Die Grabungsstelle „Rotes Haus“ liegt im Grabungsabschnitt „Mittlere Unterstadt II“. Das von 1992 bis 2000 vollständig ausgegrabene Gebäude „Rotes Haus“ nimmt eine Fläche von 5400 m² ein. Die vorläufige stratigraphische Analyse (s. dazu abschließend BATSH 11) ließ Nutzungsphasen und Formationsprozesse erkennen, die in sog. Fundbereichen zusammengefasst wurden (Kap. 2, Tab. 15; für eine Konkordanz der Fundbereiche mit den Räumen und den Erdeinheiten s. BATSH 11, 428-429). Aus dem über 300.000 Scherben umfassenden keramischen Fundmaterial wurden 51767 Stücke aus Fundstellen auf Fußböden ermittelt, warentypologisch bestimmt und statistisch ausgewertet. 32629 Stücke waren durch eine Brandzerstörung am Ende der Gebäude-Hauptnutzungsphase GNP 4 zeitgleich abgelagert worden (Fundbereich 4). Mit ihnen sind vier assyrische Keilschrifttexte vergesellschaftet, die in die Regierungsjahre drei und fünf des babylonischen Königs Nebukadnezar II (604-562 v.Chr.) datiert sind (s. BATSH 6). Sie beweisen, dass das Rote Haus über den spektakulären Fall des assyrischen Weltreiches (612 v.Chr.) hinweg durchgängig bewohnt war bis ein Feuer um die Mitte des sechsten Jahrhunderts v.Chr. große Teile des Gebäudes zerstörte. Die Nachnutzungsphasen der weniger zerstörte Teile des Gebäudes (Fundbereich 3) fallen in die Zeit der achämenidischen Vorherrschaft (ab 539 v.Chr.); im fünften Jahrhundert v.Chr. wurde das Gebäude endgültig aufgelassen. Auf der Grundlage von 7910 diagnostischen Scherben und Gefäßen wird eine warenspezifische Formanalyse durchgeführt (Kap. 3). Die Bestimmung der Warenkategorien baut auf Ergebnissen archäometrischer Untersuchungen zur Herstellungstechnologie auf, die in zwei Beiträgen gesondert dargelegt sind (G. Schneider und M. Daszkiewicz, E. Bobryk, G. Schneider). Der Vergleich mit sämtlichen Referenzorten Nordmesopotamiens (Kap. 4) führt zu einer Neubewertung der Keramikentwicklung (Kap. 5): Entgegen der vorherrschenden Meinung kann eine Kontinuität der neuassyrischen Keramik bis ins 5. Jahrhundert v.Chr. nachgewiesen werden. Erstmalig liegt mit diesem Band ein fest datierter, stratifizierter und quantitativ ausgewerteter Keramikkomplex vor, der für die Endzeit des Assyrischen Weltreiches (7. Jahrh.v.Chr.), des darauffolgenden spätbabylonischen Reiches (bis 539 v.Chr.) und der Zeit bis in das 5. Jahrh.v.Chr. in Nordmesopotamien kennzeichnend ist.
The excavation section ‘Rotes Haus’ is situated in the excavation unit ‘Central Lower Town II’. Excavated from 1992 to 2000 completely the building ‘Rotes Haus’ covers an area of 5400 square meters. Analyzing the stratigraphy in a preliminary way (for the final analysis cf. BATSH 11) several occupation phases and formation processes were recognized that were summed up as ‘find areas’ (Fundbereiche), cf. chap 2, Tab. 15 (for a concordance with rooms and debris units cf. BATSH 11, 428-429). Out of more than 300,000 ceramic sherds 51,767 were recorded from stratified deposits on floors; they were categorized by wares and evaluated statistically. Due to the destruction by fire at the end of the main occupation phase GNP 4, 32,629 sherds were deposited at the same time (Fundbereich 4). Contextualized were four Assyrian cuneiform texts dating to the regnal years three and five of the Babylonian king Nebukadnezar II (604-562 BC) (cf. BATSH 6); they prove that the ‘Rotes Haus’ was occupied continuously beyond the collapse of the Neo-Assyrian world-empire in 612 BC until large parts of it were destroyed by fire around the middle of the sixth century BC. The post-destruction occupation phases date to the time of the Achaemenid hegemony (post 539 BC). At some point during the fifth century BC the Red House was deserted. On the basis of 7910 diagnostic sherds and vessels an analysis of the shapes in relation to the wares is undertaken (chap. 3). The definition of wares is substantiated by archaeometric analyses of the technology of production which are published in two amendments (G. Schneider und M. Daszkiewicz, E. Bobryk, G. Schneider). Comparing this ceramic assemblage with the evidence of other North-Mesopotamian excavations (chap. 4) leads to a new assessment of the development of pottery (chap. 5): Contrary to the prevailing opinion a continuity of Neo-Assyrian pottery can be attested down to the fifth century BC. In sum, this volume presents for the first time an absolutely dated, stratified, and quantitatively evaluated pottery assemblage of the end time of the Assyrian world empire (7th century BC), of the following Late Babylonian empire (down to 539 BC), and of the time beyond in North-Mesopotamia.