Die Untersuchung der Lokalkasus ergab eine Reihe neuer Ergebnisse und Präzisierungen. Dem Funktionsbereich des Ablativs -dan kann die Angabe des Stimulus hinzugefügt werden, auch wenn es sich bislang nur um ein Beispiel handelt. Unterstützung findet diese Annahme durch den ne-Kasus, der als Ablativ fungieren kann. Auch dort finden sich Beispiele der Markierung des Stimulus. Die typischen Funktionen des Essivs -a sind die Beschreibung eines Zustands und der Lokativ. Eine Richtungsangabe ist derart selten, dass sie als Ausnahme gelten muss und mit den beobachteten Interferenzen zwischen Essiv und Dativ -va zusammenhängen könnte. So kann der Dativ etwa auch als Lokativ verwendet werden. Der Dativ scheint sein Funktionsspektrum dahingehend zu erweitern, dass er anstelle des Direktivs -da gebraucht werden kann. Eine generelle Austauschbarkeit des Direktivs und Dativs ist nicht feststellbar. Bis auf sehr wenige Fälle wird der Direktiv stets als Richtungsangabe benutzt. Die verba dicendi treten in der Regel mit dem Direktiv auf. Einen Schwerpunkt der Arbeit bildete vor allem die Diskussion des ne-Kasus bzw. e-Kasus. In dieser Arbeit wird die Existenz eines ne-Kasus und eines e-Kasus vertreten. Der e-Kasus ist außerhalb der belegten Konstruktion mit relationalem Nomen schwer nachweisbar, sondern oft lediglich aufgrund starker Indizien anzunehmen. Für den ne-Kasus möchte ich die Funktionen Ablativ (separativisch, ablativus modi), Markierung des Stimulus und Instrumental ansetzen. Dem e-Kasus ist meines Erachtens die Funktion Direktiv und Lokativ sowie der Ausdruck der Beziehung („hinsichtlich, betreffs“ oder Ähnliches) zuzuweisen. Möglicherweise aufgrund der graphischen (und vielleicht auch lautlichen) Ähnlichkeit des ne-Kasus mit dem e-Kasus, wenn letzterer nach dem Relator -ne erscheint, werden Strategien zur eindeutigen Bestimmung der Funktion des Kasus nötig. Diese können sein: a) eine eindeutige Semantik des Verbs, b) Verwendung der Kurzform -n des ne-Kasus und c) Verwendung eindeutiger Kasus wie des Direktivs -da oder des Ablativs -dan. Bei der großen zeitlichen und räumlichen Verbreitung des Hurritischen muss mit der Möglichkeit mehrerer Entwicklungslinien gerechnet werden, die sich verschiedener Lösungsstrategien bedienen. Wie schon länger bekannt ist, besitzt das Hurritische sowohl „Postpositionen“ als auch „Präpositionen“. Neben den bekannten Konstruktionen können im Boğazköy-Material Belege gefunden werden, die dafür sprechen, dass der Gebrauch dieses sprachlichen Mittels vielfältiger ist, als bislang angenommen wurde. Je nach Art der Konstruktion sind diese Wörter als relationale Nomen oder als Adpositionen anzusehen. Zu den zur Bildung der relationalen Nomen verwendeten Kasus (Direktiv, Dativ) ist möglicherweise der ne-Kasus/e-Kasus hinzuzufügen. Den Konstruktionstyp „relationales Nomen (e-Kasus) + Bezugswort im Genitiv“, der sich im Mittani-Brief findet, kann im Boğazköy-Material vorerst nicht nachgewiesen werden. Ein Übergang von „Postpositionen“ zu „Präpositionen“ kann anhand der Belege nicht begründet werden. Insgesamt scheint es verhältnismäßig wenig Adpositionen/relationale Nomen zu geben, die zudem selten benutzt werden, sodass anzunehmen ist, dass vor allem die Semantik der Verbalform zur Präzisierung von räumlichen Relationen beiträgt.
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