Ungeachtet der Fortschritte seit Mitte der 1990er-Jahre besteht für das kolorektale Karzinom insbesondere in metastasierten Stadien weiterhin ein erheblicher Bedarf zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Therapiemöglichkeiten. Da 5-Fluorouracil sowohl beim Kolon- wie beim Rektumkarzinom unverändert eine zentrale Säule der Chemotherapie ist, liegt in der Verbesserung von Wirksamkeit und Verträglichkeit dieses Medikaments ein Potential zur Therapieoptimierung. Der hier verfolgte Ansatz dazu ist die gezielte Aktivierung einer ungiftigen Prodrug im Tumorgewebe durch ein bifunktionales Proteinkonstrukt, das die Bindungseigenschaften eines tumorspezifischen monoklonalen Antikörpers mit der katalytischen Aktivität eines geeigneten Enzyms verbindet. Für dieses als Antikörper-gesteuerte Enzym- Prodrug Therapie (ADEPT) bezeichnete Konzept wurden hier das intestinale gpA33-Antigen und der dafür namengebende A33-Antikörper als Targeting-System ausgewählt. Nach ermutigenden proof-of-principle-Untersuchungen mit einer Methotrexat-Prodrug, die durch ein chemisches Konjugat des kompletten IgG- Antikörpers mit Carboxypeptidase aktiviert wurde, folgte die Entwicklung rekombinanter Fusionsproteine eines Einzelkettenfragments des Antikörpers A33 mit Cytosindeaminase-Isoenzymen aus E. coli oder S. cerevisiae, die die Umsetzung des für Säuger ungiftigen Antimykotikums 5-Fluorocytosin in das Zytostatikum 5-Fluorouracil katalysieren. Das als Adhäsionsmolekül aus der Immunglobulin-Superfamilie klassifizierte gpA33 wird in gesundem gastrointestinalem Gewebe und in mehr als 95 % der kolorektalen Karzinome exprimiert. Als Besonderheit zeigt es eine zeitabhängige Spezifität für Tumorgewebe in der Weise, dass der A33-Antikörper initial im gesamten Darmtrakt, nach ca. zwei Wochen jedoch nur noch in primären und metastatischen Tumorläsionen nachweisbar ist. Die Grundlage dieses Verhaltens ist ebenso wie die genaue Funktion des Moleküls noch nicht eindeutig geklärt, gezeigt und hier bestätigt wur-de jedoch, dass gpA33 zumindest in der Zelllinie LIM 1215 nach Bindung des A33-Antikörpers oder eines fluoreszierenden A33scFv- Fusionskonstrukts in Mikrovesikeln internalisiert und später wieder an der Oberfläche reexponiert wird. In eigenen Untersuchungen konnte außerdem gezeigt werden, dass die Oberflächenexpression des gpA33 zwar in reproduzierbarer Weise mit dem Konfluenzgrad der Zellkultur und mit der Zellzyklusphase, in der ein medikamentöser Zyklusstopp erzeugt wurde, korreliert, nicht aber mit der zu denselben Zeitpunkten gemessenen gpA33-mRNA. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Regulation der Oberflächenexpression von gpA33 weniger durch die Kontrolle der Gentranskription als durch den intrazellulären Umsatz des internalisierten Antigens erfolgt. Diese Interpretation ist mit einer bereits früher an Mäusen postulierten Signalfunktion des gpA33 in der Embryonalentwicklung, die möglicherweise in maligne transformierten Zellen reaktiviert ist, ebenso vereinbar wie mit einer adulten Funktion in der Präsentation im Darmlumen aufgenommener Antigene gegenüber abluminalen Zellen des Immunsystems. Ein wesentlicher Einwand gegen ADEPT ist die Immunogenität der in den meisten Fällen nicht-humanen Enzymkomponenten. Für Enzyme stellt die Konjugation mit Polyethylenglykol jedoch einen erprobten Weg zur immunologischen „Maskierung“ dar. Unklar war, ob dieses Verfahren sich auch für Antikörper mit ihrer größeren Kontaktfläche zum Liganden eignet, ohne das Eindringen in Tumorgewebe durch verschlechterte Diffusionsbedingungen übermäßig zu beeinträchtigen. In einer Untersuchung am kompletten humanisierten A33-Antikörper konnte hier gezeigt werden, dass mit einer zeitlichen Verzögerung dieselbe spezifische Anreicherung in Tumorgewebe durch das PEGylierte wie durch das native Protein erreicht, die Immunogenität in immunkompe-tenten Mäusen jedoch soweit herabgesetzt wurde, dass eine wiederholte Gabe möglich ist. Aus theoretischen Überlegungen heraus wurde für die Entwicklung rekombinanter Fusionspro-teine für ADEPT die Verwendung von Einzelkettenfragmenten des Antikörpers (scFv) und eines C-terminal über eine Linkersequenz angeschlossenen Enzyms für die sinnvollste Struktur gehalten. Hierfür wurden das in phage-display-Technologie von C. Rader entwickelte A33scFv und zunächst die bakterielle Cytosindeaminase eingesetzt. Nach der Überwindung umfangreicher technischer Schwierigkeiten, deren Ursache wahrscheinlich in immanenten Problem der heterologen Proteinarchitektur zu suchen ist, gelang eine Herstellung des projektierten Fusionsproteins in ausreichender Menge für den Nachweis der bifunktionalen Aktivität in vitro. Für In-vivo-Versuche war die mit diesem Konstrukt erzielbare Ausbeute jedoch zu gering. Es folgte deshalb parallel die Entwicklung eines analog aufgebauten A33scFv::GFP-Fusionsproteins zur Expression in der Hefe P. pastoris. Hierdurch wurden bereits deutlich verbesserte, aber immer noch zu geringe Produktionsmengen für Tierversuche erreicht. Dieses Verfahren konnte im weiteren jedoch auf die Expression eines modifizierten Fusionsproteins mit der aufgrund ihrer dimeren Funktionsstruktur gegenüber der notwendigen Hexamerisierung des bakteriellen Isoenzyms mittlerweile bevorzugten Cytosindeaminase aus S. cerevisiae angewandt werden. Die Herstellung dieses als A33scFv::CDy bezeichneten Konstrukts durchlief umfangreiche Arbeiten zu ihrer Opti-mierung, bis schließlich ein reproduzierbar einsetzbares und auch auf andere analog aufgebaute Fusionsproteine übertragbares Herstellungsverfahren im Bioreaktor etabliert werden konnte. Das auf diese Weise hergestellte Fusionsprotein mit hoher Affinität für gpA33 und hoher katalytischer Aktivität zeigte in vivo für das therapeutische Ziel verwertbare pharmakokinetische Eigenschaften, so dass die Durchführung von Tierversuchen zur Anwendung des ADEPT möglich wurde. Hier zeigte sich ein statistisch signifikanter inhibierender Effekt auf das Wachstum von humanen Tumor- Xenotransplantaten in immundefizienten Mäusen. Diese Untersuchungen beweisen die Durchführbarkeit von ADEPT mit dem gpA33 als Zielantigen und mit einem Enzym-Prodrug-System, das ein für das kolorektale Karzinom relevantes Zytostatikum spezifisch im Tumorgewebe freisetzt. Ungeachtet der fortbestehenden Schwierigkeiten in der therapeutischen Realisierung dieses Konzepts stellen Pretargeting-Strategien wie ADEPT in den Augen des Autors einen wesentlichen künftigen Entwicklungsweg für antikörperbasierte Therapien maligner Erkrankungen dar.
Despite the progress made since the 1990s, there is a substantial need for improving the therapy of colorectal carcinoma especially in its metastasized stage. As 5-fluorouracil remains a central pillar of chemotherapy both in colon and in rectal carcinoma, the improvement of efficacy and tolerability of this drug holds potential for optimizing therapy. The approach followed here is the activation of an essentially non-toxic prodrug in tumor tissue by a bifunctional protein construct that combines the binding properties of a tumor-specific antibody with the catalytic activity of a suitable enzyme. For this concept, termed antibody-directed enzyme-prodrug therapy (ADEPT), here the intestinal gpA33 antigen and the namesake cognate A33 antibody were chosen as the targeting system. After encouraging proof of principle investigations with a methotrexate prodrug to be activated by a chemical conjugate of the complete antibody and carboxypeptidase A, the development of recombinant fusion proteins of a single chain fragment of the A33 antibody with cytosin deaminase isoenzymes from either E. coli oder S. cerevisiae, which convert the in mammals non-toxic antifungal agent 5-fluorocytosine into the cytostatic drug 5-fluorouracil was pursued. The gpA33 protein, which has been classified as an adhesion molecule and novel member of the immunoglobulin superfamily, is expressed in healthy gastrointestinal tissue and in more than 95 % of colorectal carcinomas. As a particularity, it shows a time-dependent specificity for tumor tissue in that it binds initially to the complete gastrointestinal tract, after about two weeks, however, it is only detectable in primary and metastatic carcinoma lesions. The basis for this behaviour as well as the exact biological function of this molecule is not yet fully understood. It has been demonstrated and confirmed here, however, that at least in the cell line LIM 1215 gpA33, after binding of A33 antibody or a fluorescent A33scFv fusion construct, is internalized in microvesicles and resurfaces later. In our studies it could also be demonstrated that the surface expression of gpA33 correlates reproducibly with cell culture confluence and with the cell cycle phase at which a cycle stop was imposed, but not with gpA33 mRNA levels measured at the same time points. These results suggest that gpA33 surface expression is regulated less by control of gene transcription than by intracellular turnover of the internalized antigen. This interpretation is compatible with a signal function of gpA33 in emryonal development as postulated earlier in mice, which may possibly be reactivated in malignantly transformed cells as well as with an adult function in the presentation of antigens the immune presentation of antigens taken up from the intestinal lumen to abluminal cells of the immune system. A major caveat against ADEPT is the immunogenicity of the - mostly non-human - protein components. For enzymes, polyethylen glycol conjugation is a tested way of immunologic "masking". It was unknown whether this method was also suitable for antibodies with their larger ligand contact surface without excessively hindering their penetration into tumor tissue by reduced diffusion characteristics. In an investigation of complete humanized A33 antibody, it could be demonstrated here that with a temporal delay the same specific tumor enrichment as compared to native protein was achieved with the PEGylated version, while immunogenicity in immunocompetent mice was reduced to a level allowing repeated application. From theoretical considerations, the development of recombinant fusion proteins for ADEPT based on single chain antibody fragments (scFv) and an enzyme attached C-terminally via a linker sequence was regarded as the most suitable structure. To this avail, we used the A33scFv developed by C. Rader in phage display technology and - initially - bacterial cytosine deaminase. After surmounting numerous technical obstacles probably caused by inherent problems of this heterologous protein architecture, the projected fusion protein was produced in sufficient quantity to demonstrate its bifunctional activity in vitro. However, the protein yield of this construct did not allow in vivo experiments. Therefore, in parallel an analogously designed A33scFv::GFP fusion construct was devised for expression in the yeast P. pastoris. This alone led to a vastly improved, but still insufficient for animal experiments, expression yield. This process, however, could be employed for the expression of a modified fusion protein with cytosine deaminase from S. cerevisiae, which was meanwhile preferred for its dimeric as opposed to the bacterial isoenzyme's hexameric functional structure. The production of this construct, termed A33scFv::CDy, underwent extensive work for its optimization until a production procedure in a biorector was established that was reproducible and transferable to other analogously designed fusion proteins. The fusion protein produced in this fashion with high affinity for gpA33 and high catalytic activity demonstrated desirable pharmacokinetic characteristics suitable for the proposed therapeutic aim, so that animal experiments of its application in ADEPT became possible. Here, a statistically significant inhibitory effect on the growth of human tumor xenotransplants in immunodeficient mice could be shown. These investigations demonstrate the feasibility of ADEPT with gpA33 as target antigen and an enzyme-prodrug-system that releases a cytostatic agent relevant for colorectal carcinoma specifically in tumor tissue. Regardless of the persisting difficulties in the therapeutic realization of this concept, this author regards pretargeting-strategies such as ADEPT as a substantial avenue for future development of antibody-based therapies for malignant disease.