Unvereinbare außenpolitische Positionen führten in der Interventionsdebatte des Irak-Krieges von 2003 zu heftigen transatlantischen und innereuropäischen Auseinandersetzungen. Die Analyse setzt in der für die Legitimierung des Irak- Krieges entscheidenden Vorkriegsphase ein und untersucht, in welcher Form identitäre Zuschreibungen dazu beitragen, neben den sachlichen Argumenten ein zusätzliches Legitimationspotenzial für außenpolitisches Handeln zu entfalten. Die diskursanalytische Untersuchung konzentriert sich auf drei diskursive Ereignisse in der Debatte um den Irak-Krieg: die Donald Rumsfeld-Äußerung über das „alte und neue Europa“, der „Brief der Acht“ und der einen Diskurs auslösende Beitrag „Unsere Erneuerung. Nach dem Krieg: Die Wiedergeburt Europas“ von Jürgen Habermas und Jacques Derrida nach dem offiziellen Kriegsende. Die Samplingstrategie mit Begriffen aus den Diskursereignissen lieferte eine für die qualitative Analyse praktikable Datenbasis von 758 Artikeln, publiziert in bedeutenden deutschen, amerikanischen, spanischen und britischen Printmedien. Im Diskursausschnitt wurden sämtliche Fremd- und Selbstzuschreibungen sowie sachliche Pro- und Contra-Argumente codiert und hinsichtlich ihres Legitimationspotenzials untersucht. Die Arbeit ist ein Beitrag zur konstruktivistischen Diskursforschung und untersucht die Bedeutung identitärer Zuschreibungen bei der Legitimation außenpolitischen Handelns. Identitätsrhetoriken werden im Diskurs zunehmend eingesetzt, wenn sich die Unvereinbarkeit der sachlichen Argumente manifestiert. Am Beispiel des Interventionsdiskurses zum Irak-Krieg wird nachgewiesen, dass ideelle Faktoren in Form von identitären Zuschreibungen zur Erklärung außenpolitischen Verhaltens eine entscheidende Rolle spielen.
During the intervention debate of the 2003 Iraq War, irreconcilable foreign- policy positions led to fierce transatlantic and inner-European disputes. The present analysis starts on the decisive pre-war-phase, which was essential for legitimising the Iraq War and explores, how identity ascription is used to develop a legitimising potential for foreign-policy actions, in addition to factual reasoning. The present study focuses on three discursive occurrences within the framework of the Iraq War debate: Donald Rumsfeld’s statement concerning “Old and New Europe”, the “Letter of the Eight” and after the official war’s end, the much debated contribution by Juergen Habermas, co- signed by Jacques Derrida, on “Our Renewal: After the War, Europe’s Rebirth”. Altogether 758 articles published in major German, US-American, Spanish and British print media constitute the base sample for a qualitative analysis paying special attention to key concepts used during the discourse events. Within the scope of the chosen discourse, all identity ascriptions and self- attributions, as well as factual arguments for and against going to war were classified and analysed regarding their legitimising potential. This thesis is a contribution to constructivist discourse analysis, scrutinising the importance of identity ascription, in order to legitimise foreign-policy actions. Once factual criteria had proven to be non-conclusive, identity rhetoric was increasingly applied in discourse. By using the example of the intervention discourse of the Iraq War it is illustrated to what extent ideational factors as regards to identity ascriptions may influence foreign- policy strategies.