Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit sind zum einen Forschungsarbeiten, die trotz der Forderung nach Nachwuchs in naturwissenschaftsbezogenen Berufen (Gago et al., 2004) auf ein eher geringes Interesse von Schülern an diesen Berufen hindeuten (VSD, 2014; Frey et al., 2009). Zum anderen ist die Situation auf dem Ausbildungsmarkt insbesondere für Absolventen von Hauptschulen eher als schwierig einzustufen (Seibel & Kleinert, 2009; Queisser, 2009). Vor diesem Hintergrund sollen die Ergebnisse der vorliegenden Studie zur Aufklärung darüber beitragen, inwiefern Chemieunterricht Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen einen chemiebezogenen Beruf ausübt. Dazu werden vier theoretische Konzepte aufgegriffen, über die der Chemieunterricht die chemiebezogene Berufswahl möglicherweise beeinflusst. Zu nennen sind • das Konzept der fachbezogenen Entwicklungsaufgaben (Schenk, 2005), • das Konzept des Selbst-Prototypen-Abgleichs (Kessels & Hannover, 2006), • das akademische Fähigkeitsselbstkonzept (Dickhäuser et al., 2002), • das Konzept des motivationalen Lernklimas (Bolte, 2004a, 2004b). Um den möglichen Einfluss dieser vier theoretischen Konzepte auf die Berufswahl Jugendlicher zu untersuchen, werden drei verschiedene Gruppen von Schülern untersucht: • Hauptschüler ohne chemiebezogener Berufswahlabsicht, • Hauptschüler mit chemiebezogener Berufswahlabsicht, • „Berufsschüler“, die sich bereits für eine Ausbildung in der chemischen Industrie entschieden haben. Ziel ist eine Art Bestandsaufnahme über die Beurteilung der vier theoretischen Konzepte im Chemieunterricht der befragten Schüler. Zudem sollen weitere Analysen zeigen, inwieweit ein Zusammenhang zwischen den vier theoretischen Konzepten und der chemiebezogenen Berufswahlabsicht besteht. Die Analysen der Beurteilung der vier theoretischen Konzepte durch die drei Schülergruppen ergaben im Wesentlichen die folgenden Ergebnisse: Die Schüler bewerten alle fachbezogenen Entwicklungsaufgaben (Schenk, 2005) als durchaus bedeutsam. Bei der Bearbeitung dieser Aufgaben fühlen sich die Schüler dagegen durch ihren Chemieunterricht nur wenig unterstützt. Alle Schüler schreiben sich selbst positivere Eigenschaften zu als einem prototypischen Vertreter aus der chemischen Industrie. Die Beschreibung von Selbstbild und Prototyp durch die Hauptschüler ohne Berufswahlabsicht weicht jedoch deutlich stärker voneinander ab als bei den Hauptschülern mit chemiebezogener Berufswahlabsicht und den „Berufsschülern“. Während sich bezüglich des schulischen Fähigkeitsselbstkonzeptes kaum Unterschiede in den Einschätzungen der drei Schülergruppen zeigen, verfügen die Hauptschüler ohne chemiebezogene Berufswahlabsicht über ein deutlich niedrigeres chemiebezogenes Fähigkeitsselbstkonzept als die anderen beiden Gruppen. Auch in der Beurteilung des motivationalen Lernklimas zeigen sich Unterschiede zwischen den drei Gruppen. Die Hauptschüler ohne chemiebezogene Berufswahlabsicht bewerten ihren Chemieunterricht diesbezüglich als deutlich weniger zufriedenstellend als die anderen beiden Gruppen. Mit Hilfe von Regressionsanalysen konnte nachgewiesen werden, dass jedes der vier theoretischen Konzepte die chemiebezogene Berufswahl(absicht) über eine bestimmte Variable beeinflusst. Zudem zeigt eine Pfadanalyse, dass darüber hinaus auch Beziehungen zwischen den theoretischen Konzepten bestehen.
On the one hand - despite the demand for more young scientists (Gago et al., 2004) - studies show that many students show little interest in science- related jobs (VSD, 2014; Frey et al., 2009). On the other hand many students have small chances of finding an apprenticeship, especially after graduating from the German school type Hauptschule (Seibel & Kleinert, 2009; Queisser, 2009). In this context the results of this study will show the impact of chemistry lessons on the decision to take up a chemistry-related career. For this purpose four theoretical approaches are followed: • the concept of science-related developmental tasks (Schenk, 2005), • the concept self-to- prototype matching (Kessels & Hannover, 2006), • the academic self-concept (Dickhäuser et al., 2002), • the concept of motivational learning environment (Bolte, 2004a, 2004b). In order to find out whether these four theoretical approaches influence students´ career choices, three groups of students were investigated: • Hauptschule- students who do not plan to choose a chemisty- related career, • Hauptschule- students who plan to choose a chemisty-related career, • trainees who have already chosen an apprenticeship in the chemical industry. The aim is to get an inventory of how students assess the four theoretical approaches in their chemistry lessons. In addition further analyses can show if the four theoretical approaches influence students who do not plan to choose a chemisty-related career. The analyses of the assessment of the four theoretical approaches by the three groups of students resulted in the following outcomes. All science-related developmental tasks are considered as important by the students. However, the students did not feel supported by their chemistry lessons in dealing with these developmental tasks. All students describe themselves as more positively compared with the prototype they have of an employee in the chemical industry. Self-image and prototype in the assessment of Hauptschule- students who do not plan to choose a chemisty- related career differ more than self-image and prototype in the assessment of the other groups of students. Regarding the school-related self-concept, little differences between the three groups could be identified. However, Hauptschule students without chemistry-related career choice intention have a lower science-related self-concept than the other groups. The assessment of the motivational learning environment is different between the three groups. Hauptschule students without chemistry-related career choice intention describe their motivational learning environment in science lessons as less satisfactory than the other groups. With the help of regression analyses it is possible to prove that the four theoretical approaches impact the chemistry- related career choice with one variable each. Furthermore, a path analysis showed relations between the four theoretical approaches.