Die Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion (XR) bringt neben ihrem radikalen Protest durch zivilen Ungehorsam auch Narrative und Praktiken der Achtsamkeit zum Einsatz. Bewegungsinterne Leitlinien umfassen zahlreiche standardisierte und achtsamkeitsbasierte Gefühlsvorgaben und Selbsttechniken, die zum Zweck eines nachhaltigen Zusammenlebens vor allem das Wohlbefinden der Einzelnen forcieren. Diese subjektzentrierte Perspektive rückt vor dem Hintergrund von XRs politischem, an Gemeinwohl orientiertem Ansatz das gegenwärtig höchst populäre Gefühlsprogramm in ein neues Licht. Angesichts der soziologischen Kritik an der Achtsamkeit, die vorrangig deren Tendenz zur Entpolitisierung, Privatisierung und verstärkten Eigenverantwortung anprangert, wirft XRs neuartige, politisierte Rezeption zahlreiche Fragen auf. Der Beitrag zeigt daher anhand einer qualitativen Analyse von öffentlichen Dokumenten und Regelwerken, inwiefern die für ihre individualistische Disposition kritisierte Achtsamkeit in einem politischen Kontext eingesetzt wird und welche ambivalenten Folgen daraus sowohl für die Klimabewegung als auch das Konzept der Achtsamkeit selbst hervorgehen. Darauf aufbauend wird dargelegt, wie institutionalisierte Gefühlsprogramme in einer dezentral organisierten Bewegung ordnungsbildend und als Kontrollinstanz wirken können.