Das Delir ist die häufigste akute zerebrale Dysfunktion im Verlauf einer kritischen Erkrankung. Bei bis zu 80 % der Intensivpatienten tritt ein Delir auf. Die betroffenen Patienten haben ein dreifach erhöhtes Risiko innerhalb eines halben Jahres zu versterben. Zusätzlich leiden bis zu 41 % der Betroffenen nach Entlassung aus dem Krankenhaus an persistierenden, kognitiven Störungen und dementiellen Syndromen. Aus diesen Gründen empfehlen Fachgesellschaften in nationalen und internationalen Leitlinien ein strukturiertes Delirmanagement für intensivpflichtige Patienten. Das Delirmanagement soll diagnostische, präventive und therapeutische Maßnahmen zusammenfassen, die sich in den Versorgungsalltag effektiv und effizient implementieren lassen. Die vorliegende, kumulativen Habilitationsschrift skizziert Ergebnisse aus 6 Originalarbeiten. Im ersten Teil der Arbeit werden Ergebnisse zur Validierung von Delirmessinstrumenten bei kritisch kranken Kindern zusammengefasst. Mit dem erfolgreichen Abschluss der richtlinienkonformen Übersetzung der pCAM-ICU stand erstmals ein Messinstrument speziell für die Delirdetektion bei pädiatrischen Intensivpatienten in deutscher Sprache zur Verfügung (Originalarbeit 1). Diese Arbeit lieferte die Grundvoraussetzung für die anschließend Validierungsstudie, in der die Testgüte von pCAM-ICU und anderen Delir-Scores ermittelt wurde. Ergänzend wurde untersucht, ob und inwieweit sich die Testgüte der Messverfahren bei Messwiederholungen sowie in Abhängigkeit von demographischen und klinischen Parametern verändert. Die im Rahmen der Studie entwickelte sspCAM-ICU, die im Unterschied zur pCAM-ICU die Delirdiagnose auf einer Ordinalskala vornimmt, war das einzige Verfahren, dass sich mit einer Sensitivität von 71,8 % durch eine ausreichende Robustheit gegenüber Messwiederholungen pro Patient auszeichnete. Alle untersuchten Messinstrumente zeigten signifikante Abhängigkeiten von mehreren Kovariaten. Hierzu gehörten, Alter, Geschlecht, Sedierungsgrad und Beatmungsstatus (Originalarbeit 2). Die hier gewonnen Erkenntnisse haben nicht nur Relevanz für die pädiatrische Intensivmedizin, sondern müssen auch im Delirmanagement erwachsener Intensivpatienten Berücksichtigung finden. Der zweite Teil der Habilitationsschrift beschäftigt sich mit der Implementierung von Delirdiagnostik und den Effekten auf das Behandlungsergebnis. Die Ergebnisse aus der multizentrischen Studie zeigen, dass das Bewusstsein über die Notwendigkeit eines Delirmanagements unter Intensivmedizinern zugenommen hat. Gleichzeitig weisen sie aber darauf hin, dass Anspruch und tatsächliche klinische Praxis teilweise erheblich voneinander abweichen (Originalarbeit 4). Sie dokumentieren einen Bedarf an intelligenten Strategien, die Strukturen und Abläufe in der Klinik unter Beachtung der vorhandenen Rahmenbedingungen so festlegen, dass eine ausreichende Umsetzung der Empfehlungen gewährleistet werden kann. Auch gezielte Schulungskonzepte können bei der Implementierung helfen. Beispielsweise ist die Mehrheit der Intensivmediziner und Fachpflegekräfte der Meinung, dass Patienten von einem leitliniengerechten Delirmanagement nicht profitieren. Die hier vorgestellte prospektive Observationsstudie zeigt aber, dass die Implementierung einer validen Delirdiagnostik in der Routineversorgung kritisch kranker Patienten mit einer reduzierten Mortalität assoziiert ist (Originalarbeit 3). Diese Erkenntnisse sollten auch zu Schulungszwecken genutzt werden, um die Motivation zur Durchführung neuer Monitoringverfahren zu steigern. Der Mangel wirksamer medikamentösen Behandlungsverfahren hat nichtpharmakologische Ansätze zur Prävention und Therapie von Delirien in den Vordergrund gerückt. Das an der Charité Berlin konzipierte modulare Raumkonzept für Intensivpatienten beinhaltet eine Vielzahl von baulichen Veränderungen und neuen Ausstattungsmerkmalen, die den Patienten und das Personal bei der Behandlung unterstützen sollen. In den Originalarbeiten 4 und 5 wurde untersucht, ob die akustischen und lichttechnischen Parameter sich von denen in den Standardzimmern insoweit unterscheiden, dass ein positiver Effekt auf klinische Parameter möglich erscheint. Die Auswertung ergab eine Halbierung des Lautheitsgrades sowie eine deutliche Reduktion der Schalldruckpegelspitzen in den neuen Behandlungszimmern. Mit der neu entwickelten LED-Lichtdecke sind ausreichend hohe zirkadian wirksame Bestrahlungsstärken zu erzielen ohne die Schwelle der Absolutblendung zu überschreiten. Zukünftige klinische Studien werden evaluieren müssen, ob mit Hilfe dieser nichtmedikamentösen Interventionen eine Reduktion der Inzidenz und Dauer von Delirien bei kritisch kranken Patienten möglich ist. Die vorliegende Habilitationsschrift beschreibt einen Systemansatz zur Diagnostik, nichtpharmakologischen Prävention und Therapie von Delirien. Sie stellt fest, dass die Auswahl des diagnostischen Verfahrens für jeden Patienten individualisiert erfolgen muss, wenn eine optimale Testgüte erreicht werden soll. Ferner sollten Messinstrumente nur dann in der klinischen Routine zum Einsatz kommen, wenn die Validität bei Messwiederholungen pro Patient stabil bleibt. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Delirmanagements hat zugenommen, die Umsetzung in der klinischen Routine ist aber unzureichend. Implementierungsstrategien müssen die zum Teil komplexen Inhalte für den klinischen Anwender so vereinfachen, dass die Maßnahmen effizient umzusetzen sind. Schulungen für das Personal sollten die nachgewiesenen Vorteile eines Delirmonitorings für den Heilverlauf von Patienten plausibel vermitteln. Eine signifikante Lärmreduktion sowie die Therapie mit zirkadian wirksamen Licht in der Routineversorgung von Intensivpatienten ist technisch realisierbar und sollte im Rahmen dieses Systemansatzes evaluiert und weiterentwickelt werden.
The present habilitation thesis describes a system approach for the diagnosis, non-pharmacological prevention and therapy of delirium. It notes that the selection of the diagnostic instrument must be individualized for each patient in order to achieve a valid diagnosis. Furthermore, measuring instruments should only be used in the clinical routine if the validity of repeated measurements per patient remains stable. Awareness concerning the need for a systematic management of is increasing, but implementation of these measures in daily routine lacks behind. Implementation strategies must simplify the sometimes complex content for the clinical user in such a way that the measures can be implemented efficiently. Training for the staff should plausibly convey the proven benefits of a delirium monitoring for the healing process of patients. Noise reduction as well as the light therapy with circadian effective irradiance levels in the ICU is technically feasible and should be evaluated and further developed within this systematic approach.