Zur Prüfung der Hypothese, wonach die diagnostische Biopsieentnahme in der Tiermedizin das Metastasierungsverhalten von Tumoren beeinflussen kann, wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt, da experimentelle Daten kaum vorliegen. Dazu wurde die gesamte zugängliche tiermedizinische, tierexperimentelle und humanmedizinische Literatur ab 1966 ausgewertet. Die identifizierten Arbeiten wurden dabei nach den selbstdefinierten Kriterien Tumorart, Biopsieentnahmeart und Art der Beeinflussung der Metastasierung nach Biopsieentnahme ausgewertet und übersichtlich zusammengefasst. In der tiermedizinischen Literatur konnten nur zwei Publikationen zum Thema einer Biopsieentnahme- induzierten Beeinflussung des Metastasierungsverhaltens von Tumoren identifiziert werden. Diese beschreiben den Nachweis von Stichkanal- Metastasen nach Feinnadelaspirations- Biopsieentnahme (FNA) von Tumoren des Urogenitaltraktes von fünf Hunden und einem Lungenkarzinom einer Katze. Weitere Hinweise auf eine gesteigerte Lymphknoten- oder Fernmetastasierung konnten nicht gefunden werden. Somit scheinen insbesondere Übergangsepithelkarzinome des Urogenitaltraktes mit einem sehr geringen Risiko einer lokalen Metastasierung nach FNA verbunden zu sein. Der im Vergleich zur Humanmedizin deutlich geringere Umfang an Publikationen könnte zum einen ein Hinweis auf das allgemein sehr geringe Risiko von Biopsieentnahme-induzierter Beeinflussung der Metastasierung bei Tieren sein. Zum anderen sind jedoch aufgrund der Informationen aus tierexperimentellen Studien und aus der Humanmedizin Einflüsse der Biopsieentnahme auf nicht untersuchte Tumor- oder Tierarten sowie auf die Lymphknoten- und Fernmetastasierung denkbar. In 18 tierexperimentellen Studien in Mäuse-, Ratten-, Kaninchen- und Hamstermodellen wurde an verschiedenen Tumorarten die Auswirkung unterschiedlicher Biopsieentnahmearten auf die Tumorzellverbreitung und Metastasierung untersucht. Studien zum Tumorzellnachweis im Blut oder den Lymphgefäßen nach Biopsieentnahme zeigten unklare Befunde mit zum Teil leicht erhöhten, zum Teil verminderten Nachweis von Tumorzellen. In der lokalen Umgebung der Biopsieentnahmestelle konnten jedoch in den meisten Fällen verschleppte Tumorzellen bzw. Stichkanalmetastasen nachgewiesen werden. Tumore des Urogenitaltraktes wurden nicht untersucht. Eine abschließende Aussage über eine Biopsieentnahmeinduzierte Erhöhung der Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung in entfernte Körperregionen ist aufgrund der relativ geringen Anzahl von vergleichbaren Publikationen nicht möglich. Die Ergebnisse unterschieden sich teilweise stark in Abhängigkeit von der Tumor- und Biopsieentnahmeart sowie dem Beobachtungszeitraum. Dennoch weisen die Ergebnisse stark darauf hin, dass durch die Biopsieentnahme eine lokale sowie, zumindest geringgradig, eine systemische Tumorausbreitung gefördert wird. Der Großteil (n=288) der identifizierten Publikationen stammte aus der Humanmedizin. In 11 Publikationen konnte für verschiedene Tumorarten größtenteils eine Biopsieentnahme-bedingte Tumorzellfreisetzung in die Blutgefäße beobachtet werden. Eine dadurch erhöhte Fernmetastasierung war jedoch nicht nachweisbar. Umfangreiche Studien (n=52) mit mehr als 390.000 bioptierten Tumoren wurden zur Beeinflussung der lokalen Metastasierung im Stichkanal nach Nadelbiopsieentnahme durchgeführt. Die Inzidenz lag bei den mehr als 25 untersuchten Tumorarten zumeist bei deutlich unter einem Prozent, wobei die Biopsieentnahme von Lebermetastasen von Kolonkarzinomen, Pleuramesotheliomen und Mammakarzinomen ein besonders erhöhtes Risiko aufwies, Ovarialkarzinome zeigten hingegen keine Beeinflussung. Deutlich weniger Veröffentlichungen (n=11) beschäftigten sich mit dem Einfluss verschiedener Biopsieentnahmearten auf die Lymphknoten- und Fernmetastasierung. Ähnlich wie für die tierexperimentellen Studien lagen für einzelne Tumorarten jedoch kaum miteinander vergleichbare Studien vor. Weiterhin wurden keine Kontrollgruppen ohne Biopsieentnahme untersucht, sodass das natürliche Metastasierungspotenzial der untersuchten Tumore nicht bestimmt werden konnte. Lymphknoten-Metastasen konnten bei insgesamt nur zwei untersuchten Tumorarten (Mammakarzinome, maligne kutane Melanome) mit einer allgemein etwas geringeren Wahrscheinlichkeit als in entsprechenden tierexperimentellen Studien nachgewiesen werden. Auch hier ist eine abschließende Beurteilung des Risikos aufgrund teilweise entgegengesetzter Beobachtungen der geringen Anzahl von Studien schwer möglich. Keine der angewendeten Biopsieentnahmearten war unabhängig von der Tumorart mit einem deutlich erhöhten Risiko der Beeinflussung der Lymphknoten-Metastasierung verbunden. Hinweise auf eine unterschiedliche Beeinflussung der Fernmetastasierung durch die verschiedenen Biopsieentnahmearten konnten ebenfalls nicht beobachtet werden. Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den tierexperimentellen Studien ist eine geringe Beeinflussung der Fernmetastasierung denkbar, jedoch lassen sich letztlich auch aufgrund der humanmedizinischen Studien keine abschließenden Aussagen über ein besonderes Risiko durch eine bestimmte Biopsieentnahmeart treffen. Inwieweit die Erkenntnisse der tierexperimentellen und humanmedizinischen Studien auf die tiermedizinische Praxis übertragbar sind, konnte aufgrund der möglichen speziesspezifischen Unterschiede nicht abschließend beurteilt werden. Die Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass zumindest das lokale Ausbreitungsrisiko von Tumoren im Stichkanal durch eine diagnostische Biopsieentnahme sowohl bei Tier als auch Mensch erhöht werden kann und daher beim klinischen Vorgehen berücksichtigt werden sollte. Der Nutzen der Biopsieentnahme übersteigt jedoch in den meisten Situationen das insgesamt als sehr gering einzuschätzende Risiko einer Biopsieentnahme- induzierten Tumormetastasierung. Das Risiko einer dadurch induzierten systemischen Fernmetastasierung ist als praktisch nicht existent anzusehen. Eine quantitativ-statistische Angabe der Wahrscheinlichkeiten des Auftretens beider Metastasierungsarten erscheint anhand aller verfügbaren Daten nicht seriös möglich.
In order to test the hypothesis according to which the taking of diagnostic biopsies may influence the metastatic potential of tumors in veterinary medicine, a systematic research of the literature was conducted as specific experimental data are virtually unavailable. For this purpose the complete literature available for veterinary and human medicine and of animal experiments since 1966 was evaluated. The publications identified were analyzed following the defined criteria 1) kind of tumor, 2) kind of biopsy taking procedure and 3) kind of influence on the metastatic potential. Only two publications on needle tract metastases following taking of fine needle aspiration biopsies (FNA) were identified in the veterinary literature. The metastases were found in the abdominal respectively thoracic wall of five dogs with transitional cell carcinomas of the urinary tract or prostate carcinoma and in one cat with lung carcinoma. No studies on the increased incidence of metastases to the regional lymph nodes or distant organs were detected. These findings therefore indicate a low risk of developing biopsy related metastases following FNA of particularly transitional cell carcinomas of the urinary tract. Whether this increase could be representative for other tumors in animals or for the metastatic spread to lymph nodes or distant organs is questionable since publications in this regard are missing. However, results for a wider variety of tumor types in animal experiments or clinical studies in humans suggest a possible influence of biopsy taking on tumor metastasis. Eighteen experimental studies in mice, rats, rabbits or hamsters were identified which were focused on the local tumor cell dissemination and metastatic spread of different tumor types after biopsy taking. Tumor cells in the peripheral blood or lymphatics following biopsy taking were only rarely detectable whereas evidence of tumor cells and metastases in the vicinity of the biopsy taking was mostly positive. Tumors of the urinary tract were not examined. A final statement on the influence of biopsy taking on distant metastases is not possible due to the relatively small number of publications and heterogeneous experimental settings. However, the results differ greatly depending on the kind of tumor and biopsy taking method as well as the time points examined. Nevertheless, the results strongly suggest that the taking of tumor biopsies may increase the risk of local metastases. However, the risk of the induction of distant systemic metastases is obviously minimal and if present at all, can be neglected. The majority (n = 288) of the publications identified originated from human medicine. In 11 publications a biopsy taking induced tumor cell dissemination into the peripheral blood was observed for different tumor types but without evidence of an increased incidence of distant metastases. Extensive studies (n = 52) with more than 390,000 biopted tumors were focused on the development of local metastases along the needle tract after taking of needle biopsies. The incidence among the more than 25 tumor types studied was found mostly to be less than one percent, except for biopsies taken from liver metastases of colorectal carcinomas, mammary carcinomas and pleural mesotheliomas. These tumors showed a particularly higher risk, whereas ovarian carcinomas were never affected by needle tract metastases. Notably, few publications (n = 11) analyzed the incidence of biopsy taking-related metastases to the regional lymph nodes and distant organs. Similar to the findings in the animal experiments, no comparable studies were available for specific tumor types. In addition control groups without biopsy taking for the assessment of the natural metastatic potential were missing. Metastases to the lymph nodes were examined in only two tumor types (mammary carcinomas, cutaneous malignant melanomas) with a generally lower incidence than in the respective animal models. Again, a final risk assessment is difficult due to the inconsistent observations and the small number of studies. None of the biopsy taking methods was associated with a significantly increased influence on metastases to the lymph nodes and distant organs independent from the tumor type. Nonetheless, a very low risk of biopsy-induced distant metastases is conceivable when the findings from animal studies are taken into account. However, it can not ultimately be concluded from studies in humans that any biopsy taking method is associated with an increased risk of distant metastases. To what extent the findings from studies in experimental animals and humans are transferable to the veterinary practice could not be unequivocally assessed because of the potential species-specific differences. The observations strongly suggest that at least the risk of local metastatic spread into the vicinity of the biopsy taking area, both in animals and humans, can be increased by fine needle aspiration and therefore should be taken into account in clinical practice. The benefits of a biopsy, however, by far exceeds the generally very low risk of the induction of tumor metastases by the taking of a biopsy in most clinical situations. A precise quantitative- statistical prediction of the risk of biopsy-induced metastases, both local or distant, cannot be made based on the few, heterogeneous and inconsistent reports published to date.