Einleitung: Die Pathogenese von Arteriosklerose ist Gegenstand aktueller Forschung. Während die Auswirkungen von Lipoproteinen wie LDL und HDL gut untersucht sind, ist das Wissen über VLDL lückenhaft. Diese Arbeit untersucht den Einfluss physiologischer Konzentrationen von VLDL auf die flussabhängige Dilatation von Koronararterien des Menschen, und ob seine Wirkung zum Teil über eine Interaktion mit adrenergen Rezeptoren vermittelt wird. Methodik: Die Entwicklung des Gefäßtonus von Präparaten 16 menschlicher Koronarien wurde unter steigenden Flussraten (3 – 100 mL/min) in einem induktiven Kraftaufnehmer registriert. Die Präparate wurden mit Krebs- bzw. VLDL-Lösung (30 mg/dL) ohne Blocker, mit α-Blocker (Phentolamin, 10-4 mmol/L), β-Blocker (Propranolol, 10-4 mmol/L) bzw. beiden Blockern umspült. Analog zur Kraftmessung wurden Membranpotentiale intrazellulär abgeleitet, und die Konzentrationen der zyklischen Nukleotide cAMP und cGMP bestimmt. Ergebnisse: In Krebslösung zeigten sich durch Zugabe der Blockersubstanzen keine signifikanten Unterschiede in der Entwicklung von Kraft und Potential, so dass ein intrinsischer Effekt der Blockersubstanzen ausgeschlossen werden konnte. Der Gefäßtonus unter Krebslösung reduzierte sich flussabhängig um im Mittel 432 mg, in VLDL-Lösung nur um 366 mg. Das entspricht einer Reduktion der Nettorelaxation um 15,3%. Setzt man die Differenz zwischen Krebs und VLDL gleich 100%, zeigte sich unter gleichzeitiger Blockade von α- und β-Rezeptoren eine Einschränkung der gesamten VLDL-Wirkung von im Mittel 65 ± 6%. Dieses Ergebnis zeigt, dass mehr als die Hälfte der vasokonstriktorischen VLDL- Wirkung über eine Interaktion mit adrenergen Rezeptoren zustande kommt. Die Zugabe eines α-Blockers zeigte eine ähnlich große Wirkung auf die gesamte VLDL-Wirkung wie eine kombinierte α/β-Blockade (ca. 67 ± 11%). Dieses Ergebnis legt nahe, dass der Großteil der vasokonstriktorischen Wirkung von VLDL vermutlich auf eine Stimulation von α-Rezeptoren zurückzuführen ist. Unter β-Blockade zeigte sich eine Reduktion der gesamten VLDL-Wirkung um ca. 49 ± 8%. Sie ließe sich mit einer Inhibition von β-Rezeptoren durch VLDL erklären. Die Ergebnisse spiegelten sich in der Potentialentwicklung und der Konzentration der zyklischen Nukleotide wider. Schlussfolgerung: Der genaue Mechanismus, über den VLDL die flussabhängige Dilatation herabsetzt, ist noch unbekannt. Möglicherweise kann VLDL ähnlich wie LDL an den Flusssensor binden und diesen für eine Signaltransduktion teilweise blockieren. Andererseits legen die Ergebnisse dieser Arbeit nahe, dass ein Großteil der vasokonstriktiven VLDL-Wirkung zudem über eine Interaktion mit sympathischen Adrenorezeptoren zustande kommt (bis zu 65%). Wir konnten somit zum ersten Mal zeigen, dass Blutfette in die Blutdruckregulation eingreifen und den Gefäßtonus über eine Interaktion mit sympathischen Rezeptoren beeinflussen können. Diese Erkenntnis eröffnet neue Perspektiven auf die Behandlung sowohl von Hypertonie als auch Hyperlipidämie.
Introduction: The pathogenesis of arteriosclerosis is an important topic of current research. The influence of LDL and HDL is well established, but so far the impact of VLDL has not been thoroughly researched. Therefore, we investigated the influence of physiological concentrations of VLDL on flow- dependent dilatation without and with α- and β-blockers to see if VLDL has an effect on the vascular tone of human coronary arteries and whether it is partly due to an interaction with the α- and/or β-adrenergic receptor. Methods: For this study we used 98 vascular strips of 16 human coronaries from heart transplantations. Isometric tension was recorded with increasing flow rates (3 to 100 mL/min) of Krebs solution with or without VLDL (30 mg/dL) in the presence of α-blocker (phentolamine 10-7 mol/L), β-blocker (propranolol 10-7 mol/L) or both blockers. Intracellularly recorded membrane potential and the concentration of cAMP/ cGMP were also measured in these segments. Results: The tension, membrane potential and concentration of cyclic nucleotides showed no significant differences between Krebs solution with or without blockers. Therefore, an intrinsic effect of the blocker substances could be ruled out. Flow-dependent relaxation of 0.432 g in Krebs solution was reduced under VLDL by 15.3% to 0.366 g. Setting the difference between Krebs and VLDL equal to 100%, leads to an average change in difference of 64.7 ± 6% under α/β-blockers. Corresponding experiments with blockade of the α-receptor alone resulted in a comparable reduction of 67.6 ± 11% whereas the blockade of β-receptors alone reduced the VLDL effect by 49 ± 8%. This effect was mirrored in the development of the corresponding membrane potentials and the concentration of the cyclic nucleotides. Conclusion: VLDL leads to a 15.3% reduced flow-dependent relaxation of human coronaries. The exact mechanism has to be subject of further research. It is possible that VLDL binds to the endothelial flow sensor like LDL and blocks the signal pathway. The results of this study imply that a significant part of the flow-dependent constricting VLDL-effect (up to 65%) is due to a direct VLDL stimulation of the α-adrenergic receptor and/or inhibition of the β-adrenergic receptor. Herewith, we prove for the first time that blood lipoproteins exert their influence on arterial vascular tone also via a direct interaction with the autonomic nervous system. This unveiling could help in navigating the treatment options of both hypertension and hypercholesterolemia.