ligands, which form with branched polyethylenimine efficient nanoparticulate systems for successful gene transfer to the lung. Additionally, these complexes have the desired attributes of higher gene expression, lower toxicity and targeted delivery to alveolar or bronchial epithelial cells.