Das Teilprojekt 01 der Forschergruppe Diskursivierungen von Neuem rekonstruiert die konkurrierenden Neuerungsansprüche im Minnediskurs des deutschsprachigen Mittelalters. Michel Beheim galt bereits seinen Zeitgenossen im 15. Jahrhundert als eine Art Übergangsfigur: Er gab die Profession als Weber auf und stellte sich als Hofsänger in den Dienst verschiedener Herrscher. Beheim inszenierte sich als nachmaister berühmter hochmittelalterlicher Sänger, beanspruchte für sich eine ‚neue‘ Meisterschaft und kritisierte insbesondere die städtischen Meistersänger scharf. Das vorliegende Working Paper 15 behandelt die spannungsreichen Neuerungsdynamiken bei Michel Beheim in drei Untersuchungsfeldern: Erstens zeichnen sich seine Textfakturen durch Gattungshybridisierungen und Diskursinterferenzen aus. Er durchsetzt seine Lieder zweitens mit texttheoretischen Reflexionen und einer Selbstinszenierung, in welcher er die Rezipienten mit performativen Selbstwidersprüchen konfrontiert. Drittens strebt Beheim eine geschlossene Werkkonstitution an und sichert seine Lieder durch die selbst vorgenommene Tradierung. Ziel ist, die Dynamik von ‚alt‘ versus ‚neu‘ bei Beheim für die genannten Beobachtungsfelder hinweg zu beschreiben und in einer überlieferungsbezogenen, poetologischen und textpragmatischen Argumentation zusammenzuführen.