Das Working Paper setzt sich kritisch mit der in der Forschungsliteratur zur novela bizantina des Siglo de Oro vielfach vertretenen Auffassung auseinander, diese sei nichts anderes als eine Rekombination vorgängig codifizierter Elemente. Vor dem Hintergrund einer kommunikationsorientierten Gattungstheorie, wie sie im Anschluss an Michail Bachtin v.a. in den Rhetorical Genre Studies vertreten wird, stellt sich allerdings die Frage nach der kommunikativen Leistungsfähigkeit eines Textes, dessen generische Identität unklar ist. Diese Frage stellt sich umso dringlicher, als auf der Ebene der impliziten wie expliziten Poetik im Siglo de Oro ein ausgeprägtes Gattungsbewusstsein zu beobachten ist. Vor diesem Hintergrund skizziert das Working Paper Affektregimes, die mit den unterschiedlichen Gattungen jeweils in Verbindung gebracht wurden und führt so den Nachweis, dass und wie die drei Prosalanggattungen, die im Siglo de Oro die Interaktion von Oberschichten in einem unironischen Sinn verhandeln, die libros de caballerías, die libros de pastores und die novela bizantina, als distinkt wahrgenommen wurden. Dabei kommt es nicht darauf an, Gattungen als unverbrüchliche und streng umgrenzte Entitäten zu konturieren und schon gar nicht als transhistorische Konstanten, im Gegenteil: vielmehr bemisst sich in unserer Lesart die kommunikative Wirksamkeit von Gattungen nicht an ihren isolierbaren Elementen oder absoluten Eigenschaften, sondern an ihrem relationalen Profil im Gattungsgefüge der Zeit und ihrer daraus resultierenden je spezifischen Anschlussfähigkeit.