Der Ausgangspunkt meines Promotionsprojekts sind zwei Beobachtungen: (a) Die Existenz von Organisationen, die immer wieder aufs Neue sehr enthusiastisch eigentlich sehr unsichere Projekte initiieren und bearbeiten. (b) Der Umstand, dass diese Organisationen mit ihren Projekten häufig scheitern, wobei fehlgeschlagene Projekte üblicherweise negative Emotionen evozieren wie zum Beispiel Trauer und Wut – Emotionen, die dem Enthusiasmus entgegenstehen müssten, der für die Arbeit an anspruchsvollen Projekten benötigt wird. Zusammenbetrachtet ergibt sich eine organisationale Herausforderung: Wollen Projekt-orientierte Organisationen erfolgreich sein, müssen sie die positiven Emotionen, die für die Projektarbeit benötigt werden, vor den negativen Emotionen schützen, die nach einem Fehlschlag aufkommen können. Elite- Architekturbüros nehmen regelmäßig an Architekturwettbewerben teil und verlieren im Schnitt in neun von zehn Fällen. Offenbar sind diese rein auf Projekten basierenden Organisationen in der Lage, widersprüchliche Emotionen wirksam zu bearbeiten. Im Rahmen einer qualitativen Langzeit-Fallstudie bei zwei Berliner Büros habe ich gelingende organisationale Praxis untersucht und jene Praktiken identifiziert, die die beiden Fallunternehmen ausgebildet haben, um häufige Fehlschläge in Wettbewerbsprojekten und deren emotionalen Konsequenzen zu bewältigen. In unterschiedlichen Projekt-Phasen werden unterschiedliche Bewältigungspraktiken ausgeführt, die von den Praktikerinnen die Darstellung neutraler und positiver Emotionen verlangen. So werden störende Gefühlsausbrüche umgangen, Sicherheit und Anschlussfähigkeit im alltäglichen Handeln ermöglicht und Änderungsdruck auf organisationale Routinen oder andere Praktiken vermieden. Zusammengenommen führt dies zur Stabilisierung des Status quo. Die Studienergebnisse tragen zu einem besseren Verständnis von Emotionen in Projekt-basierten Organisationen bei, indem sie auf die Herausforderung durch widersprüchliche Emotionen aufmerksam machen und Bewältigungspraktiken vorstellen. Darüber hinaus tragen sie zur Forschung bei, weil sie (a) eine differenziertere und komplexere Sicht auf die affektive Komponente sozialer Praktiken ermöglichen, (b) über individuelle Dissonanzen als Auslöser für Emotionsregulation hinausgehen und (c) die organisationale Bewältigung von emotionalen Widersprüchen als Mikro-Mechanismus zur Reproduktion von Institutionen aufzufassen erlauben – hier der Institution ‚Architekturwettbewerb‘.
My PhD project starts out from two observations: (a) The existence of organizations that enthusiastically initiate and work on inherently insecure projects over and over again. (b) The fact that these organizations frequently fail with these projects and that failed projects usually evoke negative emotions such as grief and anger – emotions strongly conflicting with the enthusiasm and involvement that is required for work on challenging projects. Taking these observations in conjunction, an organizational challenge arises: if project-oriented organizations want to survive and succeed, they need to protect the positive emotions required for project work from the negative emotions likely to be triggered by failures. Elite architecture offices regularly take part in design competitions and lose – on average – in nine out of ten cases. Apparently, these primarily project-based organizations are capable of effectively handling contradictory emotions. During my qualitative, longitudinal case studies at two Berlin-based architecture offices I studied successful social praxis and identified the specific practices the two organizations have developed to cope with frequent failures in competitions, along with the emotional consequences. In different project phases the practitioners carry out various coping practices, which require them to express neutral or positive emotions. In this way disturbing emotional releases are avoided, security and predictability in daily activities are enabled, and there is no pressure to change organizational routines or practices. Altogether, the status quo is stabilized. The results contribute to a better understanding of emotions in project-based organizations by pointing towards the challenge of balancing contradictory emotions and introducing coping practices. Furthermore, they contribute to research as they (a) allow for a more differentiated and complex view on the affective component of social practices, (b) transcend individual dissonances as the trigger for emotion regulation, and (c) enable an understanding of organizational coping with emotional contradictions as a micro-mechanism for the reproduction of institutions – in this case, the institution ‘architectural design competition’.