In diesem Working Paper soll gezeigt werden, dass William Shakespeares Tempest die Genese des Shakespeareschen Modells literarischer Autorschaft auf die Bühne bringt, indem die Konstruktion verschiedener Geschichten ausstellt wird, mit deren Hilfe das dynastische-soziale und das ästhetisch Neue in fortschrittsteleologische Erzählungen eingepasst werden. Solche Novationsgeschichten schließen auch Shakespeares Autorschaftsmodell selbst ein, das sich – unter nur scheinbarer Auslassung des Mittelalters – direkt von der Antike in die ‚Gegenwart‘ herleitet. Dabei unterlaufen die direkten Bezugnahmen auf Fragen der Zeit und die sich in Gattungssignaturen manifestierenden zeitliche Setzungen allerdings die ständig ausgestellte ‚chronologische‘ Neuheit. Das Stück stellt fortschrittsteleologische Geschichtsschreibung vor allem dadurch in Frage, dass es chronologisch-lineare Zeitverläufe lediglich über die Auflösung und Hybridisierung von Zeitlichkeiten konstruiert. Im Tempest sind es gerade die mit dem Mittelalter assoziierten Figuren, die das Projekt der Chronologie implodieren lassen; und dies in einer Weise, die zeigt, dass Chronologien und Teleologien paradoxerweise nur über ihre Dekonstruktion herzustellen sind.