Aviäre pathogene E. coli (APEC) verursachen einen unter dem Begriff der Koliseptikämie zusammengefassten Krankheitskomplex, der in der Geflügelindustrie für erhebliche wirtschaftliche Verluste sorgt. Bislang sind verschiedene potentiell virulenzassoziierte Faktoren in APEC identifiziert worden; ihre Rolle in der Pathogenese ist jedoch noch weitestgehend ungeklärt bzw. wird widersprüchlich diskutiert. Da nicht alle Schritte des Infektionsprozesses mit den bisher in der Literatur beschriebenen Virulenzfaktoren erklärt werden können, ist es außerdem wahrscheinlich, dass andere, bisher nicht identifizierte Faktoren existieren und an der Entstehung der Koliseptikämie beteiligt sein müssen. In dieser Arbeit wird die Anwendung der Signature-tagged Transposon Mutagenese (STM) beschrieben, ein Verfahren, mit dem wichtige, für die Infektion mit APEC in vivo erforderliche Gene identifiziert werden können. Nach derzeitigem Literaturstand (Juni 2005) ist dies die erste Anwendung der STM auf E. coli als Verursacher aviärer Infektionskrankheit. Um die Pathogenese der APEC-Infektion in vivo zu untersuchen, wurde zunächst ein Hühner-Infektionsmodell etabliert. In diesem wurde der E. coli-Stamm IMT5155 (O2:H5) eingesetzt, der bereits in vorherigen Studien hohe Mortalitätsraten in sechs Monate alten Hühnern verursachte und dort die typischen Symptome der Koliseptikämie erzeugte. E. coli IMT5155 weist zudem den sehr häufig mit Koliseptikämie assoziierten Serotyp O2 auf und ist einer der wichtigen klonalen Gruppen von APEC-Feldisolaten aus Deutschland zugehörig. Für die Infektionsversuche wurde die intratracheale Applikation des Erregers gewählt, da diese den natürlichen Infektionsweg am besten imitiert, nicht invasiv und leicht durchführbar ist. Mit einer Infektionsdosis von 108 CFU konnte so in 85% der Tiere die Krankheit reproduziert werden. Daneben wurden die zur Durchführung der STM optimalen Parameter ermittelt. Im Gegensatz zur ursprünglich beschriebenen STM-Strategie wurde in dieser Arbeit - um den Anfall risikoreichen Materials zu mindern - eine nicht-radioaktive Detektionsmethode angewandt. In der DNS-DNS-Hybridisierung unter Verwendung von Digoxigenin konnten insgesamt 90 Transposons mit deutlichen und spezifischen Hybridisierungssignalen identifiziert werden. Anstelle des gesamten, das Transposon enthaltenden Plasmids wurden als Ziel-DNS für die Dot Blot-Hybridisierung über PCR-generierte tags -Sequenzen eingesetzt, wodurch die Ausbildung eines starken Hintergrundes vermindert werden konnte. Zusätzlich wurde der Einsatz niedrigerer Konzentrationen an DIG-dUTP getestet, um einen vollständigen Restriktionsverdau mit HindIII zu gewährleisten. Die konservierten Sequenzen der tags wurden mittels Gelelektrophorese entfernt. Insgesamt wurden 20 Pools mit ca. 1.800 Mutanten des Stammes IMT5155 im Infektionsmodell auf ihre Virulenzabschwächung hin getestet. Auf diese Weise identifizierte Kandidaten wurden daraufhin in einem in vivo Kompetitionsversuch überprüft, um ihre Attenuierung erneut zu bestätigen. Letztendlich konnte für 1.7% (30/1800) des gesamten Mutanten-Pools eine verminderte Überlebensfähigkeit in den inneren Organen des Huhns nachgewiesen werden. Vier dieser Mutanten wiesen Defekte in Genen auf, die für die Expression von intakten LPS-Molekülen erforderlich sind. Dies bestätigt die Wichtigkeit der LPS einschließlich des O-Antigens in der Pathogenese der APEC- Infektionen. Vier weitere Mutanten mit Insertionen in Genen für die Synthese verschiedener extrazellulärer Polysaccharidstrukturen, wie z.B. Gruppe-II Kapsel und Kolansäure, zeigten eine verminderte Fähigkeit zur Auslösung der Septikämie im Hühnermodell. Diese Ergebnisse belegen erneut die Wichtigkeit der K1-Kapsel für die Pathogenität von APEC und bringen erstmals Kolansäure mit der Virulenz und Fitness des Erregers in Verbindung. Eisenakquirierende Systeme sind dagegen bereits mehrfach mit bakterieller Virulenz assoziiert worden, insbesondere bei Septikämie-verursachenden Bakterien. Mithilfe der STM konnten zwei zuvor nicht in in vivo-Studien mit APEC beschriebene Gene identifiziert werden, die am Eisen-Transport des Erregers beteiligt sind. Ebenso konnte die Bedeutung von Vitamin-Vorläufermolekülen für die bakterielle Virulenz in vivo aufgezeigt werden, da zwei der identifizierten Mutanten Defekte in Genen mit Beteiligung an der Vitaminsynthese aufwiesen. Desweiteren wurden mehrere Membran- und periplasmatische Proteine, Stoffwechselenzyme, putative Proteine mit unbekannter Funktion und offene Leserahmen (ORFs) ohne Ähnlichkeit zu den Einträgen in den öffentlichen Datenbanken identifiziert. Mittels der durchgeführten STM-Analyse konnten also sowohl neue als auch bereits bekannte Faktoren identifiziert werden, die potentiell eine Rolle in der Pathogenese der APEC-Infektion spielen. Dabei wurden allerdings nicht alle der bisher für APEC beschriebenen virulenzassoziierten Gene miterfasst. Dies ist u.a. auf die limitierte Anzahl der getesteten Mutanten zurückzuführen, die nicht das gesamte Genom reflektiert. Um die den identifizierten Genen zugrunde liegenden Effekte auf die Wirtszellen genauer abzuklären sind zusätzliche funktionelle Analysen notwendig. Weiterhin müssen entsprechende Gene komplementiert und in Form von Deletionsmutanten erneut im Infektionsmodell getestet werden, um die beobachtete Attenuierung zu bestätigen. Diese und zukünftige Studien werden hoffentlich zu einem besseren Verständnis der APEC- Virulenz führen.
Infections with avian pathogenic E. coli (APEC) cause colisepticemia, an acute and largely systemic disease resulting in significant economic losses in poultry industry worldwide. Although various virulence associated genes have been identified in APEC so far, their actual role in pathogenesis is still not fully understood and, furthermore, certain steps of the infection process have not been related to previously identified factors. Here the application of a Signature-tagged transposon mutagenesis (STM) approach is described to identify critical genes required for APEC infections in vivo. Due to the literature, this is the first time STM has been used for the study of E. coli infections of the respiratory tract leading to septicaemia of chicken. To study pathogenesis in vivo, initially an infection model was established. The highly pathogenic strain IMT5155 (O2:H5) was elaborated, that had been shown to cause high mortality rates in 6-month-old chicken and typical symptoms of colisepticemia before. This strain belongs to the most common O-serotype (O2) associated with colisepticemia and represents a member of an important clonal lineage of APEC field isolates in Germany . For infection studies, intratracheal infection has been applied since it is more representative of the natural route of infection, is non-invasive and can be easily performed. An infective dose of 108 CFU was able to reproduce the disease in 85% of the animals and obtained optimal parameters for STM studies. The original STM strategies were modified to use nonradioactive detection methods for its safety, ease of use and reduction of hazardous materials. 90 transposons with strong and specific signals when hybridized were pre-screened. The most significant reduction in background of hybridization was achieved by generating tag sequences with PCR as the target DNA for dot blots rather than using the entire plasmid containing the tagged transposon. Twenty pools of about 1.800 IMT5155 (O2:H5) mutants were screened in the infection model and potentially attenuated mutants were subjected to a secondary screen and in vivo competition assays to confirm their attenuation. 1.7% (30/1800) of the total pool of mutants was confirmed to be attenuated for survival in internal organs. Four mutants have disrupted genes involved in different steps of LPS- biosynthesis and are required for the expression of a complete LPS molecule. This confirmed the importance of LPS including O-antigen in the pathogenesis of APEC. Another four mutants with insertions in genes involved in the synthesis of several distinct extracellular polysaccharide structures including group II capsule and colanic acid are attenuated in the ability to cause septicemia in a chicken model. Therefore, further evidence is provided for the importance of K1 capsule in APEC pathogenicity and for the first time, associated colanic acid with virulence and fitness of this pathogen. Iron acquisition systems have been associated with bacterial virulence especially for bacteria causing septicemia. Here, two novel genes encoding iron transporters in APEC that have not been previously characterized in APEC in in vivo studies, are identified. The importance of synthesis of vitamin precursors for the virulence of bacteria in vivo is also well established by identification of two mutants with interruptions in genes directly or indirectly involved in the synthesis of vitamins. In addition, several membrane and periplasmic proteins, metabolic enzymes, putative proteins with unknown function and orfs with no similarity to other data base entries were identified. This genome-wide analysis has identified both novel and previously known factors potentially involved in pathogenesis of APEC infection. Future experiments are needed to functionally analyse the disrupted genes to elucidate the mechanisms by which they exert their effects as well as complementation and construction of defined-deletion mutations to confirm the observed attenuation. These studies will hopefully lead to a more comprehensive understanding of APEC virulence.