Für die Diagnostik einer Phonemdiskriminationsschwäche und anderer Teilaspekte der auditiven Wahrnehmung und Verarbeitung haben sich klinisch bis jetzt nur subjektive Testverfahren etabliert. Die Messung ereigniskorrelierter Potenziale (EKP) und einer ihrer Teilkomponenten, der Mismatch Negativity (MMN), scheint eine Objektivierung des kindlichen auditiven Diskriminationsvermögens zu ermöglichen. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist, die Eignung der EKP-/MMN-Messung bei Kindern zur Objektivierung von Teilaspekten der auditiven Wahrnehmung und Verarbeitung in der individuellen klinischen Diagnostik bei Grundschulkindern besser beurteilen zu können. Es wurde bei 82 normalentwickelte Schulkinder der 2. und 3. Klasse die Phonemdiskrimination (D/G) mittels EKP und subjektiver Verfahren untersucht. Des weiteren erfolgte die Evaluierung der Phonemreize auch an 10 Erwachsenen und 5 Kindern mit einer Lese-Rechtschreibschwäche (LRS). Die Ableitungen der EKP wurde mit einem in der Klinik für Audiologie und Phoniatrie entwickelten poliklinisch gut einsetzbaren Messaufbau durchgeführt. Die kortikalen Potenzialantworten auf die Standardreize zeigten bei den gesunden Kindern große interindividuelle Unterschiede bezüglich der einzelnen kortikalen Potenzialkomponente. Sie wiesen signifikante altersabhängige Einflüsse auf, die zu komplexen Morphologieänderungen der Potenzialantwort in der untersuchten Alterspanne und hin zu den Erwachsenen führen. Überraschenderweise zeigten sich außerdem noch geschlechtsabhängige Unterschiede bei den Amplituden einzelner kortikaler Potenzialkomponenten bei den Schulkindern. Bei der Beurteilung von kortikalen Potenzialantworten sollte also nicht nur das Alter, sondern auch das Geschlecht berücksichtigt werden. Die MMN-Antworten zeigten bei den Kindern eine viel größere Variabilität als bei den Erwachsenen. Bei den Erwachsenen und etwa 2/3 des Kollektivs waren zwei Negativierungen in der Differenzkurve nachweisbar (MMN I und MMN II). Bei knapp 1/3 der Kinder konnte nur eine frühe Positivierung und eine späte MMN (MMN II) nachgewiesen werden. Die frühe Positivierung ließ sich gehäuft bei den jüngeren Schulkindern nachweisen, so dass es sich um ein altersspezifisches MMN-Antwortmuster handeln könnte. Bei den fünf Kindern mit einer LRS fiel eine verlängerte Latenz der MMN auf, d.h. bei diesen Kindern konnte eine verzögerte vorbewusste Diskrimination der Phoneme im Vergleich zu den unauffälligen Kindern objektiviert werden. Mit dem Messverfahren konnte eine individuelle Objektivierung der vorbewußten Verarbeitung und Diskriminationsfähigkeit von Phonemen bei unauffälligen Schulkindern prinzipiell durchgeführt werden. Der Stellenwert diese Untersuchung in der individuellen Diagnostik bei auffälligen Kindern kann abschließend aber erst nach systematischen Untersuchungen großer Patientenkollektive beurteilt werden.
Until now, phoneme discrimination deficits and central auditory processing disorders could only be diagnosed by subjective tests. Measurement of event- related-potentials (ERP), especially Mismatch Negativity (MMN), seems to be a promising tool for objectifing auditory discrimination ability in children. The aim of this study was to prove the suitability of ERP/MMN measurement in objectifing aspects of central auditory processing in individual clinical diagnosis of school-age children. Phoneme discrimination (D/G) was tested with ERP`s and subjective measurements in 82 normal children (2.nd and 3.rd grade). Additional evaluation of phoneme stimuli was carried out with ten normal adults and five dyslexic children. The ERP´s were evaluated with a measurement technique developed at the Department of Audiology and Phoniatrics. Cortical responses of normal children to standard stimuli demonstrate a great interindividual variability for single components. Results show significant age influences which not only indicate morphological differences between children and adults but even within the age-range of the tested children. In addition significant gender differences could be found in the amplitude of some cortical components in school-age children. An assessment of cortical responses should consider not only age but also gender influences. MMN reponses in children were much more variable than in adults. The adults and 2/3 of the normal school-aged children show two negativities (MMN I and MMN II) in their difference waves (deviant response minus standard response). In 1/3 of children however only an early positivity and a late MMN (MMN II) could be seen. Early positivity was found more often in younger children, indicating that the typical mismatch response pattern depends on age. The five dyslexic children demonstrate longer latencies for both MMN I and MMN II. It seems that preconscious discrimination of phonemes in these children is somewhat prolonged. With the applied measurement technique individual ability of preconscious processing and phoneme discrimination in normal school-age children could be objectified. However, a large group of patients must be evaluated before one can finally decide if this examination procedure is a valuable tool for specific diagnosis of auditory discrimination deficits.