In den Schwingungsspektren von Proteinen wird hauptsächlich der Amid-I-Bereich zur Analyse der Proteinsekundärstrukturen herangezogen, weil er sich im wesentlichen aus den struktursensitiven Absorptionen der Carbonylstreckschwingungen des Polypeptidrückgrats zusammensetzt. Ein Austausch von 12C=O-Gruppen durch 13C=O-Gruppen einzelner Aminosäuren ermöglicht deshalb einen Zugang zu Strukturinformationen auf Peptidbindungsebene. Im Rahmen dieser Arbeit wurden aus diesem Grunde zum ersten Mal die Kohlenstoffatome der Carboxylgruppen aller vier Proline im Enzym Ribonuklease T1 durch das Kohlenstoffsotop 13C substituiert. Der Isotopenaustausch gelang biosynthetisch durch die Etablierung eines Expressionssystems für RNase T1 in einem prolinauxotrophen Hefestamm von Saccharomyces cerevisiae. Hierzu wurden die Hefen in Minimalmedium kultiviert, das neben isotopenmarkiertem Prolin keine weiteren Aminosäuren enthielt. Anders als bei dem bereits etablierten Isolierungsprotokoll der RNase T1 aus Escherichia coli konnte das für den Expressionsorganismus toxische Protein nicht ins Periplasma sekretiert werden, sondern musste ins Kulturmedium ausgeschleust werden. Zur Isolierung eines chromatographisch und spektroskopisch reinen Produktes aus dieser komplexen Matrix war deshalb die Entwicklung eines neuen Aufreinigungsprotokolls auf der Grundlage moderner Trenn- und Analysemethoden erforderlich. Die unmarkierte und 13C-markierte RNase T1 wurde vergleichend mit Fourier-Transform-Infrarot (FTIR)-spektroskopischen Methoden untersucht. Hierbei stand der Einfluss der isotopenmarkierten Proline auf den Amid-I-Bereich unter Bedingungen des thermodynamischen Gleichgewichts und Nicht-Gleichgewichts im Mittelpunkt des Interesses. Unter Bedingungen des thermodynamischen Gleichgewichts wurden die unmarkierte und 13C-markierte RNase T1 stufenweise thermisch entfaltet. Es zeigte sich, dass die Isotopenmarkierungen im nativ gefalteten Protein einen deutlichen Einfluss auf die Schwingungsspektren haben. Im thermisch entfalteten Zustand hingegen waren die beiden Proteinvarianten FTIR-spektroskopisch praktisch ununterscheidbar. Auf Basis der Schwingungsspektren konnten nun mit Hilfe theoretischer Überlegungen die Positionen der Proline in Einklang mit den Kristallstrukturdaten in bestimmten Sekundärstrukturen des Proteins lokalisiert werden. Insbesondere wurde hierbei der Einfluss der so genannten Übergangsdipolkopplungen (transition dipole coupling TDC) der Carbonylstreckschwingungen auf die Sekundärstrukturmarkerbanden von β-Faltblatt- und Turnstrukturen diskutiert. Kopplungen via TDC sind sehr stark von den räumlichen Orientierungen und den Resonanzfrequenzen der beteiligten Carbonylgruppen abhängig. Sie wirken sich im starren, nativ gefalteten Protein am stärksten aus, im flexiblen,thermisch entfalteten Polypeptid hingegen ist ihr Einfluss vernachlässigbar. Mit Hilfe von Spektrensimulationen auf Basis von TDC konnten die experimentell beobachteten Unterschiede zwischen den Schwingungsspektren der unmarkierten und 13C-markierten RNase T1 sehr gut reproduziert werden. Damit wurden wichtige Voraussetzungen dafür geschaffen, die komplexen Strukturinformationen des Amid-I-Bereichs in IR-Spektren mit theoretischen Methoden auf Peptidebene zu berechnen. Von besonderem Interessen waren neben den Messungen unter Gleichgewichtsbedingungen zeitaufgelöste FTIR- spektroskopische Untersuchungen unter Nicht-Gleichgewichtsbedingungen. Die Proteinrückfaltung aus einem thermisch entfalteten in den nativen Zustand wurde mit Hilfe von Temperatursprungexperimenten realisiert. Für diese Experimente wurde aufgrund der geringen Expressionsraten für RNase T1 in S. cerevisiae eine miniaturisierte Temperatursprungapparatur konzipiert, die bei sehr geringem Probenbedarf die Durchführung vieler reproduzierbarer Messungen ermöglichte. Die trans->cis Isomerisierung von Pro39, die den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt während der Rückfaltung der RNase T1 darstellt, ist synchronisiert mit einer räumlichen Neuorientierung der Pro39-Carbonylgruppe. Es konnte gezeigt werden, dass der Einfluss dieser unmarkierten und 13C-markierten Carbonylgruppe via TDC auf das benachbarte Turnsystem im Verlauf der Isomerisierung in den zeitaufgelösten Schwingungsspektren durch spezifische spektrale Änderungen entsprechender Sekundärstrukturmarkerbanden in Erscheinung tritt. Auf diese Weise wurde zum ersten Mal eine direkte Detektion der trans->cis Isomerisierungsreaktion von Pro39 in der RNase T1 während der thermisch induzierten Rückfaltung mit der zeitaufgelösten FTIR-Spektroskopie möglich.
The amide I region in vibrational spectroscopic spectra is generally used for the evaluation of protein secondary structure. Since the carbonyl groups are part of the polypeptide backbone their vibrational frequencies are very sensitive to structural changes. A substitution of single 12C=O groups by 13C=O groups in a given polypeptide chain provides details regarding structural information at the polypeptide bond level. Following this approach in the enzyme ribonuclease T1 (RNase T1)the carbon atoms of all four prolines were replaced by the isotope 13C for the first time. The isotope labeled protein was biosynthesized by heterologous expression in a proline auxotrophic yeast strain of Saccharomyces cerevisiae. In order to fully enrich the protein with labeled prolines the yeast strain had to be cultured in minimal medium containing labeled proline as the only amino acid. In the well established purification protocol for RNase T1 from Escherichia coli the protein is expressed into the periplasm due to the protein's toxicity. In the case of the yeast the secretion of the RNase T1 had to be directed into the culture medium. In order to isolate a chromatographically and spectroscopically pure protein from this complex matrix a new purification protocol was developed on the basis of modern separation and analyses methodologies. The labeled and unlabeled RNases were investigated by comparative Fourier Transform Infrard (FTIR)measurements. These measurements focused on the impact of the isotope labels on the amide I region under thermodynamical equilibrium and non- equilibrium conditions. Under equilibrium conditions the unlabeled and 13C labeled RNase T1 were stepwise thermally unfolded. These studies revealed that in the natively folded protein the isotope labeles have a significant impact on the infrared spectra. By contrast, in the thermally unfolded state, the FTIR spectra of the two isotopomers were practically undistinguishable. On the basis of vibrational spectroscopy the positions of the prolines could be localized by theoretical considerations in specific secondary structural elements. These assignments were in accordance with the crystal structure of the RNase T1. Particularly, the interactions of the C=O oscillators via transition dipole coupling (TDC)were taken into account to explain the impact of the isotpe labeles on β-sheet and turn-structure marker bands. It is well known that TDC depends on the geometries and resonance frequencies of the carbonyl groups concerned. In the natively folded protein, the impact of TDC is therefore strongest whereas at high temperatures in the flexible unfolded polypeptide it becomes nearly negligible. Furthermore the amide I regions of the unlabeled and labeled RNase T1 IR spectra were modeled on the basis of TDC calculations. The calculated differences between the two isotopomers were in reasonable accordance with the experimentally observed spectral differences. Following this approach isotope edited infrared spectroscopy in combination with computer modeling has the potential to extract the complex structural information in the amide Iregions of vibrational spectra on the peptide group level. Of particular interest were time-resolved FTIR spectroscopic measurements under non-equilibrium conditions. In these measurements protein refolding from a temperature unfolded state to the native state was induced by temperature jump experiments. Since protein expression in yeast was inefficient an experimental set-up was developed that allowed reproducible measurements using only small amounts of isotope labeled sample in the µL range. It is known that the trans->cis isomerization of Pro39 is a rate determining step on the refolding pathway of RNase T1. Since this isomerization reaction is synchronized with a spatial reorientation of the relating proline carbonyl groups, the impact of the labeled and unlabeled carbonyl carbons on the adjacent turn-system could be detected in the corresponding marker bands. In this way the trans->cis isomerization reaction of Pro39 could be traced directly by FTIR spectroscopy for the first time.