Die Geschichte Potsdams begann im 8. Jh. mit der Gründung einer großen Siedlung an der Havel im Bereich der östlichen Altstadt. Die Ersterwähnung eines Ortes Poztupimi in einer Urkunde des Jahres 993 bezog sich auf den slawischen Burgwall, der sich zu dieser Zeit auf einer künstlichen Insel an Stelle der späteren Heiligengeistkirche befunden hatte. Bis in das 14. Jh. hinein sind keine weiteren Nennungen des Ortsnamens und keine quellenkundlich fixierten Ereignisse überliefert. Aus diesem Grund muss die Erforschung des Gründungsvorganges der Stadt durch deutsche Siedler in der zweiten Hälfte des 12. Jh. schwerpunktmäßig auf den archäologische Befunden basieren. Seit den fünfziger Jahren des 20. Jh. hatte es ernst zu nehmende Versuche gegeben, eine Stadtkernarchäologie in Potsdam zu begründen. Richard Hoffmann, Mitarbeiter des Potsdam Museums, versuchte, in und unter den Fundamenten des kriegszerstörten Stadtschlosses die Reste einer mittelalterlichen Burg zu finden. 1960 wurden die Ruinen des Schlosses abgetragen. Erst nach 1990 nahm man die Neugestaltung des Grundstücks konsequent in Angriff. Als eine Folges des Beschlusses, dort ein Landtagsgebäude in Gestalt des Potsdamer Stadtschlosses zu errichten, erfolgte die archäologische Ausgrabung großer Teile des historischen Stadtkerns. Die Untersuchungsflächen von 1997 bis 2016 beinhalteten den vollständigen Grundriss des Stadtschlosses, eineinhalb mittelalterliche Stadtquartiere mit Resten der bürgerlichen Bebauung, einige Straßenzüge, sowie mehr als 150 m des Havelufers mit angrenzenden Grundstücken, Uferbefestigungen und versunkenen Bootsfragmenten. Diese Untersuchung hat zum Ziel, die archäologischen Befunde des 12. bis 15. Jh. dieser Untersuchungsfläche vorzulegen, um auf dieser Grundlage Entwicklung und Struktur der mittelalterlichen Siedlung nachzuvollziehen. Durch zahlreiche dendrochronologisch datierte Hölzer aus mittelalterlichen Brunnen, Kellern und Uferbefestigungen gelang es, ein chronologisches Gerüst zusammenzufügen, das unverzichtbar war bei der Datierung des Gründungsvorganges und anderer wichtiger Ereignisse der Potsdamer Stadtgeschichte. Siedler aus den westlichen Teilen des Heiligen Römischen Reiches erreichten die Gegend um Poztupimi um 1180. Dort beanspruchten sie das Gelände westlich der slawischen Siedlung. Einige Gruben und ein kleiner Fassbrunnen konnten den ersten Neusiedlern zugeordnet werden. Der systematische Aufbau der Stadt erfolgte um 1200 mit der Absteckung rechteckiger Grundstücke für die zukünftigen Bürger. Die archäologische Untersuchung zeigte, das es je Parzelle einen Holzkeller und einen hölzernen Brunnen gegeben hatte. Fast von Beginn an war das Töpferhandwerk ein großer Faktor in der städtischen Wirtschaft. Zahlreiche Töpferöfen in der Stadt und am Stadtrand zeugten davon. Um 1265 legte ein erster Brand die Stadt komplett nieder. Den Bürgen gelang der schnelle Wiederaufbau des Städtchens Postamp, wie sie es in Adaption des slawischen Ortsnamens bezeichneten. Vom ausgehenden 13. Jh. bis um das Jahr 1370 herum erlangte die Stadt einen Zustand von moderatem Wohlstand. Mehr als 30 Kellerräume aus dieser Zeit führten den Variantenreichtum der Bauweisen vor Augen – erste Räume wurden mit Feldsteinen und aus Lehm gestaltet. Ein weiterer Stadtbrand zerstörte um das Jahr 1370 erneut die ganze Stadt. Potsdam benötigte anscheinend dieses Mal eine längere Zeit, um sich von den Verlusten zu erholen. Töpfer- und Backöfen, die vorher auf zahlreichen Grundstücken in der Stadt zu finden waren, verschwanden nach dem Brand komplett aus dem Stadtbild. Der Neubau von Kellerräumen nahm sehr stark ab. Um die Mitte des 15. Jh. traf Potsdam ein dritter Stadtbrand. Obwohl sich diese Untersuchung auf die Befunde der zusammenhängenden Ausgrabungsfläche im Stadtzentrum fokussierte, wurden auch relevante Befunde von anderen, weiter außerhalb liegenden Grabungsstellen einbezogen, um das mittelalterliche Erscheinungsbild der Stadt umfangreicher darstellen zu können. Die Stadtbefestigung, die Stadtpfarrkirche, Rathaus und Marktplatz, auch diese wichtigen Komponenten städtischer Funktionalität waren Gegenstand der Untersuchung. Es erschien zwingend notwendig, sich erneut mit dem Standort der mittelalterlichen Burg auseinanderzusetzen, wenn man sich in dieser Ausführlichkeit der Gründungszeit Potsdams widmet. Bei der Freilegung der Fundamente der Burg Kurfürst Joachims I. aus dem frühen 16. Jh. konnte von archäologischer Seite endlich nachgewiesen warden, dass in dem Bauensemble kein mittelalterlicher Kernbau verborgen war. Rezente mediävistische Forschungen nehmen die Existenz der mittelalterlichen Burg am westlichen Stadtrand an. Da jedoch keine archäologischen Befunde zur Untermauerung dieser These vorliegen, wurde hier die Position bevorzugt, dass sich die mittelalterliche Burg an der Stelle des slawischen Burgwalls befunden hatte. Zahlreiche Hinweise historischer und archäologischer Art deuten auf die Existenz eines großen mittelalterlichen Gebäudes als Vorläufer der Heiligengeistkirche. Die Ausübung von Konrolle über die Havel und die Überwachung eines Flussübergangs nahe der Nuthemündung waren die Aufgaben des Burgwalles Poztupimi gewesen. Mit der Gründung der deutschen Stadt westlich des Standortes war die Lage des Flussübergangs ungünstig. Der Wunsch, einen neuen Havelübergang in der Stadt anzulegen, erfüllte sich im frühen 14. Jh. mit der Erlaubnis zum Brückenbau. Eine Turmhügelburg wurde neu errichtet, um die Brücke sichern zu können, da die Burg zur Ausübung dieser Funktion zu weit abseits gelegen war. Die Turmhügelburg bestand aus einem hölzernen Turm auf einem künstlich angefüllten Hügel. Befestigt war sie durch eine Palisade und einen rechteckigen wasserführenden Graben. Sie wurde im 15. Jh. durch den dritten Stadtbrand zerstört und nicht wiedererrichtet. Nachdem Kurfürst Joachim I. die Burg Potsdam und seine angegliederten Liegenschaften aus der Verpfändung ausgelöst hatte, entschloss er sich um 1510 dann auf dem wüst gefallenen Gelände der Turmhügelburg eine neue Burg zu errichten. Potsdam soll auf Grundlage dieser Untersuchung als Beispiel genommen werden, um das Vorgehen bei der Stadtgründung während des hochmittelalterlichen Landesausbaus der ostelbischen Gebiete nachzuvollziehen. Die archäologische Forschung konzentrierte sich bislang auf die Entwicklung des ländlichen Raumes in dieser Umbruchphase, da zahlreiche, archäologisch gut erschlossene Beispiele zur Auswertung vorliegen. Während der letzten 30 Jahren vergrößerte sich die Anzahl der archäologischen Dokumentationsmaßnahmen in den brandenburgischen Städten enorm, sodass viel Quellenmaterial zur Verfügung steht, um in Zukunft die Gründungsvorgänge weiterer Städte der Mark Brandenburg analysieren zu können.
Potsdam is known as a small baroque garrison city developped by Prussian king Friedrich Wilhelm 1st in the beginning of the 18th century. Recent excavations concerning an approximately 40000 m² area in the city centre revealed the structures of the medieval city and the earlier Slavic evidences. The city’s history began with the foundation of a large settlement in the 8th century. The first documentary record of a place named ‘Poztupimi’ in 993 referred to the Slavic fortress at the later place of Heiligengeistkirche, east of the city centre. Up to the early 14th century no further mentions of Potsdam occurred. For that reason the investigation of Potsdams formation by german settlers in the second half of the 12th century can primarily be based on archaeological records. There had been serious efforts to establish a kind of city archaeology in Potsdam since 1950, when Richard Hoffmann, employee of the City Museum, tried to find the remains of the medieval castle in the foundation of the later city palace. In 1960 the ruins of the city palace had been broken down. The excavation of huge parts of the city’s centre began after 1990 when the reconstruction of the historical buildings had been resolved. The excavation site of 1997 to 2016 included the complete area of the city castle, one and a half medieval quarters with citizen houses, several public streets, more than 150 metres of the western Havel rim with further properties, river fortifications and sunken boats. The purpose of this work is to present the archaeological records from the 12th to the 15th century for the intention of reproducing the city’s development and structure. Developing a chronological system had been enabled by plenty of preserved wooden constructions from wells, cellars and river fortifications. Dendrochronological age determination helped to fix data for the formation process and other important events of Potsdams history. Settlers from the western part of the Roman German Empire arrived at ‘Poztupimi’ area around 1180, occupying the farmland west of the slavic settlement. Groups of pits and a small well made of a bottomless barrel can be assingned to the newcomers. The systematic building of the new city started around 1200 by establishing rectangular plots for the citizens. The archaeological records noticed a wooden well and cellar for each parcel. Pottery had been a strong economic sector from the beginning, illustrated by records of many clay kilns mostly built up in the city centre. Around 1265 a fire destroyed the whole city, but the citizens managed to rebuild ‘Postamp’ – as they called it, adapting the Slavic name – immediately. From the late 13th century up to the years around 1370, a time of modest prosperity characterized the city’s growth. More than 30 cellars showed the diversity of construction - first rooms had been built up out of stone and clay. There was evidence of a second fire destroying the whole place once more around 1370. Potsdam had badly been hit by the incident. It did not recover from the losses for a longer period of time. Kilns and ovens that had been found on many late 13th to early 14th century plots disappeared completely from the city centre, and the erection of cellar rooms decreased. A third fire hit the city around the middle of the 15th century. Though this investigation is focused on the archaeological evidence in the city centre, other excavations had been reflected to comprehend the appearance of the whole medieval city. The structure and course of the city fortification, the city’s parish church, the city hall and market place had also been the subject of research work. A new attempt of locating the medieval castle is mandatory, when taking a closer look at Potsdam in the Middle Ages. The excavation of the city palace and its predecessor, the castle of Elector Joachim 1st of the early 16th century, finally proved that there never had been a medieval castle on this place. There are historical positions locating the old castle at the west city rim. As there is no archaeological evidence supporting this assumption, the place of the Slavic fortification had been chosen for locating the castle of the 12th to 16th century, particularly as there are some strong indications of a medieval building preceeding the Heiligengeistkirche. Controlling the Havel river and the river crossing near Nuthe river had been the purpose of Castle ‘Poztupimi’. After the foundation of the new city, the river crossing became unsuitable until the city had been allowed to build a bridge from the city centre in the early 14th century. A newly erected motte had to cover the bridge, since the castle could not protect the new river crossing any more. The motte consisted of a wooden tower on an artificially backfilled mound, fortificated by a fence and a rectangular ditch enclosure. The motte fell after a third city fire around the middle of the 15th century. Elector Joachim 1st took Potsdams old castle and its associated properties out of pawn and decided to construct a completely new castle in the city centre on the deserted plot of the motte from the year 1510 on. Potsdam can be taken as an example to retrace the foundation of a city during the medieval colonisation (“Hochmittelalterlicher Landesausbau”) of the landscapes east of Elbe river. The archaeological research formerly focused on the processing of rural settlements from the 12th to the 14th century as there were many well excavated examples. During the last 30 years the number of archaeological documentations of Brandenburg cities increased enormously. There will be plenty of sources to be studied for investigating the development of other colonised cities especially in the time of foundation.