Das sekretorische Immunsystem mit seinem Haupteffektor, dem sekretorischen IgA (s-IgA), stellt im Sinne einer first line of defense einen der effektivsten Schutzfaktoren gegen Pathogene in der Mundhöhle dar. Mit dem Ziel, die Auswirkungen oraler Bakterien zu hemmen, widmeten sich diverse Studien am Tier und am Menschen der Stimulierung sekretorischer Antikörper im Speichel. Trotz unterschiedlicher Ergebnisse konnte auf die generelle Stimulierbarkeit des sekretorischen Immunsystems geschlossen werden. All diesen Stimulationsversuchen liegt jedoch eine externe ("künstliche") Zufuhr der Antigene zugrunde. In Studien um experiementelle Gingivitis konnte eine Erhöhung des s-IgA im Speichel allein durch die Zunahme der "natürlich" vorhandenen Plaquemenge beobachtet werden. Ausgehend von diesen Ergebnissen wurde in der vorliegenden Studie bewusst auf eine externe Zufuhr der Antigene verzichtet. Als antigener ("natürlicher") Stimulus auf das sekretorische Immunsystem fand in vorliegender Studie die kontinuierlich anwachsende Plaque der Mundhöhle während der Entstehung einer Gingivitis Verwendung: 14 männliche, gesunde und nichtrauchende Probanden enthielten sich während 12 Tagen jeglicher Mundhygienemaßnahmen. An den Tagen 2, 0, 3, 6 und 12 wurden ein Plaque-und Papillen-Blutungs-Index (Plaque-Index nach QUIGLEY & HEIN/PBI nach MÜHLEMANN und SON) erhoben. Weiterhin fand an diesen Tagen das Sammeln von unstimuliertem und stimuliertem Speichel aus der Parotis und der Submandibularis/lingualis statt. Der drüsenspezifische Speichel lässt eine wesentlich genauere Aussage über die Potenz der großen Speicheldrüsen hinsichtlich ihrer Möglichkeit, sIgA bereitzustellen, zu. Für die Gewinnung des drüsenspezifischen Speichels stand eine speziell für diesen Zweck entwickelte Apparatur zu Verfügung. Neben der Bestimmung der Speichelmenge dienten die gewonnenen Speichelproben sowohl der Evaluierung der Gesamtmenge an s-IgA als auch der Bestimmung der spezifischen sekretorischen Antikörper gegen die Keime Porphyromonas gingivalis, Treponema denticola, Actinobacillus actinomycetemcomitans und Candida albicans. Für diesen Zweck wurde eine spezielle Form des ELISA entwickelt, die hauptsächlich mit kommerziellen Reagenzien durchführbar ist und Konzentrationen bis in den ng-Bereich nachweisen kann. Durch die Unterlassung jeglicher Mundhygiene konnte im Verlauf der Versuchsreihe die quantitative Zunahme der intraoralen Bakterienmenge mit Hilfe des Plaque-Index (QH) nachgewiesen werden. Infolgedessen entwickelten alle Probanden eine mit dem Papillen-Blutungs-Index (PBI) quantifizierbare Gingivitis. Als Reaktion auf die Veränderung der Antigenmenge konnten im Hinblick auf die Speichelmenge und das s-IgA im Speichel folgende Beobachtungen gemacht werden: * Sowohl bei der Parotis als auch bei der Submandibularis/-lingualis stieg die Speichelmenge vom Beginn bis zum Abschluss der Versuchsreihe signifikant an; * bei den Werten der Sekretionsrate im stimulierten Parotisspeichel konnte 6 und 12 Tage nach Aussetzen der Mundhygiene ein signifikanter Anstieg der sekretorischen Antikörper festgestellt werden; * bei den spezifischen Antikörpern gegen die Keime Porphyromonas gingivalis und Treponema denticola fanden sich erhöhte Werte im stimulierten Parotisspeichel zwei und vier Tage nach Beendigung der Mundhygiene. Zu Beginn der Versuchsreihe wurde keine professionelle Zahnreinigung durchgeführt, sondern auf einheitlich niedrige Werte der Mundhygieneindizes geachtet. Der "Aktivitätszustand" des sekretorischen Immunsystems der Probanden war also zu Beginn der Studie "vergleichbar" und die Ergebnisse dieser Studie lassen somit auf einen möglichen positiven Zusammenhang zwischen dem Zustand der Mundhygiene und dem Gehalt sekretorischer Antikörper im Speichel schließen.
Salivary secretory IgA (s-IgA) is considered to act as important first-line- of-defence mechanism within the oral cavity. In dental medicine, animal and human studies have been performed to evaluate the effects of secretory IgA s stimulation against pathogenic bacterias in the oral cavity. Although the results showed variations, a general possibility of stimulation of the secretory immunsystem could be proved. The aim of this study was to investigate the pure glandular levels of salivary IgA in parotid and submandibular/sublingual saliva during plaque accumulation leading to experimental gingivitis: * Starting from regular oral hygiene, 14 healthy, non smoking male subjects refrained from all oral hygiene measures for 12 days. On day 2, 0, 3, 6 and 12, a plaque index, a bleeding index as well as unstimulated and stimulated saliva from the parotid and the submandibular/sublingual glands were obtained. The samples of saliva were measured for the amount of total IgA and for the amount of the specific antibodies against the species Treponema denticola, Porphyromonas gingivalis, Actinobacillus actinomycetemcomitans and Candida albicans. For laboratory use an ELISA was developped, using mainly commercially available reagents. All subjects developed gingivitis as measured by a bleeding index. Regarding the secretion rate (µg/min), a statistically significant increase of IgA could be detected in stimulated parotid saliva, but not for submandibular/sublingual saliva after 6 and 12 days without oral hygiene compared to baseline. Further a significant change (increase) could be observed for the concentration of the specific IgA against the species Treponema denticola and Porphyromonas gingivalis 2 and 4 days without oral hygiene. The present study proves a positive correlation between oral hygiene and the amount of secretory IgA in saliva.