Das Fernsehen wird als zentrale Quelle betrachtet, aus der die Allgemeinbevölkerung ihr Wissen über psychische Störungen bezieht. Es wird angenommen, dass die Darstellungen psychisch kranker Menschen im Fernsehen die öffentliche Meinung entscheidend beeinflusst und zur Stigmatisierung von Menschen mit psychischer Störung beitragen kann. Dennoch gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Veröffentlichungen, in denen ihre Portraitierung in Kinofilmen und im Fernsehen untersucht wird. Die Ergebnisse dieser zumeist inhaltsanalytischen Untersuchungen sind weitgehend konsistent: Portraits psychisch Kranker im Fernsehen beinhalten vor allem Bilder von psychisch kranken Gewalttätern und vermitteln den Zuschauern ein äußerst negatives Bild von Menschen mit psychischer Erkrankung. Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, die Darstellungsweise psychisch kranker Menschen in den Filmen der zwei deutschen Fernsehserien Tatort und Polizeiruf 110 zu untersuchen. In diesem Kontext sollte auch geprüft werden, inwiefern das Geschlecht und die Diagnose mit der Darstellungsweise psychisch kranker Charaktere zusammenhängt. Ferner sollte gezeigt werden, ob sich die zwei Serien bezüglich ihrer Darstellungsweise psychisch kranker Personen voneinander unterscheiden. Die Stichprobe umfasste sämtliche Filme der Serien Tatort und Polizeiruf 110, die im Zeitraum von 1980 bis 1989 im Fernsehen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik ausgestrahlt wurden (270 Stunden; 190 Filme: 119 Filme von Tatort, 71 Filme von Polizeiruf 110). Mit einer quantitativ-qualitativen Inhaltsanalyse wurde die Häufigkeit von Charakteren mit psychischer Störung erfasst sowie verschiedene Aspekte ihrer Darstellungsweise. In mehr als der Hälfte aller Filme von Tatort und Polizeiruf 110 (55.8%) kamen Charaktere mit psychischer Störung vor. Insgesamt wurden 147 Personen mit psychischer Störung identifiziert. Diese wurden meist als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft dargestellt und zeigten größtenteils etwa gleich häufig positive wie negative Eigenschaften. Andererseits waren sie häufig gewalttätig, kriminell und hinterließen einen negativen Gesamteindruck. Die Ausprägung einzelner Merkmale hing deutlich mit dem Geschlecht und der Diagnose der psychisch kranken Charaktere zusammen. Von einer negativen Portraitierung waren besonders psychisch kranke Charaktere männlichen Geschlechts und mit der Diagnose Persönlichkeits- oder Verhaltensstörung betroffen. Unterschiede zwischen der Darstellungsweise psychisch kranker Personen in den Filmen von Tatort und der in den Filmen von Polizeiruf 110 ließen sich in einigen Punkten auf die verschiedenen gesellschaftlichen Bedingungen in Ost und West zurückführen. Die erhobenen Daten wurden teilweise mit epidemiologischen Daten und den Ergebnissen bisher veröffentlichter Forschungsergebnisse verglichen und diskutiert. Es wurde geschlussfolgert, dass die Filme von Tatort und Polizeiruf 110, trotz einiger positiver Aspekte der Darstellung, zur Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Störungen beitragen können. Besonders hervorgehoben wurde die Erfordernis einheitlicher Kriterien für die Analyse von Filmen und Fernsehprogrammen und die Notwendigkeit weiterer Forschung zu Stigmatisierungsprozessen sowie zu der Rolle des Fernsehens. Aufgezeigt wurde auch das Potenzial des Fernsehens, zu einem positiveren Bild psychisch kranker Menschen in der Öffentlichkeit beizutragen.
Television is considered as a central source of public knowledge and opinion on mental disorders. Depictions of mentally ill people broadcasted are assumed to have an important influence on the public opinion and can contribute to a further stigmatization of mentally disordered people. However, there is only a limited number of published researches examining the portrayals of mentally ill people in films and television. Their main findings are widely consistent and can be summarized as follows: Television’s depiction of mentally ill people implies the image of violence. The media does convey a very negative image of people with mental disorders. This thesis aims at closing the gap in scientific knowledge on the stigmatization of mentally disordered people by the media by examining the depiction of mentally ill people in the course of two German TV shows Tatort and Polizeiruf 110. It is supposed to verify to what extent the depiction is related to the mentally ill person’s sex and diagnose. Furthermore, it was meant to illustrate whether there is an evident difference between the two telecasts in the depiction of mentally ill people. The sample included all episodes from Tatort and Polizeiruf 110, which were broadcasted on television in the Federal Republic of Germany and the German Democratic Republic between 1980 and 1989 (270 hours, 190 movies: 119 movies of Tatort; 71 movies of Polizeiruf 110). The form of content analyze was used in order to identify the frequency of characters with a mental disorder and different aspects of their portrayal. More than half of the movies (about 55.8%) contained characters with mental disorders. 147 characters in total were identified having a mental disorder. Mainly they were depicted as full members of the society. Often positive and negative attributes of their personality were quite even. Nonetheless, these characters were often shown as violent, criminal- leaving to an overall negative impression of the mentally challenged person depicted. The expression of single variables was clearly associated with the character’s sex and diagnose. Especially male characters and characters with personality disorders were strongly associated with a negative portrayal. Differences in the manner of depiction between mentally ill characters of Tatort and those of Polizeiruf 110 can be attributed different social conditions in East and West (Germany). The results of this survey were to some extent compared to the findings from epidemiological studies and to recent published research. Concluding it can be stated, that the examined movies, even though also showing positive attributes, could contribute to the stigma of mental disorders. It was stated that universal criteria are essential for analyzing movies or television program in the discourse of further research on the stigmatization process as well as about the role of the media in general. Moreover it could be shown what kind of impact television can have on the public’s positive perception of mentally ill people.