Menschen haben in der digitalen Welt einzigartige Möglichkeiten, sich ihr Informationsportfolio nach Gusto zusammenzustellen. So können Resonanzräume und somit potenziell enge Meinungskorridore entstehen. Theoretisch klingt dies alles hoch plausibel – doch die Empirie dazu ist weniger eindeutig. Dabei ist es gerade in Krisenzeiten von zentraler Bedeutung, dass Informationen schnell und flächendeckend verteilt und verfügbar, aber auch breit und kontrovers diskutiert werden. In fragmentierten Informationslandschaften geht das aber nicht. Von welchen Mustern die Informationslandschaft in sozialen Netzwerken in der Corona-Pandemie geprägt war und ist, betrachten wir in diesem Policy Brief. Welche sozialen Netzwerke wurden in Deutschland genutzt, um sich über die Pandemie zu informieren? Und von wem? Die präsentierten Ergebnisse basieren auf repräsentativen Befragungen, die wir im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts RAPID-COVID im September 2021 durchgeführt haben. Insgesamt zeigt sich: Soziale Netzwerkplattformen waren und sind bezogen auf die Bevölkerung insgesamt wichtige, aber nicht die wichtigsten Informationsquellen. Zugleich sehen wir deutliche Unterschiede in der Nutzungsintensität, wenn wir uns verschiedene Gruppen anschauen. Dabei stellen sich – wie der Vergleich der beiden reichweitenstärksten Netzwerke Facebook und YouTube gezeigt hat – durchaus unterschiedliche Muster ein, etwa was das Geschlecht (Facebook mehr Frauen, YouTube mehr Männer) oder das Alter betrifft. Zudem zeigt sich eine stärkere Affinität zu diesen Netzwerken bei AfD-Anhänger*innen sowie generell – wie unsere abschließende Analyse gezeigt hat – bei Gegner*innen von Corona-Maßnahmen. Gerade YouTube sticht dabei heraus, verbindet es doch hohe Reichweite mit einer stark profilierten und Maßnahmen-skeptischen Nutzer*innenschaft.
Weniger anzeigenAktuell ist die Debatte um die Corona-Impfpflicht in vollem Gange. Die Entscheidung im Deutschen Bundestag steht unmittelbar bevor. Hinter welchem Gesetzesvorschlag sich dort eine Mehrheit versammeln wird, ist offen. Die Abstimmung wurde zur Gewissensentscheidung der Abgeordneten erklärt und wird daher nicht entlang von Partei- und Fraktionslinien fallen. Doch wie stehen die Bürger*innen eigentlich zur einer allgemeinen Corona-Impfpflicht? Um diese Frage zu beantworten, nutzen wir in diesem Policy Brief repräsentativ erhobene Daten aus dem Projekt „RAPID-COVID“. Die Daten stammen zwar aus dem bereits vergangenen Jahr 2021; dafür wurde allerdings ein identischer Personenkreis zu drei verschiedenen Zeitpunkten befragt, sodass wir ein präzises Bild der zeitlichen Entwicklung der öffentlichen Meinung zur allgemeinen Impfpflicht in Deutschland nachzeichnen können. Im Kern lassen sich vier Erkenntnisse festhalten: Erstens hat die Zustimmung zu einer allgemeinen Corona-Impfpflicht im Verlauf des Jahres 2021 zugenommen. Zweitens gibt es trotzdem bis zum Jahresende in der Bevölkerung keine Einigkeit zur Frage, ob eine allgemeine Impfpflicht eingeführt werden sollte oder nicht. Drittens besteht diese Uneinigkeit auch innerhalb der Anhänger*innenschaft von Parteien, nicht nur zwischen diesen. Einzige Ausnahme ist das AfD-Lager, das die Impfpflicht recht einhellig ablehnt. Viertens erweist es sich als grundsätzlich schwierig zu erklären, wer für oder gegen die Einführung einer Impfpflicht ist. Am besten kann noch die eigene Betroffenheit die Einstellung zu einer generellen Impfpflicht erklären: Personen, die entweder selbst zu einer Hochrisikogruppe zählen oder eine solche Person in ihrem Umfeld haben, stimmen der Einführung einer Impfpflicht eher zu als andere. Ungeimpfte lehnen sie eindeutig ab. Unter den Geimpften zeigt sich dagegen erneut ein eher diffuses Bild, was letztlich zu einer strukturellen Asymmetrie in der Impfpflicht-Debatte führt.
Weniger anzeigenUm die jeweils geltenden Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie einhalten zu können, müssen sie den Menschen bekannt sein. Zugleich muss in einer Demokratie auch gewährleistet werden, dass über bestehende Regeln diskutiert und gestritten werden darf. Dass grundlegende Informationen rund um die Pandemie sie aber erreichen, kann keinesfalls vorausgesetzt werden, sondern hängt vielmehr von der Informationslandschaft und vor allem von der Art und Weise der Mediennutzung durch Bürger*innen ab. Mit diesem Policy Brief gehen wir der Frage nach, wer in Deutschland welche Medien nutzt, um sich über die Pandemie zu informieren. Unsere Befunde basieren dabei auf repräsentativen Bevölkerungsdaten, die wir im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts RAPID-COVID im März 2021 erhoben haben. Dabei zeigt sich, dass nationale öffentlich-rechtliche Sender von rund drei Viertel der Befragten genutzt werden; auch regionale öffentlich-rechtliche Sender, private Rundfunkanbieter sowie Lokal- und Regionalzeitungen werden breit genutzt. Dagegen werden Medien, die sich als Alternative zum Mainstream verstehen, kaum genutzt. Was Hintergründe betrifft, so greifen Anhänger*innen der AfD deutlich seltener auf nationale öffentlich-rechtliche Fernseh- und Radiosender zu, dafür aber häufiger als Sympathisant*innen anderer Parteien auf Medien, die sich als Alternative zum Mainstream verstehen.
Weniger anzeigenMeinungsverschiedenheiten sind wichtig für eine lebendige Demokratie, doch wenn sich zwei Lager unversöhnlich gegenüberstehen, wird es schwer, Debatten zu führen und Kompromisse zu finden. Hat die Pandemie Deutschland gespalten? In einer repräsentativen Längsschnittbefragung untersuchen wir, wie Befürworter*innen und Gegner*innen der Corona-Maßnahmen wahrgenommen werden und wie sich beide Gruppen gegenüberstehen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Befürworter*innen insgesamt sehr positiv wahrgenommen werden, Gegner*innen dagegen sehr negativ. Dieses Muster spiegelt eine mehrheitliche Unterstützung der Maßnahmen in der Bevölkerung wider und findet sich auch über verschiedene soziodemografische Gruppen hinweg. Einzig Wähler*innen der AfD stehen Befürworter*innen wie Gegner*innen im Mittel eher neutral gegenüber. Zudem finden wir eine hohe affektive Polarisierung zwischen beiden Gruppen: Sowohl Befürworter*innen als auch Gegner*innen nehmen ihre eigene Gruppe deutlich positiver als die jeweils andere wahr. Dies ist besonders ausgeprägt bei Befürworter*innen, die andere Befürworter*innen sehr positiv, Gegner*innen dagegen sehr negativ bewerten. Das Muster ist bei Gegner*innen weniger eindeutig.
Weniger anzeigenDie Eindämmung der Corona-Pandemie stellt Politik und insbesondere Regierungen vor immense Herausforderungen. Wie zufrieden ist die deutsche Bevölkerung mit dem Krisenmanagement unter dem Eindruck massiver Einschnitte in das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben? In unserer repräsentativen Längsschnittbefragung stellt die Bevölkerung den politischen Akteuren kein gutes Zeugnis aus. Fast die Hälfte der Befragten sind im März 2021 unzufrieden mit dem Krisenmanagement und ein Fünftel sogar "total unzufrieden". Ein Blick in verschiedene Bevölkerungsgruppen zeigt, dass gerade Wähler*innen der AfD, der FDP und der Linken unzufrieden sind, während Wähler*innen von CDU/CSU das Krisenmanagement positiver sehen. Auch Befragte ohne Fachhochschulreife und Menschen aus den neuen Bundesländern bewerteten das Handeln der Politik weniger positiv. Zudem nahm die Zufriedenheit von Dezember 2020 zu März 2021 deutlich ab - gerade bei älteren Befragten. Insgesamt zeigt sich, dass die Ablehnung der Maßnahmen zur Eindämmung häufig mit Unzufriedenheit einhergehen, aber Unterstützer*innen der Maßnahmen nicht unbedingt zufriedener mit dem Krisenmanagement der Regierung sind.
Weniger anzeigenDie beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind ein Fokuspunkt einer vielschichtigen Debatte: infektiologisch notwendig, politisch durchaus umstritten und für Individuen und Gesellschaft sehr belastend. In einer Demokratie müssen politische Maßnahmen von einer Mehrheit getragen werden, sonst verlieren sie Akzeptanz und Legitimität. Ob die Maßnahmen aber unterstützt werden, ist in der jüngeren Vergangenheit in Zweifel gezogen worden. In einer repräsentativen Umfrage haben wir zu zwei Zeitpunkten (Dezember 2020 und März 2021) nach der Unterstützung der Corona-Maßnahmen gefragt. Für beide Zeitpunkte finden wir eine breite Zustimmung in der Bevölkerung, auch wenn im Zeitverlauf ein rückläufiger Trend erkennbar ist. Die Differenzierung in verschiedene Subgruppen zeigt Unterschiede zwischen Altersgruppen, vor allem aber zwischen den Wähler*innen verschiedener Parteien. Im Zeitverlauf zeigt sich vor allem bei älteren Befragten sowie bei Anhänger*innen von SPD oder FDP ein überdurchschnittlich starker Rückgang in der Unterstützung.
Weniger anzeigen