Hintergrund: Angehörige nehmen die Belastungen im Rahmen der Pflege eines pflegebedürftigen Familienmitglieds sehr unterschiedlich wahr. Die subjektive Einschätzung von Pflegeerfahrungen pflegender Angehöriger und deren Verarbeitung sowie der Einfluss der Verarbeitung von Pflegeerfahrungen auf das Bild von Pflege zeigen Forschungslücken. Das Erfahrungswissen von Menschen zur Über- und Annahme von Pflege ist die Basis sozialer Konstruktionen. Die Bedeutungen der Erfahrungen zum Thema Pflege und wie die Reflexionen der Erfahrung in die Zukunft wirken geben Hinweise für zukünftig notwendige Hilfe- und Betreuungsangebote. Ziel der Studie war die Bestimmung der sozialen Konstruktionen zur Pflegeübernahme bei pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen. Methodik: In einer mehrstufig aufgebauten Untersuchung wurden das Erfahrungswissen und die Ordnungsprinzipien der Probanden zum Phänomen der Pflegeübernahme untersucht. Die kognitiven Ordnungsprinzipien wurden durch das Sichtbarmachen der Kognitionsstrukturen mittels der Methode der Ähnlichkeitsanalyse untersucht. Die Strukturen wurden durch das statistische Analyseverfahren der multidimensionalen Skalierung und der Clusteranalyse identifiziert. Durch narrative Interviews erfolgte eine kommunikative Validierung der Ergebnisse der Ähnlichkeitsanalyse. Das Erfahrungswissen in konkreten Situationen der Pflegeüber- bzw. -annahme pflegender Angehöriger und Pflegebedürftiger wurde mittels 14 episodischer leitfadengestützter Interviews ermittelt und analysiert. Im Fokus der Analyse standen zwei thematische Strukturbereiche: einerseits die Bedeutung und die Aufgaben der Familie im Rahmen von Pflegebedürftigkeit sowie andererseits die Reflexionen des Wissens und der Wünsche für die eigene Zukunft. Die Ergebnisse zur familialen Pflegeübernahme wurden zudem unter einer systemtheoretischen Perspektive betrachtet. Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen eine kognitive Ordnungsstruktur nach Versorgungseinheiten, welche zudem einer vereinfachten Version des semantischen Differenzials von Osgood, Suci & Tannenbaum [1] entspricht. In den Ergebnissen der kommunikativen Validierung ist der Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstständigkeit auch im Falle von Pflegebedürftigkeit bei beiden Probandengruppen zentral. Ausgehend davon ist von einem Bedeutungsverlust der Familie im Rahmen der physische Pflege betagter pflegebedürftiger Angehöriger auszugehen; dabei bleibt die Bedeutung der Familie für deren psychische Betreuung ungebrochen hoch. Aus systemtheoretischer Sicht dient die Verschiebung der familialen Pflegefunktion hin zum institutionellen Sektor somit der Systemanpassung bzw. -stabilisierung. Diskussion: Der Wunsch nach einer Fortführung des selbstbestimmten Lebens der Probanden wird mit Formen betreuten Wohnens oder anderer professioneller Hilfeangebote geplant. Daraus kann auf einen zukünftig steigenden Bedarf an entsprechenden Betreuungs- und Hilfeangeboten, welche einem selbstbestimmten Lebensstil gerecht werden, geschlossen werden.
Background: Relatives perceive the burden linked to caring for a family member differently. There is a research gap on the subjective estimation of caring relatives’ care experiences and processing of these and the impact of processing care experiences on the image of care. People's knowledge of care assumption is the basis of social constructions. The significance of care experiences and how reflections on the experience impact the future indicate support that will be required in the future. The study aimed to determine the social constructions regarding the assumption of care among caring relatives and those who require care. Method: A multi-level study investigated test subjects' knowledge and guiding principles on the phenomenon of care assumption. Guiding cognitive principles were investigated through the visualisation of cognition structures using similarity analysis. The structures were identified through statistical analysis (multi-dimensional scaling) and cluster analysis. Narrative interviews achieved communicative validation of the results of the similarity analysis. Knowledge in specific situations of care assumption among caring relatives and those requiring care were determined through 14 episodic guided interviews and analysed. The analysis focused on two thematic structural areas: the family's significance and tasks linked to the need for care, and reflection on the knowledge and desires for personal futures. The results on care assumption by the family were also examined from a system-theoretical perspective. Results: The results show a cognitive structural order by care units corresponding to a simplified version of the semantic differential by Osgood, Suci & Tannenbaum [1]. In the communicative validation results, the desire for self-determination and independence is important even when care is required in both test subject groups. Accordingly, a loss of significance of the family in terms of physical care of elderly relatives can be assumed, with the significance of the family for psychological care remaining high. From a system-theoretical perspective, the shift in family care to the institutional sector adjusts or stabilizes the system. Discussion: The desire for the test subject's life to remain self- determined is planned through assisted living or other professional support. This implies increasing requirements for care and support facilities that enable a self-determined lifestyle in the future.