Mit seinem höfischen Roman „Troilus and Criseyde“ und seiner Traumvision „The House of Fame“ präsentiert der spätmittelalterliche englische Dichter Geoffrey Chaucer zwei Erzählungen über den trojanischen Krieg. In diesen wird, wie in der mittelalterlichen Trojatradition allgemein, die Verhandlung des Neuen vor dem Hintergrund einer langen und in sich oft widersprüchlichen Rezeptionsgeschichte betont. In diesem Aufsatz soll gezeigt werden, dass sich die Modellierung von „Neuem“ in diesen Texten als eine Übereinanderlagerung verschiedener Zeitlichkeiten begreifen lässt. „Troilus and Criseyde” führt eine Poetik vor, die im „House of Fame“ meta-poetisch expliziert wird. Literarische Novation ist demnach ein Prozess, der mit der imaginären Vervielfältigung von Bildern beginnt, die - jeweils aus ihren zeitlichen und thematischen Zusammenhängen herausgelöst - zu sich widerstrebenden Traditionen verdichtet werden (Latours „Purifikation“) und dann diejenigen Hybridisierungen vorgängiger Zeitlichkeiten ermöglichen, die als Novation zu fassen sind.