Die vorliegende Arbeit fokussiert die Zusammenhänge zwischen Lernen und Negativität. Nach einer systematischen Darstellung und Ausdifferenzierung des Begriffs „Negativität“ wird die didaktische Relevanz negativer Erfahrungen ausführlich analysiert. Im ersten Kapitel geht es um die Entwicklung einer anthropologichen Perspektive auf das Lernen. Hier wird gezeigt, dass Lernen eine für den Menschen konstitutive Bedingung ist. Sodann wird ein weiter Lernbegriff entwickelt, nach dem Lernen Leben und Handeln des Menschen in der Welt bedeutet. Es folgt ein Kapitel zur näheren Bestimmung des Begriffs „Negativität“, wobei es sich um verschiedene Ansätze in der Philosophie, insbesondere Kant, Platon bzw. Sokrates, Hegel und die Phänomenologie handelt. Es wird die kognitive und die pragmatisch/praktische Perspektive auf das Subjekt einander gegenübergestellt. Der Begriff der „Negativität“ wird ausgelegt als ein Moment der Überraschung, Enttäuschung usw. in den Erfahrungen des Lernenden. Im Hauptteil der vorliegenden Arbeit werden einige Theorien zum Verhältnis von Lernen und Negativität bearbeitet, und zwar H.-G. Gadamers Theorie des hermeneutischen Verstehens, G. Buck, K. Meyer-Drawe, D. Benner und J. Dewey. Es stellt sich heraus, dass Lernen und Lehren gleicherweise auf negative Erfahrungen bezogen sind. In diesem Zusammenhang wird die Frage gestellt, ob bzw. wie die Negativität als eine relevante Größe in didaktischen Ansätzen behandelt worden ist. Auf das Kapitel über die Rezeption wichtiger Autoren der Pädagogik sowie über die Analyse einiger Lerntheorien unter dem Aspekt der „Negativität“ folgt dann ein Kapitel über einige Theorien der Didaktik, und zwar noch einmal G. Buck, W. Klafki sowie P. Heimann und die sog. Berliner Schule. Auf dem Hintergrund der vorausgegangenen Analyse wird eine Reihe von Perspektiven für die Didaktik entwickelt. Es wird herausgearbeitet, welche Bedeutung das Beispiel-Verstehen und das Lernen durch Analogien für komplexe Lernprozesse hat. Die didaktischen Ansätze von Klafki und die lerntheoretische Didaktik von Heimann werden nach ein paar oben erarbeiteten Dimensionen bewertet, um zu prüfen, ob die betreffenden Autoren für die Idee der Negativität in Anspruch genommen werden können. Was die Didkatiken von Klafki begrifft, werden das zentrale Wissen von der Bedeutung des Vorwissens des Schülers, des exemplarischen Prinzips, der Selbsttätigkeit und der Erfahrung der Negativität als wichtige Elemente der Didaktik ins Bewusstsein gerufen. Die Rolle reflexiver Erfahrung in Heimanns lerntheoretischer Didaktik wird untersucht. Dabei wird das Problem der pädagogischen Entscheidung, der Theoriebildung als Prozess und der Lebens- und Lernerfahrungen der Schüler thematisiert. Die hier angestellten Analysen verweisen darauf hin, dass diese angesprochenen didaktischen Ansätzen mit dem Konzept der „Negativität“ in verschiedenen Hinsichten übereinstimmen.
The available work focuses on the connection between learning and negativity. After a systematic representation and differentiation of the term “negativity”, it analyzes the pedagogical relevance of negative experiences in detail. The first chapter puts forward an anthropological perspective on learning. Here it shows that learning is a constitutive condition for humans. Then a broader sense of the concept of learning is brought forward: learning is the life and action of the people in the world. The following chapter provides a closer definition of the term “negativity”, referring to different philosophical theories, particularly Kant, Plato, Socrates, Hegel and phenomenology. The cognitive perspective and the practical perspective of the relevant subject confront each other. The term “negativity” is interpreted as the moment of surprise and disappointment in the learners’ experiences. The main body of the work analyzes some theories about the relationship between learning and negativity, such as H.G. Gadamers’ theory of hermeneutic understanding, G. Buck, K. Meyer Drawe, D. Benner and J. Dewey. It reveals that both learning and teaching are equally related to negative experiences. In this connection arises the question whether and how the negativity is treated as a relevant conception in some pedagogical theories. After representing some important scholars in the field of pedagogics and analyzing some learning theories from the aspect of “negativity”, the work analyzes some pedagogical theories, such as the theories of Klafki, G. Buck and Heimann. Against the background of the preceding analysis a set of perspectives for the pedagogics are developed. It shows that example-understanding and learning through analogy are important to complicated learning process. According to some dimensions brought forward above, the pedagogical theories of Klafki and the learning-theoretical pedagogics of Heimann are evaluated to examine whether these pedagogical theories are related to the idea of negativity. First, the importance of the students’ foreknowledge, the example principle, activity and the experience of negativity are analyzed as important elements of the pedagogics. The role of reflective experience in Heimanns’ learning- theoretical pedagogics is also examined. The problem of the educational decision, the theory formation as process, and the life and learning experiences of the students are brought up for discussion. Those analyses reveal a fact, that is, the pedagogical theories mentioned here are in many aspects consistent with the concept “negativity”.