Einleitung: Erstmals kann eine deutschlandweite umfassende Untersuchung der Häufigkeiten der Harnsteinkomponenten unter Berücksichtigung der pathogenetischen Unterschiede im Rahmen der Harnsteinbildung, der Alters- und Geschlechtszusammen-setzung sowie der regionalen Verteilung der Harnsteinklassen vorgelegt werden. Grundlage für die Untersuchung waren insgesamt 224.085 Harnsteinanalysen aus den Jahren 1977 bis 2006. Dabei konnten Daten von insgesamt 22 teilnehmenden Instituten berücksichtigt werden. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es, aus dem vorhandenen Datenbestand Aussagen zur Häufigkeitsverteilung der Harnsteinklassen in Abhängigkeit vom Jahr des Steinabganges, Alter und Geschlecht aufzuzeigen und diese in einer Trendbetrachtung zu bewerten. Methoden: Die Analyseergebnisse wurden dem Jahr des Steinabganges, dem Geschlecht, der Altersgruppe und den vier Steinartenklassen zugeordnet, die sich pathogenetisch voneinander unterscheiden: Steinklasse 1: Kalziumsteine, Steinklasse 2 : Infektinduzierte Steine, Steinklasse 3: Harnsäurehaltige Steine, Steinklasse 4: Zystinsteine. Die statistische Aufarbeitung und Auswertung der Daten erfolgte einerseits durch Excel und andererseits durch das Programmsystem SPSS ,Version 14. Ergebnisse: Die Kalziumsteine sind bei beiden Geschlechtern mit Anteilen von 84,1% bei den männlichen Steinträgern und mit 81,3% bei den weiblichen Steinträgern die dominierende Steinart in Deutschland. Das Geschlechtsverhältnis von weiblich zu männlich beträgt 1 : 2,4. Dieses Übergewicht der männlichen Patienten hat sich von 1977 bis 2006 deutlich von 1 : 1,86 auf 1 : 2,7 erhöht. Wird dabei die Sex ratio weiblich: männlich der einzelnen Altersgruppen betrachtet, so wird deutlich, dass mit zunehmendem Alter Männer weitaus häufiger betroffen sind als Frauen. In der Klasse der Infektsteine gibt es eine deutliche Differenz zwischen den Geschlechtern beim Anteil der Infektsteine. Die weiblichen Steinträger in dieser Klasse haben mit 11,0 % einen deutlich höheren Anteil als die männlichen Steinpatienten mit nur 3,8 %. Jedoch zeigt der Verlauf der Trendlinie der Jahre 1977 bis 2006 einen Anstieg von 1 : 0,61 auf 1 : 0,95 und dokumentiert damit eine Zunahme des Anteils der männlichen Patienten mit Infektsteinen. Harnsäuresteine werden häufiger bei männlichen Steinpatienten gefunden als bei weiblichen Steinpatienten. Der Anteil der Harnsäuresteine beträgt bei männlichen Patienten 11,7 % und bei den weiblichen Patienten nur 7,0 %. Das Verhältnis der weiblichen zu den männlichen Patienten beträgt über alle Jahre 1 : 3,92. Dieses Übergewicht der männlichen Patienten hat sich von 1977 bis 2006 von 1 : 2,97 auf 1 : 4,66 gesteigert. Die Zystinsteine sind bei den männlichen Steinpatienten mit einem Anteil von 0,4 % und die weiblichen Patienten mit einem Anteil von 0,7 % am Gesamtsteinaufkommen beteiligt, so dass man davon ausgehen kann, dass die Bildung von Zystinsteinen bei beiden Geschlechtern annähernd gleich häufig anzutreffen ist. Die Häufigkeit der vier Steinklassen ist in Deutschland regional sehr unterschiedlich. Bemerkenswert ist für beide Geschlechter die regional unterschiedliche Ausprägung der dominierenden Rolle der Kalziumsteine am gesamten Steinaufkommen sowie der hohe Anteil männlicher Steinträger in der nördlichen, westlichen und südlichen Region bei den Harnsäure- und Zystinsteinen. Schlussfolgerungen: Noch führen die günstigen therapeutischen und metaphylaktischen Möglichkeiten beim Harnsäuresteinleiden zu einer Abnahme der Häufigkeit bei den männlichen Patienten. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Infektsteinbildung. Hier sind aufgrund der verbesserten erregerspezifischen antibiotischen Therapie des Harnwegsinfekts in den letzten Jahren und der gründlichen Infektsanierung durch komplette Entfernung der Reststeine rückläufige Tendenzen bei der Infektsteinhäufigkeit erkennbar. Das leichte Absinken der Zystinsteine ist ebenfalls im Zusammenhang mit einer Verbesserung der Screeningdiagnostik, der guten Therapiemöglichkeiten und einer guten Compliance der Steinpatienten in der Rezidivsteinbehandlung zu sehen. Bei den Kalziumsteinen hingegen ist bei beiden Geschlechtern eine Zunahme des Anteils am Gesamtsteinaufkommen um 4% bei den männlichen Patienten beziehungsweise 4,5 % bei den weiblichen Patienten zu beobachten. Der Anstieg der Kalziumsteinhäufigkeit unterstreicht besonders den engen Zusammenhang zwischen den Lebens- und Ernährungsgewohnheiten und der Entwicklung von Zivilisationserkrankungen bei der Entstehung von Harnsteinen. Auch die unterschiedliche regionale und internationale Verteilung der Harnsteinklassen wird sowohl durch Alter, Geschlecht, Ernährungsgewohnheiten und soziookönomischen Unterschieden als auch durch eine regionalspezifische Verteilung der Zivilisationserkrankungen und Zivilisationserscheinungen beeinflusst. Noch imponiert die Harnsteinbildung bei beiden Geschlechtern eindeutig als eine Erkrankung der älteren Bevölkerung. Doch in den letzten Jahren war eine deutliche Verschiebung der Erkrankungshäufigkeit zur jüngeren Bevölkerung zu beobachten, wobei die tendenziell immer stärker werdende Dominanz der männlichen Harnsteinpatienten zu bemerken ist.
Introduction: For the first time a nationwide extensive survey of the occurrence of urinary stone components considering pathogenetic differences of stone formation, age, gender and region can be published. The survey was based on 224.085 urinary stone analyses from 1977 to 2006. Data from 22 institutes were used. The aim of the study was to evaluate the distribution of the stone components according to year of stone passage, age and gender and to assess possible trend evolutions. Methods: The stone analyses were classified to year of stone passage, gender, age classes according to the age classes of the statistical federal department and furthermore to four stone classes considering pathogenetic differences of stone formation: calcium stones, infection stones, uric acid stones, cystine stones. For the statistical evaluation and analysis of all data Excel and SPSS software, version 14, were used. Results: Calcium calculi are in both sexes with a frequency of 84.1% for male and 81.3% for female stone former the predominant stone class in Germany. The female/ male ratio is 1:2.4. This preponderance of male stone formers significantly increased from 1: 1.86 to 1: 2.7 in the period from 1977 to 2006. Observing the female/male ratio of the several age classes there seems to be clear that with rising age male stone formers are more often involved than female. Infection stones represent major differences in frequency of appearance between both sexes. The female stone formers in this class have with 11.0% a higher incidence than male stone formers with 3.8%. However, the trend line progress of the sex rate shows an increase from 1: 0.61 to 1: 0.85 and demonstrates an upward tendency in males. The share of uric acid stones is 11.7% with men and only 7% with women. The sex ratio over all years is 1: 3.92. This makes clear that uric acid stones stronger appear in male stone formers than in female. From 1977 to 2006, this dominance of the male patient increased from 1: 2.97 to 1: 4.66. Cystine stones were found in men in 0.4% and in women in 0.7% of the total stone occurrence leading to the suggestion that the formation of cystine stones is nearly equally distributed in both gender. Great regional differences between the four stone classes have been observed. Remarkable for both sexes is the different regional character of the dominant role of the calcium calculi as well as the high incidence of male stone formers among uric acid and cystine calculi in the regions North, West and South. Conclusions: The easy therapeutic and metaphylactic possibilities in the treatment of uric acid calculi still lead to a decreasing occurrence in male patients. A similar situation is to be observed for infection stone formation. Because of improved pathogen specific antibiotic therapy in the last years and the thorough infect sanitation by complete removal of residual stones a downward tendency of the occurrence of infection stones has been observed. However, an increased incidence for calcium calculi there has been analysed for both gender, 4% in male and 4.5 % in female. The increased occurrence of calcium stones underlines the close relationship between living and eating habits and the development of civilisation diseases while formation of urinary calculi. Also the different regional and international distribution of the stone classes is influenced with age, gender, eating habits and socioeconomic varieties as well as with regionally specific distribution of civilisation diseases and symptoms. The formation of urinary calculi in both sexes has already been characterized as a disease of the older population. But on the other hand a clear change of the incidence of nephrolithiasis to younger age groups has been recognized for the past years, although it is suggested that the predominance of male stone formers shows an increased tendency.