Hintergrund und Fragestellung: Die motorischen Handrepräsentationsgebiete sind durch kallosale Fasern verbunden. Mit TMS können Zellen des motorischen Handareals stimuliert werden, die homotop einen hemmenden Einfluss auf den kontralateralen, motorischen Kortex ausüben. Vermutlich wirken exzitatorische kallosale Fasern auf hemmende GABAerge Interneurone. Inzwischen ist die interhemisphärische Inhibition mittels Doppelreizparadigma ein gut untersuchtes elektrophysiologisches Phänomen, das unter pathophysiologischen Bedingungen verändert sein kann. Bewegungsassoziierte Modulation im ipsilateralen Motorcortex weisen auf eine funktionelle Bedeutung bei uni- und bimanueller Bewegungen und deren Koordination hin. Interaktion mit anderen kortikalen Hemmphänomenen liefern indirekt Rückschlüsse auf die Eigenschaften der zugrundeliegenden neuronalen Netzwerke und lassen eine GABABerge Neurotransmission vermuten. Durch welche Transmitter die IHI beim Menschen vermittelt wird, wurde bislang jedoch nicht untersucht. Folgende Hypothesen wurden aus pharmakologischen Tierexperimenten abgeleitet: 1. Unter Baclofen tritt eine Verstärkung der l-IHI über Erregung des postsynaptischen GABAB- Rezeptors auf. 2. Unter Midazolam wird eine Steigerung der s-IHI über eine Interaktion mit dem GABAA-Rezeptor beobachtet. 3. Möglicherweise besteht ein regulativer Einfluß über präsynaptische GABAB-Rezeptoren. Diese Arbeit untersucht erstmals in einer pharmakologischen Studie die IHI vermittelnden Neurotransmittersysteme am Menschen. Methodik: Die mittels Doppelreizparadigma durchgeführten Experimente bestanden jeweils aus sechs Messungen, drei vor und drei unter Medikamentwirkung (s-ICI, l-ICI, IHI) (Experiment 1 Baclofen n= 17 Probanden; Experiment 2 Midazolam n= 10 Probanden), um eine mögliche Veränderung unter medikamentöser Beeinflussung beobachten zu können. Die IHI wurde in den ISI 10ms, 20ms, 30ms, 40ms, 50ms, 100ms, 150ms und 200ms untersucht. Die Ableitung der motorisch evozierten Potentiale erfolgte vom entspannten FDI (M. interosseus dorsalis I) der dominanten Hand. Die Inhibition wurde in % der konditionierten Testreizantwort angegeben und pre/post Medikation verglichen. Ergebnisse: Baclofen verstärkte die l-IHI zwischen ISI 20-50 ms und 100-200ms signifikant. Dies spricht beim Menschen für eine postsynaptische GABAB-Rezeptor vermittelte Transmission der l-IHI. Es fand sich keine signifikante Veränderung der s-IHI unter Baclofen oder Midazolam. Jedoch war unter Baclofen ein nicht signifikanter Trend zu verstärkter Inhibition zu beobachten. Eine Vermittlung dieses Effekts könnte entweder über präsynaptische GABAB-Rezeptoren an exzitatorischen Synapsen transkallosaler Fasern oder über eine präsynaptische Hemmung lokaler GABAAerger Interneurone erfolgen. Die l-IHI war nach Midazolam abgeschwächt, möglichweise über eine verstärkte GABAAerge Inhibition, die durch Interaktion an GABA-Interneuronen zur Abschwächung der GABAB-ergen, transkallosalen Inhibtion führt. Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie untersuchte erstmals die Veränderung der IHI unter Baclofen und Midazolam am Menschen. Die Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass die l-IHI über die Erregung des postsynaptischen GABAB-Rezeptors übertragen wird. Unsere Ergebnisse liefern einen Beitrag zum Verständnis der interhemisphärischen Inhibition auf Transmitterebene und verbessern damit das Verständnis transkallosaler Konnektivität. Die s-IHI sollte in zukünftigen Studien genauer untersucht werden.
Objective: The primary motor cortices (M1) are conneted through transcallosal fibres, which induce inhibitory input in homologous areas of the contralateral M1. This is thought to be mediated via excitatory transcallosal neuronal pathways acting on inhibitory interneurons. IHI is a neurophysiological principle, which ist relevant concerning uni- and bilateral coordination and execution of movements. Meanwhile there is plenty of evidence for altered IHI under pathological conditions, e.g. Morbus Parkinson or Multiple Sclerosis (MS). There exist many studies concerning interaction with intracortical inhibition which suggest a postsynaptic GABAB mechanism. However the neurotransmitter system controlling IHI was not tested directly in humans so far. These hypotheses were derived from animal studies on neurotransmitter systems: 1\. Baclofen leads to enhancement of l-IHI via postsynaptic GABAB receptors. 2\. Midazolam increases s-IHI by stimulating the GABAA-receptors. 3\. Transcallosal inhibition is regulated by presynaptic GABAB-receptors. We tested these hypotheses in healthy humans. Methods: The experiments using paired-puls paradigms consisted of six measurements, three with and three without medication (s-ICI, l-ICI, IHI) (experiment 1: Baclofen, n= 17, experiment 2: n= 10). IHI was tested with conditioning stimulus 10, 20, 30, 40, 50, 100, 150, 200 ms before the teststimulus. EMG was recorded from the relaxed first dorsal interosseus muscle of the dominant hand. The peak to peak amplitudes of conditioned muscle response were averaged and normalised as percentage of the unconditioned teststimulus response. Results: Baclofen strengthend l-IHI between 20-50ms significantly. This result was also observed at ISI 100-200 ms. S-IHI was not significantly enhanced by Baclofen, but showed a non significant trend towards more inhibtion. This might be the result of presynaptic activation of GABAB receptors on excitatory synapses, or through inhibition via presynaptic neurotransmission on GABAA-ergic interneurons. Conclusion: This is the first human study evaluating the effect of Baclofen and Midazolam on IHI. Our results support the hypothesis that l-IHI in humans is mediated by postsynaptic GABAB receptors. Regarding s-IHI our results are inconclusive and require further investigation in the future. Our results contribute to a better understanding of neurotransmission in IHI and of transcallosal connectivity .