Trotz der erfolgreichen politischen und wirtschaftlichen Regimebildung der Europäischen Union gab es bislang keine umfassendere gesellschaftliche Debatte über die Frage, welche Art von Gemeinwesen die EU in den Augen der breiteren Öffentlichkeit sein soll. Dies änderte sich mit der Auseinandersetzung über den möglichen EU-Beitritt der Türkei. Dort prallten erstmals auch öffentlich unterschiedliche Vorstellungen über die mögliche Ausgestaltung der EU aufeinander. Der vorliegende Artikel rekonstruiert auf Basis einer Analyse der Kommentare deutscher Leit-Printmedien das inhaltliche Spektrum dieser Vorstellungen. Er kann zeigen, dass sich diesbezüglich eine Vielzahl unterschiedlicher Entwürfe der EU finden lässt, die u.a. auf politische und kulturelle Traditionslinien, ökonomische und weltpolitische Interessenlagen sowie auf die geografische Lage der Türkei verweisen. Zudem wird verdeutlicht, dass diese unterschiedlichen Entwürfe von Zeitungen mit unterschiedlichen weltanschaulichen Positionen in verschiedener Weise verwendet werden, und dass sie mit differierenden Bewertungen des EU-Beitritts der Türkei einhergehen.