Die Euro-Krise ist nicht nur ein Härtetest für die europäische Integration, sondern auch für die vielbeschworene „Solidarität unter Fremden“ und für die Annahme, dass europäische Identität zu dieser Solidarität führt. Jetzt muss sich zeigen, ob Europäerinnen und Europäer – insbesondere diejenigen in den reichen Schuldnerländern – bereit sind, sich die Europäische Union (EU) und den Euro etwas kosten zu lassen und den südeuropäischen Krisenländern aus der Patsche zu helfen (allerdings nicht bedingungslos). Ich argumentiere auf der Grundlage von Meinungsumfragen und statistischen Analysen, dass Grund für vorsichtigen Optimismus besteht. Erstens hat die Identifikation mit Europa und die Unterstützung der EU während der Krise nicht wesentlich abgenommen. Zweitens sind europäische Bürgerinnen und Bürger bereit, Solidarität zu zeigen mit den Schuldenstaaten – sofern diese ihre Staatshaushalte und Bankensysteme unter Kontrolle bringen. Drittens sind Unionsbürgerinnen und –bürger zunehmend willens, sich wechselseitig als Europäer gleiche politische und soziale Rechte zuzubilligen.