Diese Studie befasst sich mit der Frage, welche Auswirkungen die Transformation des Staates auf das Regieren hat. Zwar kann von einer allseitigen Schwächung staatlicher Autorität oder von „Staatszerfall“ nicht die Rede sein, doch ist in vielen Fällen unklar, in welcher Form unter veränderten Bedingungen regiert werden soll. Diese Problematik wird am Fallbeispiel Belutschistan (Pakistan) auf die Bereitstellung von Sicherheit zugespitzt. Dabei kommt die Untersuchung zu drei zentralen Ergebnissen: (1) In Pakistan haben politische Krisen nicht zum Rückzug des Staates geführt, sondern zu dessen Versuch, eine ökonomisch unterentwickelte Provinz stärker administrativ zu durchdringen und ihre Inwertsetzung und ökonomische Integration zu forcieren. (2) Dieser Versuch der Krisenbewältigung ging einher mit der Umstellung von konventionellen zu zentralisierten Formen von Governance; er wurde nicht von nichtstaatlichen Akteuren, internationalen Agenturen oder der internationalen Staatengemeinschaft initiiert, sondern von der pakistanischen Regierung selbst. (3) Die Umstellung von konventioneller zu zentralisierter Governance führte nicht zur Verregelung, sondern zur gewaltförmigen Eskalation bestehender Konfliktlagen.
Taking the province of Balochistan as an example, this paper traces the causes of the transformation of statehood in Pakistan back to the 1970s and analyses its consequences for modern governance in the future. It argues that weak institutions amid rapid social change rather than “state failure” lie at the root of Pakistan’s predicament. As the case of Balochistan aptly demonstrates, the Pakistani state’s reaction to crisis has not been retreat, but reform and centralisation of rule. Since the governmentalities of rulers and ruled are incompatible, these policies have led to an escalation of crisis and conflict.