Systematische Menschenrechtsverletzungen, die der Staat entweder selbst verübt oder aber nicht verhindert, haben neben negativen gesellschaftlichen Konsequenzen auch Auswirkungen auf die psychische Gesundheit des einzelnen Individuums. Zur Aufarbeitung der Geschehnisse werden daher häufig sogenannte Transitional Justice-Maßnahmen eingeleitet. Dabei ist eines der Hauptziele staatliche Anerkennung, die die rechtliche und symbolische Gleichstellung der Betroffenen als gleichwertige Bürger_innen durch Akteure des Staates bezeichnet. Sie stellt eine Grundlage für die Wiederherstellung sozialer Gerechtigkeit dar. Um die konstatierten positiven Auswirkungen staatlicher Anerkennung für die Betroffenen empirisch zu überprüfen, fehlt es bisher jedoch an geeigneten Instrumenten. Aus der Forschung zu sozialer Anerkennung, welche sich protektiv auf die Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) auswirkt, lässt sich ein positiver Einfluss von staatlicher Anerkennung auf die psychische Gesundheit ableiten. Um zu überprüfen, ob staatliche Anerkennung überhaupt erreicht wird und welche Auswirkungen sie tatsächlich hat, ist daher Hauptziel der Arbeit die Konstruktion eines Fragebogens zur subjektiv wahrgenommenen staatlichen Anerkennung als Betroffene_r von Menschenrechtsverletzungen (STAAN). Zur Fragebogenkonstruktion wird eine ausführliche Literaturrecherche mit qualitativen Daten aus Expert_innen-Interviews kombiniert. Die Pilotierung erfolgt mit einer Stichprobe von Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen durch das Regime der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (N = 77). Nach Faktorenanalysen zeigen sich drei Faktoren auf insgesamt 18 Items: Würdigung, Gleichstellung und Fehlen von Missachtung. Dabei zieht sich der rechtliche Aspekt von staatlicher Anerkennung durch alle Skalen und zeugt von der übergeordneten Relevanz, die Ebenbürtigkeit für die Betroffenen hat. Die Reliabilität liegt sowohl für die Gesamtskala als auch für die Subskalen in einem guten Bereich. Wie erwartet korreliert staatliche Anerkennung negativ mit Symptomen der PTBS (erhoben mit der PCL-5) und Depression (erhoben mit dem PHQ-D) und positiv mit subjektivem Wohlbefinden (erhoben mit dem WHO-5), dem allgemeinen und persönlichen Gerechtigkeitsleben (erhoben durch GWAL und GWPER). Allerdings klärt staatliche Anerkennung nur bezüglich des Gerechtigkeitserlebens über die soziale Anerkennung (erhoben mit dem SAQ) hinaus Varianz auf – ansonsten wird der Einfluss der staatlichen Anerkennung durch die soziale Anerkennung vermittelt, was auf eine gemeinsame Anerkennungskomponente oder moderierende Einflüsse schließen lässt. Die Studie zeigt, dass staatliche Anerkennung im Kontext von Transitional Justice- Maßnahmen insbesondere für das Gerechtigkeitserleben wichtig ist, welches sich wiederum positiv auf die psychische Gesundheit nach erlebten Menschenrechtsverletzungen auswirken kann. Der Fragebogen bietet sich als Verfahren für die nähere Erforschung dieser Zusammenhänge an. Neben der Reliabilität ist die Validität des Fragebogens in Folgestudien abzusichern.
Whether the state acts as a bystander or perpetrator of systematic human rights violations, the negative impacts of such atrocities affect not only society as whole, but also the mental health of individuals. The process of coming to terms with the past often involves transitional justice measures. One of the main objectives is recognition by the state, which constitutes the legal and symbolic equalization of those affected by human right violations as equivalent members of society through actors of the state. Recognition provides the basis for the restoration of social justice. So far, however, psychometric instruments to test the stated positive effects of recognition by the state are lacking. Studies on social acknowledgment show the protective effect on symptoms of post-traumatic stress disorder (PTSD); a positive impact of state recognition on the mental health of individuals is therefore likely. In order to verify the effect of state recognition and whether it is achieved at all, our main goal is to construct a questionnaire on subjectively perceived recognition by the state for people affected by human rights violations (STAAN). For questionnaire construction, a detailed literature review is combined with qualitative data from interviews with experts. The pilot study is conducted with a sample of victims affected by human rights violations of the communist regime in former East Germany (N = 77). Factor analysis results in a questionnaire with 18 items and three factors: appreciation, equality and absence of disrespect. The aspect of legal recognition stretches through all scales and demonstrates the overriding relevance equality has for those affected. Internal consistency for the total scale and the subscales is very good. As expected, state recognition correlates negatively with symptoms of PTSD (examined with PCL-5) and depression (examined with PHQ-D), but positively with subjective well-being (examined with WHO-5) and the overall and personal experience of justice (examined with GWAL and GWPER). State recognition accounts for more variance than social recognition (examined with SAQ) only with regards to the experience of justice. In all other instances, the influence of state recognition is mediated through social recognition, which indicates a shared component of recognition or moderating influences. The study shows the relevance of recognition by the state especially for the experience of justice in the context of tranistional justice measures. This in turn might have a positive influence on mental health after the experience of human right violations. The questionnaire serves as a psychometric instrument for further research of these correlations. Further research should assure validity and reliability.