Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) gehört zu den häufigsten Mortalitäts- und Morbiditätsursachen von Patienten unter 40 Jahren in den Industrieländern (4). Ausschlaggebend für die hohe Sterblichkeits- und Morbiditätsrate sind oft sekundäre Hirnschäden im Sinne einer posttraumatischen Entzündungsreaktion, die mit der Entwicklung eines Hirnödems und erhöhtem intrakraniellen Druck einhergeht (7). Diese reaktiven Prozesse bieten Spielraum für therapeutische Maßnahmen. Das Verständnis der genauen inflammatorischen Abläufe ist dabei unbedingte Voraussetzung zur Entwicklung spezifischer Therapieansätze. Diese Studie befasst sich mit der Rolle des alternativen Weges der Komplementaktivierung, dem bereits für viele andere zentralnervöse und systemische Erkrankungen eine Schlüsselrolle zugesprochen wird (63;103-117). Ein Schlüsselprotein der alternativen Komplementaktivierung ist Faktor B. In dieser Arbeit wurden Faktor B defiziente Mäuse (FB-/-) mit C57/BL6 Wildtypen in Hinblick auf neurologisches Outcome, Größe von zerebralen Parenchymdefekten, Apoptose, Komplementaktivierung und Genexpression nach experimentellem geschlossenen Schädel-Hirn-Trauma (SHT) verglichen. Zur klinischen Beurteilung der Mäuse diente neben dem regelmäßigen Erfassen des Körpergewichts ein Neurological Severity Score (NSS), der anhand von 10 Aufgaben ermittelt wird und ein Maß für die neurologische Beeinträchtigung der Maus darstellt. Die histologischen Gewebeveränderungen und Apoptoseraten wurden mittels NeuN und TUNEL Färbung an Kryoschnitten der entnommenen Hirne abgeschätzt. Ein Maß für die Komplementaktivität nach SHT lieferten ELISA Untersuchungen des Serums auf den aktivierten Komplementfaktor C5a. Die Transkriptionsraten der apoptoseregulierenden Proteine Bcl-2, BAX, FAS, FAS- Ligand (FAS-L) und TNF-α wurden mittels real-time RT PCR, die Expression auf Proteinebene mittels Western Blot (SDS-PAGE) für Bcl-2 und BAX untersucht. Die Apoptoseraten in den Hirnschnitten zeigten sich 4h nach Trauma in beiden Gruppen gleich stark ausgeprägt, nach 24h und 7d dagegen geringer in der FB-/- Gruppe. Als wahrscheinliche Ursache für die frühe Apoptose (4h) nach SHT wird bei signifikanter Steigerung der Transkriptionsraten für FAS, FAS-L und TNF-α in beiden Tiergruppen eine extrinsische Apoptoseinduktion angenommen. Die Transkriptions- und Expressionsraten für Bcl-2 und BAX zeigten sich dagegen nicht wesentlich verändert, was gegen eine Beteiligung dieser Apoptoseinduktoren nach SHT in der vorliegenden Studie spricht. Der untersuchte extrinsische Apoptosepathway zeigte sich nicht durch den alternativen Arm des Komplementsystems beeinflusst, da beide Tiergruppen identische Transkriptionsmuster aufwiesen. Es wird daher in Hinblick auf die divergenten Apoptoseraten 24h und 7d nach Trauma ein von FAS, TNF-α und Bcl-2/ BAX unabhängiger Einfluss des Komplementsystems angenommen. Als Erklärung bieten sich direkt apoptoseinduzierende Wirkungen einzelner Effektoren des Komplementsystems an, wie diese bereits für Faktor B, C5a und den Membran Angriffs Komplex (MAC) beschrieben sind (36;57-59;100). Im Gegensatz dazu zeigten die FB-/- Mäuse 7d nach SHT ein signifikant schlechteres neurologisches Outcome im Neurological Severity Score (NSS) bei gleichen Ausgangswerten. In Bezug auf dieses Ergebnis muss für das alternative Komplementsystem auch eine protektive Funktion postuliert werden, die sich insbesondere im späteren zeitlichen Verlauf bemerkbar macht und den Wildtypen zu einer schnelleren Wiederherstellung neurologischer Funktionen verhilft. Neben protektiven Eigenschaften von C3a und C5a auf glutamatinduzierte Neurotoxizität (79- 81;149) und schnellere Phagozytose von Zelldetritus (85;86;155) ist auch ein positiver Einfluss von Komplementfaktoren auf die Regeneration von Neuronen und Gliazellen durch Induktion mitogener Prozesse denkbar, der in vitro und in vivo bereits für C3a, C5a und den MAC beschrieben wurde (36;48;49;94). Diese Studie zeigt einen deutlichen Einfluss des alternativen Komplementweges auf die intrakraniellen Anpassungsvorgänge nach Schädel-Hirn-Trauma in der Maus. Insbesondere in Bezug auf die Zeitpunkte 24h und 7d nach SHT zeigt sich einerseits eine apoptosebegünstigende Wirkung, andererseits aber auch ein protektiver Effekt in Hinblick auf das neurologische Outcome. Zur Klärung der Frage, welche Proteine im Verlauf der alternativen Komplementaktivierung zu welchen Zeitpunkten positive oder negative Einflüsse auf das klinische Outcome nach SHT haben, sind weitere Studien notwendig. Anbieten würden sich zum Beispiel Studien mit Faktor B neutralisierenden Antikörpern, die nur eine kurzzeitige Inhibierung des Komplementsystems bewirken, um langfristig protektive Funktionen der alternativen Komplementkaskade nicht ebenfalls auszuschalten.
Traumatic brain injury (TBI) is one of the main causes of morbidity and mortality in young people (< 40y) in the western countries. Neuroprotective strategies for prevention of the neuropathological long-term claim of TBI have largely failed in translation to clinical treatment. The intracerebral activation of the complement cascade was shown to mediate inflammation and tissue destruction after TBI, leading to increased damage and worse neurological outcome. The exact pathways of complement activation involved in the posttraumatic inflammation have not yet been ascertained. This study investigates the role of the alternative complement activation pathway in contributing to neuronal cell death and neurological outcome, based on a standardized TBI model in knockout mice, lacking the factor B gene (fB-/-), an obligatory component of the alternative complement pathway.