Neben der Entwicklung der urologischen Chirurgie ist es auch durch den Ausbau urologischer Diagnostik und Therapie ab dem 19. Jahrhundert zu einer Verselbstständigung der Urologie in Berlin gekommen. Es existierten in Berlin im 19. Jahrhundert zwar niedergelassene Ärzte für Harn- und Blasenkrankheiten, stationäre urologische Abteilungen gab es zu jedoch nicht. Diese niedergelassenen Ärzte waren vor allen Dingen auf dem Gebiet der chirurgischen Therapien urologischer Krankheitsbilder auf allgemeinchirurgische Abteilungen angewiesen. Als Teilgebiet der Urologie war die Nierenchirurgie als erste an einigen Häusern schwerpunktmäßig etabliert. Diese waren das Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde mit James Israel und das Augusta-Hospital mit Ernst Küster. Die Nierenchirurgie blieb bis zum Ersten Weltkrieg fester Bestandteil der Chirurgie, so dass diese Spezialisierung in Berlin zunächst keinen Einfluss auf die Entwicklung der Urologie an diesen Häusern hatte. Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden zunächst poliklinische Einrichtungen mit urologischem Schwerpunkt an der Chirurgischen Universitätsklinik und der Charité gegründet. An manchen Häusern wurden niedergelassene Urologen konsiliarisch verpflichtet und konnten zunehmend auch stationäre Behandlungen durchführen. Beispiele hierfür sind das St.Hedwig-Krankenhaus und das Franziskuskrankenhaus. Dies kann für Berlin als erster Schritt einer Abgrenzung der Urologie von der Chirurgie gedeutet werden. Dies war ein notwendiger Schritt, zumal bereits eine deutliche Trennung im ambulanten Bereich vorlag, und auch die wissenschaftliche Abgrenzung durch die Etablierung von Fachzeitschriften und Fachgesellschaften ersichtlich war. Durch den Ausbau der transurethralen Diagnostik und Therapie war eine Behandlung durch den allgemein tätigen Chirurgen schwieriger durchzuführen. Erst nach dem Ersten Weltkrieg treffen wir in Berlin auf eigenständige urologische Abteilungen, die für eine vollständige Ablösung von der Chirurgie Bedingung waren. Dies waren als erste die Abteilungen am Versorgungskrankenhaus I (jetzt Bundeswehrkrankenhaus) unter Max Zondek (1921), am St.Hedwig-Krankenhaus unter Alexander von Lichtenberg (1924) und dem Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhaus im jetzigen Bezirk Lichtenberg unter der Leitung von Joachim-Joseph Stutzin (1927). Dieser Trend setzte sich zunächst fort, obwohl weiterhin viele der Patienten mit alleinigen urologischen Krankheitsbildern an den allgemeinchirurgischen Abteilungen der Berliner Krankenhäuser behandelt wurden und diese Behandlung auch fester Bestandteil der chirurgischen Ausbildung und Forschung blieb. Die späte Gründung eines Lehrstuhls für Urologie liegt auch hierin begründet und ist im Text ausführlich dargestellt. Im internationalen Vergleich zu Ländern mit ähnlichem medizinischen Standard fällt auf, dass sich in anderen Ländern eine selbstständige Urologie auch an den stationären Versorgungszentren wesentlich früher etablieren konnte. Im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg war die Aufrechterhaltung der Abteilungen nur bedingt möglich. Der Exodus jüdischer Urologen und der Wegzug vieler Spezialisten nach Westdeutschland verursachten in Berlin einen spürbaren Mangel, der an vielen Kliniken eine Wiedereingliederung in die Chirurgie notwendig machte. Dies war nur kurze Zeit notwendig. Es konnten in West-Berlin schneller Fachabteilungen wiedereröffnet werden, am Krankenhaus Neukölln und am Krankenhaus Jungfernheide bereits 1946. In Ost-Berlin war, neben der einzigen weiterbestehenden urologischen Abteilung am St. Hedwig-Krankenhaus, am Krankenhaus Friedrichshain seit 1945 eine Urologie vorhanden, wobei hier der Mangel an Fachkräften durch die Flucht vieler Urologen und Fachschwestern und Pfleger länger evident blieb. Mit dem Ende der fünfziger Jahre war in beiden Teilen Berlins die stationäre Versorgung an urologische Fachabteilungen weitergehend sichergestellt.
The development of urologic surgery, as well as the new diagnostic and therapeutic strategies led to a growing independence of urology as a specialty in the nineteenth century in Berlin. Although there where practicing physicians for urinary and bladder diseases, urologic departments where not yet established. For surgical therapy urologic patients had to be admitted to general surgery departments. First of all some departments specialized in kidney surgery, such as the Hospital of the Jewish Community under James Israel as chief physician or the Augusta-Hospital with Ernst Küster. This did not support the development of urologic departments at these hospitals. As a first step towards autonomy, after the formation of urologic associations and journals, at the beginning of the twentieth century some hospitals formed a urologic policlinic or hired specialized attending physicians. Examples are the University Hospitals, the Franziskus Hospital and the St.Hedwig Hospital. This was a growing necessity after the rapid growth of transurethral diagnostics and therapy. After World War I independent urologic departments were established at the Versorgungskrankenhaus I under Max Zondek (1921), at the St. Hedwig Hospital under Alexander von Lichtenberg (1924) and at the Kaiserin-Auguste-Viktoria-Hospital with Joachim-Joseph Stutzin (1927) as head of the department. The important surgical centres in Berlin were still reluctant concerning the urologic autonomy. This explains why a professorship was not installed before 1937. This development is shown for Berlin as a sample but can be applied to all of Germany at the time. After World War II some of the autonomy was taken back, due to the lack of specialists, a lot of whom had a Jewish background and were killed or exiled during the Hitler regime. Some of the remaining fled to the western occupied zones. In West- Berlin and later in East-Berlin new urologic departments were founded, so that from the 1950s on the urologic medical care was secured in both parts of Berlin.