Alkohol ist in Deutschland ein gesellschaftlich anerkanntes, legales Genussmittel. Gleichzeitig ist die Alkoholabhängigkeit das größte Suchtproblem unserer Gesellschaft und kann schon aus moderatem Alkoholkonsum resultieren. Schädlicher Konsum von Alkohol hat sowohl körperliche und seelische als auch soziale Probleme zur Folge, die hohe Kosten verursachen. In Deutschland betreiben etwa fünf Prozent der Bevölkerung einen missbräuchlichen und somit schädlichen Alkoholkonsum, weitere drei Prozent sind alkoholabhängig. Eine früh auftretende Komplikation von schädlichem Alkoholkonsum, schon vor Entstehung einer Abhängigkeit, sind Verletzungen, die mit einer hohen Rezidivrate verbunden sind. Schädlicher Alkoholkonsum kann Folge eines Scheiterns von effektiven Coping-Strategien sein. Das Kohärenzgefühl (SOC) erfasst die individuelle Fähigkeit, mit effektiven Coping-Strategien auf Stressoren zu reagieren. Antonovsky selbst hat postuliert, dass bei Menschen mit geringem SOC eine erhöhte Prävalenz von Substanzgebrauch zu erwarten wäre. Dazu gibt es in der bisherigen Literatur widersprüchliche Ergebnisse. Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob Patienten einer chirurgischen Rettungsstelle, die einen schädlichen Alkoholkonsum betreiben, unabhängig von anderen Einflussfaktoren, einen niedrigeren SOC haben als Patienten, die keinen schädlichen Alkoholkonsum betreiben. Weiterhin wurde untersucht, ob es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen hinsichtlich der SOC-Werte gab und ob das Geschlecht einen Einfluss auf die Assoziation zwischen SOC und schädlichem Alkoholkonsum hatte. Die Untersuchung wurde im Rahmen der Lebensstil-Studie in der chirurgischen Rettungsstelle der Charité, Universitätsmedizin Berlin, Campus Charité Mitte durchgeführt. Sie erfolgte rund um die Uhr von März 2002 bis Januar 2003. Einschlusskriterien waren ein akutes Trauma, eine schriftliche Einverständniserklärung der Probanden, ausreichende Deutschkenntnisse und ein Alter von mindestens 18 Jahren. Patienten in körperlich oder psychisch schlechtem Zustand, bei denen eine Befragung unmöglich war, sowie Patienten, die in Polizeibegleitung in die Rettungsstelle kamen, wurden ausgeschlossen. Alle eingeschlossenen Patienten wurden mittels Fragebögen zu ihrem Substanzgebrauch, der in dieser Studie als schädlicher Alkoholkonsum , Nikotin- und Drogenkonsum definiert wurde, befragt. Schädlicher Alkoholkonsum wurde in dieser Studie anhand des Alcohol Use Disorders Identification Tests (mehr oder gleich acht Punkte bei Männern und mehr oder gleich fünf Punkte bei Frauen) definiert. Ein eventuell vorhandener Nikotin- und Drogenkonsum wurde mittels geschlossener Fragen ermittelt. Von Nikotinkonsum wurde ausgegangen, wenn die Patienten angaben, dass sie aktuell rauchten. Ein vorhandener Drogenkonsum wurde als mindestens ein- bis dreimaliger Drogenkonsum im letzten Jahr definiert. Zur Messung des SOC wurde in dieser Studie die Leipziger Kurzskala SOC-L9, eine auf neun Items gekürzte Fassung der 29 Items umfassenden Originalskala in deutscher Sprache, verwendet. Von 2066 Patienten im Untersuchungszeitraum lagen von 2000 Patienten komplett ausgefüllte Fragebögen vor. Von den untersuchten Patienten waren 62 Prozent männlich und 38 Prozent weiblich. Die Patienten waren im Median 32 Jahre (Spannweite 18 bis 89 Jahre) alt und überwiegend leicht verletzt. Die deskriptive Statistik wurde mittels des Mann-Whitney-U-, des Kruskal-Wallis- und des Chi-Quadrat-Tests berechnet. Die Assoziation des SOC als abhängige Variable mit dem Substanzgebrauch als Kovariable wurde mittels eines hierarchisch formulierten Modells mit Hilfe einer binär logistischen Regression berechnet. Die statistische Auswertung erfolgte mit Hilfe des Statistik-Programmes SPSS Version 11.5. Das Signifikanzniveau wurde bei p = 0,05 definiert. Etwas mehr als ein Fünftel der Patienten, betrieb einen schädlichen Alkoholkonsum. Die Patienten erreichten im Mittel Werte von 49 (+ 8,56) Punkten auf der SOC-Skala. Es konnte kein geschlechtsspezifischer Unterschied festgestellt werden. Patienten mit schädlichem Alkoholkonsum hatten im Mittel einen um zwei Punkte (Standardabweichung + 8,92) niedrigeren SOC-Score als Patienten ohne schädlichen Alkoholkonsum. In der binär logistischen Regression im Sinne eines hierarchisch formulierten Modells zeigte sich eine signifikante negative Assoziation zwischen gefährlichem Alkoholkonsum und dem SOC. Diese war unabhängig von Geschlecht, Alter, ISS sowie möglicherweise zusätzlich bestehendem Nikotin- und/oder Drogenkonsum. Weiterhin zeigte sich eine signifikante negative Assoziation der einzelnen SOC-Quartilen mit dem Alter, einem schädlichen Alkoholkonsum und einem eventuell bestehenden Nikotin- und Drogenkonsum. Es wurde aufgezeigt, dass eine signifikante negative Assoziation zwischen dem SOC und schädlichem Alkoholkonsum besteht. Damit fanden sich empirische Hinweise zur Unterstützung der Hypothese von Aaron Antonovsky, dass Substanzgebrauch die Folge gestörter Coping-Strategien ist.
Alcohol is a socially recognized, legal luxury food in Germany. Alcohol dependence is simultaneously the largest dependency problem of our society and can result from moderate alcohol consumption. An early arising complication of harmful alcohol consumption are injuries which are connected with a high rate of Retrauma. Harmful alcohol consumption may be partly the result of ineffective coping strategies. The sense of coherence (SOC) measures the extent to which people are able to cope with stress factors. The survey was carried out in the surgical emergency department of the Charité university hospital in Berlin, Germany. Overall, 2000 patients were screened for sense of coherence and hazardous alcohol consumption, smoking and illicit drug abuse as well as socioeconomic status. Of our participants 62% were male and the mean age was 32 years (range 18 89 years). Overall, 23% of our participants consumed alcohol in a harmful extent. There was no significant difference between genders in terms of harmful alcohol consumption. The mean SOC score was 49 (+ 8,56) points, with no difference between men and women. Lower SOC- Scores were significantly associated with harmful alcohol consumption as well as smoking and the abuse of illicit drugs. The association between SOC and alcohol consumption was independent of age, gender, ISS, smoking and illicit drug abuse. We found a significant negative association between SOC and harmful alcohol consumption. Therfore our data support Antonovsky s original concept of increased alcohol consumption as a result of ineffective coping strategies.